Dagmar Heinlein ist seit 30 Jahren in der bei der BRK-Sozialstation "Oberer Frankenwald" tätig. Sie erzählt von der ambulanten Pflege in Corona-Zeiten.
Dagmar Heinlein ist derzeit voll im Einsatz. Sie geht - wie ihre Kollegen - zu den Angehörigen einer Hochrisikogruppe, nämlich zu den Kranken und Senioren, die mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen haben beziehungsweise ihren Alltag nicht mehr meistern können.
Für die 52-Jährige ist der ohnehin stressige Job durch das Coronavirus noch härter geworden. In ihrem Job, so Dagmar Heinlein, könne eine zwei Meter große Distanz nicht eingehalten werden. Das bedeute, sowohl sie als auch ihre Patienten befinden sich in der Gefahrenzone. Aber was wäre die Alternative? Keine Wunden versorgen, kein Insulin spritzen, kein Inkontinenzmaterial wechseln? Sie und ihre Leute gehen also raus, um diesen Menschen zu helfen. Seit Corona sei aber vieles anders geworden.
Dagmar Heinlein beginnt zu erzählen. Da gibt es zum einen Regelungen innerhalb der BRK-Sozialstation. Unter anderem finden Pflegeübergaben nicht mehr im persönlichen Gespräch, sondern nur noch telefonisch oder schriftlich statt. Der kollegiale Plausch im Büro entfällt seit Wochen. Bei eingehenden Telefongesprächen kann der Hörer nicht einfach an die Kollegin weitergereicht werden, sondern vorher muss desinfiziert werden. Der Anrufer wird gebeten, sich in einigen Minuten wieder zu melden. Oberflächen wie Türklinken, Autogriffe etc. werden täglich desinfiziert. Jeder, so sagt sie, sei eigentlich auf sich gestellt, was für alle eine große psychische Belastung ist.
Auch bei der Pflege ihrer Patienten ist vieles nicht mehr wie vorher. Und gerade das stimmt Dagmar Heinlein traurig. Aufgrund der Schutzmaßnahmen sei ihre Arbeit mit dem Patienten schwieriger geworden.
Angst vor dem "Schnäuzla"
Schon bevor die Tour beginnt, werden Schutzkleidung und das "Schnäuzla" (Mundschutz) befestigt. Für manche Patienten, vor allem für die Demenzkranken, sei der Mundschutz beängstigend. Die Verständigung sei schwieriger geworden, denn die Patienten können Worte nicht mehr von den Lippen ablesen beziehungsweise nehmen diese undeutlich wahr. Sie können diese Schutzmaßnahmen nicht nachvollziehen. "Warum das alles, ich habe doch kein Corona!", werde teilweise gefragt.
Hinzu komme, dass während der Tätigkeiten die Schutzmasken verrutschen, die Brillen anlaufen etc. Sie sei ein Mensch, der versucht habe, immer die Patienten irgendwie aufzuheitern. Aber: "Jetzt, mit der Schutzmaske, kann ich nicht mehr lachen!"
Dagmar Heinlein, die auch die stellvertretende Leitung der BRK-Sozialstation innehat, spricht davon, dass sich zwischen Pflegern und Patienten im Laufe der Monate eine Vertrauensbasis bilde. Die ambulanten Pflegekräfte versorgen nicht nur Wunden und verabreichen Spritzen, sondern sie seien auch wichtige Gesprächspartner. "Für manche Patienten sind wir die einzige Abwechslung in ihrem Alltag!" Jetzt, durch Corona, durch die damit verbundenen Ängste, die sowohl die Pflegekräfte als auch die Patienten wegen einer möglichen Ansteckung haben, sei teilweise eine Barriere zu spüren.