Die Staatsregierung stellte zum 1. April die Ehrenamtlichen den Hilfsorganisationen gleich. Davon profitieren auch die Mitarbeiter des BRK Kronach, die damit auf die gleiche Stufe wie ihre Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr und des THW gestellt werden.
Mario Ziener und Rettungsdienstleiter Martin Schmidt sitzen im Einsatzleitwagen. Gemeinsam schauen sie sich die Einsatztagebücher der beiden "Spezial-Einheiten" Unterstützungsgruppe Sanitätseinsatzleitung (UG-SanEL) beziehungsweise Schnell-Einsatzgruppe "Information und Kommunikation" (SEG IuK) an. Diese unterstützen bei Einsätzen den BRK-Einsatzleiter bei besonderem Koordinationsbedarf für den Sanitäts- und Betreuungsdienst. Das Fahrzeug ist mit der neusten IT- und Digitalfunktechnik ausgestattet, um damit bei Einsätzen eine optimale Kommunikation an der Einsatzstelle sowie die Koordination der Helfer und der Einsatzmittel zu ermöglichen.
Um diese Technik bedienen zu können, ist ein fundiertes Fachwissen erforderlich. Ziener verfügt über dieses Wissen.
Der Lauensteiner hat sich mehreren Fortbildungen unterzogen und sich über einen Zeitraum von rund zwei Jahren in seiner Freizeit zum Fachdienstführer IuK ausbilden lassen.
Normalerweise wäre der gelernte Elektroniker, der bei einem Dienstleistungsunternehmen im Bereich Arbeitssicherheitsberatung beschäftigt ist, um diese Zeit auf der Arbeit. Und doch, wenn es zu einem Einsatz kommen sollte, würde er, um helfen zu können, von seiner Firma freigestellt. "Mein Chef, Frank Wich, ist selbst ein sehr engagierter Feuerwehrmann. Er ermöglichte es mir von Anfang an, dass ich - falls ich nicht gerade auswärts arbeite - freigestellt werde", sagt der stellvertretende Fachdienstführer IuK des Kreisverbands Kronach.
Bislang hatte er seine Fehlzeiten durch den Abbau von Überstunden ausgeglichen. Mit der neuen "Retterfreistellung" ändert sich das.
Die "Retterfreistellung" hatte bei der Landesversammlung des Bayerischen Roten Kreuzes in Schrobenhausen bereits Innenminister Joachim Herrmann (CSU) versprochen. Die groben Eckpunkte waren im Dezember vom Minister mit Vertretern der Hilfsorganisationen besprochen worden.
Dass die Gleichstellung längst überfällig ist, darin sind sich Ziener und Schmidt einig. "Ich kam mir bislang immer wie ein Helfer zweiter Klasse vor", sagt Ziener. So besteht für Feuerwehrleute der gesetzliche Anspruch, dass sie ihren Arbeitsplatz verlassen können. Dem Arbeitgeber wird der Lohn erstattet, anders als bei den Mitarbeitern vom Roten Kreuz, die bislang stets auf den guten Willen der Arbeitgeber angewiesen waren - und das auf eigene Kosten.
Zudem haben Feuerwehrleute Anspruch auf Ruhezeiten nach Einsätzen. "Wir werden zu den gleichen Einsätzen wie die Feuerwehr gerufen.
Aber wir erhielten bislang keine Lohnfortzahlung und selbst, wenn wir die ganze Nacht im Einsatz waren, mussten wir am nächsten Morgen zur Arbeit", betont Ziener.
Regelmäßige Schulungen und Übungen Glücklich über die neue Rechtssicherheit ist auch Rettungsdienstleiter Martin Schmidt. Rund 20 Jahre habe man dafür gekämpft. "Es ist bedauerlich, dass es so lange gedauert hat. 20 Jahre - das ist fast ein ganzes aktives Leben eines Helfers. Aber es war halt eine politische Entscheidung, bei der es um viel Geld geht", sagt er nachdenklich.
Die Mitarbeiter des BRK werden regelmäßig bei Schulungen und Übungen auf den technischen Geräten geschult, damit sie diese im Einsatzfall kompetent bedienen können. "Für den Schutz der Bevölkerung investieren sie einen Großteil ihrer Freizeit", würdigt Schmidt.
Jeder Ehrenamtliche sei "leidensfähig" und wisse, dass sein Ehrenamt gewisse Nachteile mit sich bringt. Dennoch wolle man nicht der Verlierer sein. Man müsse sich vor Augen führen, dass über das Ehrenamt Gefahren abgedeckt werden. Dies sei Aufgabe und Pflicht des Staates. "Wenn es keine Ehrenamtlichen gäbe, müsste der Staat dafür selbst Sorge tragen und das wäre mit immensen Kosten verbunden", zeigt er sich sicher.
Nunmehr sei die rechtliche Grundlage geschaffen, die alle Helfer "gleicher" mache. Vollkommen gleich werde man aber nicht gestellt. Es gebe Ausnahmen, wie beispielsweise die "Helfer vor Ort" als freiwillige Leistung des BRK. "Mit diesen Abstrichen kann ich jedoch leben", meint Schmidt.
Für Ziener ist die neue Regelung ein "Schritt in die richtige Richtung". Der Ehrenamtliche kam 1996 über das Jugendrotkreuz in der Bereitschaft Lauenstein zum Roten Kreuz.
Bei einem Einsatz wird er über die Leitstelle per Funkwecker alarmiert sowie zusätzlich per SMS-Alarm über sein Handy.
Einsätze, zu denen man in jüngster Vergangenheit hinzugezogen wurde, waren der Brand in einem Behindertenwerk in Michelau sowie ein Hochhausbrand und ein Zusammenstoß eines Busses mit einem Zug, beides in Neustadt bei Coburg. Auch bei der Entschärfung der in Bamberg gefundenen Flieger-Bomben war man beteiligt.
Enger Kontakt zu anderen Helfern "Die Aufgabe an der Einsatzstelle ist die Koordination zwischen den Einsatzkräften und der Leitstelle, vor allem aber die Verteilung der Patienten in Kliniken und die Nachführung von Einsatzkräften und Material.
Ebenso ist die SEG IuK des Landkreises Kronach im Hilfeleistungskontingent Oberfranken tätig, das bei Großschadenslagen im gesamten Bundesgebiet zum Einsatz kommen kann", erklärt Schmidt.
Es werde stets ein enger Kontakt mit den anderen Hilfsorganisationen gepflegt, denn gerade im Einsatz sei es sehr wichtig, dass die Führungen der einzelnen Einheiten eng miteinander zusammenarbeiten. Für ihn als Rettungsdienstleiter sei es immens wichtig, qualifizierte Mitarbeiter um sich zu wissen, die ihn möglichst viel entlasten - so wie Mario Ziener, der jetzt durch das neue Gesetz Respekt und Wertschätzung erfährt.
So sieht' s der arbeitgeber Frank Wich ist der Arbeitgeber von Mario Ziener. "Für mich selbst hat das Ehrenamt schon lange einen großen Stellenwert, da ich selbst schon viele Jahre in der Fischbacher Feuerwehr und an anderen Stellen aktiv bin.
Dass die Kollegen vom BRK bisher nicht über dieselben Rechte und Ansprüche verfügten wie beispielsweise die Aktiven der Feuerwehr, war mir bis vor kurzem selbst - ehrlich gesagt - so nicht bekannt."
Für ihn als Chef eines Unternehmens sei es bei der Einstellung aber überhaupt keine Frage gewesen, dass Mario Ziener seinem BRK-Dienst nachkommen kann. "Ich denke, jeder erwartet doch, dass Helfer schnell zur Stelle kommen. Es kann doch schließlich jeden treffen."
Für ihn sei das ehrenamtliche Engagement bei seiner bisherigen Mitarbeiter-Auswahl sogar ein wichtiges positives Einstellungskriterium gewesen. "Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Menschen, egal bei welcher Hilfsorganisation sie sich ehrenamtlich engagieren, sich auch besonders in den Unternehmen engagieren." Als Chef eines Ingenieurbüros für Arbeitssicherheit und Brandschutz habe er mit dem Wissen, das seine Mitarbeiter aus den Hilfsorganisationen
mitbringen, einen doppelten Nutzen. "Diesen haben aber grundsätzlich alle Unternehmen - egal in welcher Branche. Denn jedes Unternehmen muss eine bestimmte Anzahl an Ersthelfern und so genannte Brandschutzhelfern in der Belegschaft für Notfallsituationen haben, so ist es in rechtlichen Regelungen zu recht gefordert. Ich kann deshalb jedem Unternehmen nur raten, solche ehrenamtliche Leistungen als ein wichtiges positives Kriterium bei der Mitarbeiterauswahl anzusetzen." Und weiter: "Ich kann auch nur allen Jugendlichen den Tipp geben, sich ebenfalls ehrenamtlich zu engagieren. Man liefert doch damit den besten Beweis, dass man - unabhängig von der Entlohnung - bereit ist, etwas voranbringen zu wollen."