Das Putzen macht einen Großteil der Arbeit der Schausteller und Reisegastronomen aus. Unter den ganzen Bestimmungen, die zu beachten sind, ist auch manches Ärgernis dabei.
Die Schausteller auf dem Kronacher Freischießen hatten sich einmal etwas ganz Neues ausgedacht. Medienvertretern und einigen weiteren Personen gewährten sie bei einem Rundgang einen Blick hinter die Kulissen und informierten über Themen, die für sie derzeit von existenzieller Bedeutung sind.
"Der Süddeutsche Schaustellerverband ist der größte derartige Zusammenschluss in ganz Deutschland", berichtete dessen Vorsitzender Lorenz Kalb. Neben ihm sind mit Schatzmeister Karl-Heinz Hartnagl, der Fachberater für Süßwarengeschäfte Lorenz Müller und Schriftführer Denis Steinbauer mehrere Funktionsträger auch "Beschicker" auf dem Kronacher Freischießen.
Hohe Hygienestandards "Es gibt nirgendwo einen derart hohen Hygienestandard wie auf einem Volksfest", zeigte Kalb auf. Jeder benutzte Schlauch habe zwei Zertifikate.
Die Fahrgeschäfte hätten einen enormen Sicherheitsstandard.
Die Brüder Andreas, Ludwig und Lorenz Müller erläuterten die Entwicklung und Besonderheiten ihres Geschäfts. Die heutigen beiden Wagen wurden im Jahr 1999 für zusammen 850 000 Mark angeschafft. Die letzten Wagen hielten 40 Jahre. Natürlich müsse auch immer wieder dazwischen vor allem in Geräte investiert werden, etwa in neue Kühlschränke und Eismaschinen.
Nach einem Platzwechsel ist der Aufbau die geringste Arbeit. Vor jeder Eröffnung muss alles zwei Tage lang intensiv gereinigt werden. Während des Betriebs putzen täglich vier Leute vier Stunden.
Krabben, Filet und Aal "Wir sind ein traditionelles Gewerbe", unterstrich Karl-Heinz Hartnagel (Fischhaus und Brezeln), der in fünfter Generation unterwegs ist.
Seit 2002 ist er mit dem Brezelnhaus und seit 2010 mit dem Fischhaus in Kronach. "Wir versuchen das normale Fischlaibla etwas anders zu verkaufen", erklärte er seine Philosophie. Dazu gebe es Nordseekrabben, Forellenfilet und sogar Aal. "In Kronach finden vor allem die frittierten Fischartikel großen Zuspruch", hat er festgestellt.
Kein Gewerbe werde besser überwacht als die Reisegastronomie, sagte Karl-Heinz Hartnagel auf. Niemand werde über die Winterpause hinweg Lebensmittel aufheben. Mindestens einmal gebe es während jeder Veranstaltung eine Kontrolle. Er selbst werde während einer Saison 30 bis 35 Mal kontrolliert. Bei der Reisegastronomie werde immer alles intensiv gereinigt, vor allem bei jedem Aufbau auf neuem Platz. Hartnagel: "Ein Kunde würde sehen, wenn es hier schmutzig ist. Wir sind daher ein großes Vorbild für das gesamte Gaststättengewerbe."
Nicht nur die Lebensmittelkontrolleure kommen.
Hartnagels Betrieb wird jährlich rund hundert Mal von verschiedensten Prüfern kontrolliert. Dies beginne bei den Feuerlöschern über die Reisegewerbekarte bis zu Kontrollen der Saisonarbeitskräfte. "Wenn zu mir ein Kontrolleur kommt, ist das, wie wenn der Postbote zu Ihnen kommt und ein Paket abgibt."
Frust wegen der Gebühr für die Erlaubnis zum Alkoholausschank Reisende Gastronomen müssen auf jedem Festplatz eine Gebühr für die Erlaubnis zum Alkoholausschank bezahlen - in Kronach waren es 20 Euro. "Ich weiß nicht warum", kritisierte dies der Vorsitzende des Schaustellerverbands, Lorenz Kalb. Der Betrag werde erhoben, obwohl auf seiner Reisegewerbekarte stehe, dass er berechtigt ist, unterwegs Bier und Alkohol auszuschenken.
Früher hätten die Kommunen noch einige Kontrollen durchgeführt, heute nicht mehr - nur die Gebühr sei geblieben.
Die letzte Große Koalition habe beschlossen, dass dies ungerecht sei. Nur das Land Bayern widersetze sich dem und verlange weiterhin die Gebühr. Die Kommunen könnten die Gebühr wahllos festlegen. "Das ist gnadenlos ungerecht", ärgerte sich Lorenz Kalb. Auf jedem Platz werde der FI-Schalter für die Stromversorgung geprüft - natürlich gegen Gebühr. Trotz dieser enormen Kosten versuchten die Schausteller, auf den Volksfestplätzen bei den Preisen noch volkstümlich zu bleiben.
Kalb schilderte auch den Stress bei jeder Weiterreise. Mancher könne schon Tage vor dem Umzug nicht mehr essen.
Er selbst fahre nach gelungenem Umzug nach Kronach immer zur "Leni" nach Gehülz hinauf und genieße ein Weizenbier.
Leiserer Motor kostete 70 000 Euro - und nun fehlt manchen Fahrgästen das typische Fahrgeräusch Erhebliche Kosten mussten zu Erneuerungen am "Break Dance" aufgebracht werden - zuletzt 300 000 Euro, berichtete Michelle Wolf. Allein der Umbau für einen deutlich leiseren Motor habe 70 000 Euro gekostet - und so manchem Fahrgast fehle nun das typische Fahrgeräusch.
Die neuen Fahrgeschäfte sollen nach einer neuen Norm der EU gebaut werden, erklärte Lorenz Kalb. Da werde ein anderer Stahl besorgt, auch anders berechnet. "In ganz Europa haben die bestehenden Geschäfte Bestandsschutz - außer in Deutschland." Und das obwohl hier der sicherste Standard der Welt gelte. Nach der neuen Norm würden erhebliche Veränderungen fällig.
Der TÜV, dem diese unglaubliche Auftragslage natürlich gefalle, sei gar nicht in der Lage, aufzuklären, was nötig sei, um der Norm zu entsprechen. Kalb: "Im Moment haben wir große Angst, einen Teil der Fahrgeschäftsbranche deshalb zu verlieren."
Wo die Bananen gerade gebogen werden Vor drei Jahren übernahm Julia Müller die "Hawaii-Früchte" ihres Onkels Udo Schnell. Qualität und Frische sind hier oberstes Gebot. Zudem wird alles sofort gekühlt. Dabei wies Julia Müller auf etwas hin, das keinem bewusst war: Für die Früchtespieße werden die Bananen gerade gebogen! Das kann keine Maschine, gelingt nur in sorgfältiger Handarbeit. "Mit ganz viel Liebe und Fingerspitzengefühl", sagte Julia Müller.
Ob sie selbst von ihren Schokofrüchten nascht? "Natürlich, ich muss ja wissen, was ich verkaufe."
Nun ging es zu Julia Müllers Mutter Jacqueline Müller, zum Eispalast am hinteren Eingang. Hier wurden bereits fünf junge Leute als Speiseeishersteller ausgebildet. Künftig werde dies schwieriger, weil die schulische Ausbildung in Berlin erfolge und der fränkische Nachwuchs dorthin fliegen müsste. Früher absolvierten die Auszubildenden den Blockunterricht in Straubing.
Die Geschichte vom wilden Affen Seit 1952 ist Wolf Clauss (heute mit dem "Playball") auf dem Freischießen, zunächst war er mit seinen Eltern mit deren Vorkriegskarussell "Spinne" in Kronach. "Wellenflieger", "Ikarus", "Jumping", "Seesturmbahn", "Fliegender Teppich" und "Bayernkurve" heißen seine Fahrgeschäfte außer dem Autoscooter. Er hat so manche Anekdote parat. So erinnert er sich gerne daran, als einmal bei einer benachbarten Tierschau ein Affe einen Tag lang ausgebüxt blieb und zum allgemeinen Spektakel in den Bäumen herumturnte.
Auch bei Hans Kellers Creperie und Dölles alter Scheune wurde noch intensiv diskutiert.