Ein schweres Unwetter sorgte vor 60 Jahren im Landkreis Kronach für Angst und Schrecken. Viele Gebäude wurden beschädigt, riesige Waldflächen verwüstet
Immer wieder sorgen gewaltige Unwetter im Frankenwald für eine ungeheure Zerstörungskraft, mit der Folge, dass tausende Fichten entwurzelt wurden. Doch das Jahrhundertunwetter am 1. August 1958 stellte alles Bisherige in den Schatten. Nicht nur, dass riesige Waldflächen verwüstet wurden, sondern vor allem die Gebäudeschäden waren beträchtlich. Selbst die Stromversorgung und der Fernsprechverkehr wurden in Mitleidenschaft gezogen.
Entfesselte Elemente
Als sich am Freitag, 1. August 1958, zwischen 21 und 22 Uhr der Himmel bedrohlich verdunkelte, war unverkennbar, dass ein Unwetter aufkommen würde. So mancher mochte sich nach der hochsommerlichen Tageshitze eine "Erfrischung von oben" erhofft haben. Doch was sich da in relativ kurzer Zeit ereignete, das war eine Entfesselung der Elemente. Unablässig zuckten grelle Blitze auf und ein Sturm hob an, wie man ihn seit Jahrzehnten hierzulande nicht mehr erlebt hatte. Eine knappe halbe Stunde genügte, um weite Teile vor allem des nördlichen Kreisgebietes zu verwüsten.
Innerhalb weniger Minuten glich die Landschaft rund um den Rennsteig einem Schlachtfeld. So mancher glaubte an das Ende der Welt, so ein Augenzeuge. Quadratkilometerweise war der Wald beiderseits der Rennsteigstraße verwüstet. Als hätten Titanen ihre Wut ausgelassen, so lagen Bäume kreuz und quer, über- und durcheinander. Die vom Rennsteig abzweigenden Straßen in Richtung Windheim und Kehlbach waren durch geborstene Bäume ebenfalls total versperrt.
In der Nacht noch rückten die Männer vom staatlichen Forst, Grenz-, Zoll- und Landpolizei, die Feuerwehren sowie freiwillige Helfer aus, um die wichtigsten Verkehrswege freizumachen. So konnten vor allem die Culemeyerfahrzeuge (Tieflader zum Transport von Eisenbahnwaggons auf der Straße, d Red.) ihren Weg wieder zum Tettaugrund nehmen.
35-m-Schornstein stürzt um
Die bekannte "Rennsteigklause" in Kleintettau ist durch den Sturm ihres Daches beraubt worden. Ebenso wurde in der Glashütte Christian Hammerschmidt in Kleintettau ein 35 Meter hoher Schornstein umgelegt. Und in Windheim war der Aufbau eines Wohnhauses mit einem Dachstuhl versehen worden. Man feierte Richtfest, als der Sturm einsetzte. Das ganze Dach wurde eingeworfen.
Nur noch Brennholz
Die Schneise der Vernichtung zog sich bis an die östliche Landkreisgrenze. So wurden auch rund um Nordhalben riesige Waldflächen niedergelegt. Die Bäume, die fast durchwegs in halber Höhe gebrochen und aufgesplittert waren, konnten größtenteils nur noch als Brennholz Verwendung finden. Auf über 500 000 Festmeter Holz belief sich im Frankenwald der Schaden. Und in Tschirn deckte der Sturm teilweise das Kirchendach ab. Aber auch in Reitsch verwüstete das Unwetter den Gemeindewald. Besonders litt Wilhelmsthal unter der Katastrophe. So entstand beträchtlicher Schaden an zwölf Wohnhäusern.
Ganz schlimm wütete das Inferno in Gundelsdorf. In der Dampfziegelei "Marie" wurden ein 38 und ein 30 Meter hoher Schornstein umgelegt. Die Gesteinsmassen durchbrachen das Dach des Fabrikgebäudes. Der Brenner Ludwig Schwarz, der gerade Dienst hatte, konnte nur durch schnelle Flucht sein Leben retten. Gerade dort, wo er arbeitete, lagen wenig später viele Zentner Baustein. "Ich hörte ein Krachen, die ganze Fabrik bebte", erzählte er. Der eine Schornstein war auf den Ofen gefallen, aus dem schon die Flammen schlugen. Die Feuerwehren Gundelsdorf und
Kronach verhinderten durch rasches Eingreifen Schlimmeres.
Bett hängt an der Oberleitung
Im Wohnhaus des Bahnvorstehers am Bahnhof Gundelsdorf wurde das ganze Dach weggerissen. Ein Bett fand sich später an einem Oberleitungsmast, 200 Meter vom Haus entfernt. Der sieben Meter lange schwere Fahrradständer flog über 100 Meter durch die Luft und wurde gegen eine starke Birke geschleudert, die durch die Wucht entwurzelte.
Schreckensszenen auch in Rothenkirchen. Schausteller sowie der Zirkus "Heppenheimer" befanden sich zum bevorstehenden Schützenfest gerade im Aufbau. Die traurige Bilanz: Das große Bierzelt wurde abgedeckt, die Planen zerfetzt und vom Wind fortgetragen. Von den Wohnwagen wurden Dächer abgedeckt, eine Schießbude, in der Preise im Wert von etwa tausend Mark aufgebaut waren, glich nachher einem Trümmerhaufen. Das große Zirkusstellzelt wurde vom Wind einfach fortgetragen und die Pferde suchten im Wald Schutz. Die Bundesbahn stellte dem Zirkus einstweilen Eisenbahnwaggons für die Unterbringung der Tiere zur Verfügung.
Glück für zwei Motorradfahrer
Aber auch in Teuschnitz und Wickendorf richtete der Sturm beträchtlichen Schaden an. An der Straße nach Reichenbach wurden ganze Waldstücke vernichtet. Hierbei wurden zwei Teuschnitzer Motorradfahrer verletzt, die auf der Fahrt zwischen die stürzenden Stämme gerieten und nur wie durch ein Wunder mit dem Leben davonkamen.