Betroffenheit nach Sturz von Faschingswagen in Teuschnitz

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Mit diesem Wagen bildete die SG Teuschnitz den Abschluss des Teuschnitzer Faschingsumzugs. Beim Versuch, die Leiter zu sich hochzuziehen, stürzte der 29-jährige Verunglückte von der etwa 2,30 Meter hohen Brüstung des Wagens. Foto: NEWS5 /Fricke
Mit diesem Wagen bildete die SG Teuschnitz den Abschluss des Teuschnitzer Faschingsumzugs. Beim Versuch, die Leiter zu sich hochzuziehen, stürzte der 29-jährige Verunglückte von der etwa 2,30 Meter hohen Brüstung des Wagens. Foto: NEWS5 /Fricke

Am Sonntag stürzt ein 29-Jähriger beim Faschingsumzug in Teusching von einem Wagen und verletzt sich schwer. Eine Spurensuche vor Ort.

Auch einen Tag später sitzt der Schock noch tief. "Die Stimmung im Verein ist ziemlich schlecht. Ich weiß nicht, wie ich es anders ausdrücken soll", sagt Dominik Fischer, der Vorsitzende des SV Wickendorf. Denn einen neuen Stand über den Gesundheitszustand seines 29-jährigen Vereinskameraden, der Sonntagnachmittag beim Teuschnitzer Faschingsumzug vom Wagen der SG Teuschnitz (TSV Teuschnitz und SV Wickendorf) fiel und mit dem Kopf auf den Asphalt prallte (wir berichteten), hat auch er nicht. "Wir können jetzt nur abwarten."


In Spezialklinik geflogen

Die Polizeiinspektion Ludwigsstadt weiß ebenfalls weiterhin nur von einem Schädel-Hirn-Trauma, mit dem der junge Mann am Sonntag mit einem Rettungshubschrauber in eine Spezialklinik nach Jena geflogen wurde. Darüber, ob sich der Verunglückte noch in Lebensgefahr befindet oder inzwischen stabil ist, bestünden keine neuen Informationen. Wie bereits berichtet, schließt die Polizei ein Fremdverschulden aus, Ermittlungen soll es dennoch geben - standardmäßig. "Der Unfallhergang soll ja nachvollzogen werden können", erklärt ein Polizist der Ludwigsstädter Inspektion.

Aktuell gehen die Beamten davon aus, dass am Sonntag mehrere Personen einen kurzen Halt der Faschingswagen für eine Pinkelpause nutzten und daher mit einer Leiter vom etwa 2,30 Meter hohen Lkw-Auflieger kletterten. Der 29-Jährige sei dann als Letzter der Gruppe wieder auf den Umzugswagen gestiegen und habe auf der Brüstung sitzend versucht, die Leiter wieder hochzuziehen. Dabei bekam er aber offenbar Übergewicht nach hinten, sodass er den Halt verlor und kopfüber auf den Asphalt prallte.


Scharfe Sicherheitsauflagen

"Ich habe von dem Unfall nur mitbekommen und war dann in meiner Funktion als Zweiter Bürgermeister vor Ort", sagt Stephan Neubauer (FWG), der zwar als Moderator der Büttenabende fungiert, in die Organisation des Umzugs allerdings nicht involviert ist. "Wir sind als Stadt bei solchen Sachen immer vor Ort", erklärt er.
Meist könne man in vergleichbaren Fällen meist nur an der Seite stehen und sein Bedauern ausdrücken, falls aber die Hilfe der Stadt benötigt werde, könne so sofort eingegriffen werden. Er geht nicht davon aus, dass der Faschingswagen der SG die scharfen Sicherheitsauflagen des Verkehrsministeriums nicht erfüllte. "Nach allem, was ich mitbekommen habe, sind alle Vorschriften eingehalten worden", sagt er.

Dominik Fischer bestätigt das. Mit dem Wagen sei alles vorschriftsmäßig gelaufen. "Seit 35 Jahren halten wir hier Umzüge ab und nie ist etwas passiert", betont Neubauer. "So ein Unglück kann leider immer passieren." Er vergleicht es mit einem Sturz von einer rutschigen Treppe: "Das passiert in 100 Jahren vielleicht einmal." Leider geschah es am Sonntag.

Dass die Auflagen nicht vollständig erfüllt worden sein könnten, scheint unwahrscheinlich. Seit einigen Jahren schaut die Polizei bei Umzugswagen genauer hin. "Wir sind gesetzlich verpflichtet, Kontrollen durchzuführen und weichen da auch nicht von den Vorschriften ab", erklärte Albert Büttner von der Polizei in Ludwigsstadt vergangenes Jahr unserer Redaktion für einen Artikel über Sicherheitsauflagen bei Faschingsumzügen in Bayern.

Aufgrund vermehrter Unfälle bei Faschingsumzügen in anderen bayerischen Landkreisen seien die Polizeiinspektionen 2013 angehalten worden, die Kontrollen zu verschärfen.

Vor drei Jahren zog die Polizei nach einer Kontrolle bei einem anderen Faschingsumzug sechs von rund 30 Faschingswagen aus dem Zug. Verbogene oder gerissene Deichseln, behelfsmäßig gebaute Anhängerkupplungen oder morsche Bretter als Wagenboden. Die Liste der Mängel sei lang gewesen, sagte Büttner damals.

Davon darf nun freilich keine Rede sein. Aktuell kann nur gehofft werden, dass sich der Gesundheitszustand des 29-Jährigen schnell wieder verbessert, sodass es "nur" bei einem Schock bleibt.

Sicherheitsauflagen für Brauchtumsveranstaltungen vom Verkehrsministerium
Vorschriften: Durch eine Verordnung im Jahr 1989 werden Fahrzeuge bei Brauchtumsveranstaltungen, z.B. Faschingsumzügen, von gewissen straßenverkehrsrechtlichen Verordnungen befreit.

Merkblatt: Im Jahr 2000 hat das Verkehrsministerium ein Merkblatt über die Ausrüstung und den Betrieb von Fahrzeugen bei Brauchtumsveranstaltungen herausgebracht. Damit soll eine bundesweit einheitliche Verfahrensweise bei der Begutachtung der Fahrzeuge und Zugmaschinen sichergestellt werden.
Im Folgenden einige wichtige Auszüge:

Betriebserlaubnis: Mit Ausnahme von Fahrzeugen mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit bis 6 km/h muss jedem Fahrzeug, das auf örtlichen Brauchtumsveranstaltungen eingesetzt wird, eine Betriebserlaubnis erteilt sein. (...) Fahrzeuge, die wesentlich verändert wurden und auf denen Personen befördert werden, müssen von einem amtlich anerkannten Sachverständigen begutachtet werden.

Versicherung: Für jedes der eingesetzten Fahrzeuge muss eine Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung bestehen, die die Haftung für Schäden abdeckt.

Sicherheit: Fahrzeuge, auf denen Personen befördert werden, müssen mit rutschfesten und sicheren Stehflächen, Haltevorrichtungen, Geländern und Ein- bzw. Ausstiegen im Sinne der Unfallverhütungsvorschriften ausgerüstet sein. (...) Sitzbänke, Tische und sonstige Auf- und Einbauten müssen mit dem Fahrzeug fest verbunden sein. (...) Beim Mitführen von Kindern auf Ladeflächen von Fahrzeugen muss mindestens eine geeignete erwachsene Person als Aufsicht vorhanden sein.

Höchstgeschwindigkeit: 6 Stundenkilometer bei Fahrzeugen ohne Betriebserlaubnis, Fahrzeugen mit besonders kritischem Aufbau und Fahrzeugen, auf denen Personen stehend befördert werden. 25 Stundenkilometer bei Fahrzeugen, auf denen Personen sitzend befördert werden, Fahrzeugen, die aufgrund technischer Anforderungen für eine höhere Geschwindigkeit nicht zugelassen sind sowie Fahrzeugkombinationen bestehend aus Zugmaschine und Anhängern.