Auslandsreise in den Sommerferien? Viele Kronacher sind verunsichert

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Strand im Ausland oder Balkonien? Diese Frage stellen sich viele angesichts der bevorstehenden Sommerferien. Symbolfoto: Adobe Stock
Strand im Ausland oder Balkonien? Diese Frage stellen sich viele angesichts der bevorstehenden Sommerferien. Symbolfoto: Adobe Stock
Inzwischen kann Ingrid Wagner ihren Kunden wieder Reisen ins Ausland anbieten, doch es liegen harte Monate hinter der Reisebüro-Inhaberin. Foto: Sandra Hackenberg
Inzwischen kann Ingrid Wagner ihren Kunden wieder Reisen ins Ausland anbieten, doch es liegen harte Monate hinter der Reisebüro-Inhaberin. Foto: Sandra Hackenberg
 

Die Sommerferien stehen vor der Tür und damit für viele die Frage, ob sie ins Ausland reisen sollen. Das ist inzwischen zwar wieder erlaubt - die Verunsicherung bei den Urlaubern jedoch bleibt. Darum reisen viele lieber mit dem eigenen Auto an.

Vor fast genau drei Monaten hatte die Corona-Krise Italien noch fest im Griff. 14 000 Todesfälle und 115 000 Infizierte versetzten das Land in den Ausnahmezustand. In den vollkommen überlasteten Krankenhäusern spielten sich dramatische Szenen ab. Augenzeugen berichten von Infizierten, die auf den Gängen weggestorben sind wie Fliegen.

Vor Ingrid Wagner sitzt nun ein junges Pärchen und bucht seinen Italien-Urlaub. Sieben Tage Rom, los geht es Ende Juli mit dem Flieger ab München. Die Geschäftsführerin des Kronacher Sonnenklar.TV-Reisebüros klärt die jungen Leute ausführlich über die Folgen eines eventuellen Reiserücktritts aus - so weit Standard einer umfassenden Fachberatung.

Am Ende gibt sie ihnen jedoch noch ein paar wertvolle Tipps zum Reisen in Corona-Zeiten mit an die Hand: "Nehmen Sie sich ein paar Einmalhandschuhe mit, falls Sie die vor Ort tragen müssen" und "Desinfektionsmittel dürfen Sie in einem 100-Milliliter-Fläschen im Handgepäck des Flugzeugs mitnehmen - Desinfektionstücher aber so viele wie Sie wollen". Und dann heißt es auch schon: "Schönen Urlaub!"

Kein Handtuch-Krieg am Pool

Für manchen mag diese Szene skurril anmuten. Aber Wagner bestätigt: "Inzwischen kommen vor allem wieder junge Leute, die zum Beispiel nach Rom, an den Gardasee oder die Adria reisen wollen." Seit wenigen Wochen kann die 48-Jährige solche Reisen ihren Kunden auch wieder anbieten - und das mit gutem Gewissen.

Dass durch das Reisen in den Sommerferien eine zweite Corona-Welle ausgelöst werden könnte, glaubt Wagner nicht. "Das Wichtigste war, dass sich die Länder innerhalb Europas auf eine einheitliche Linie einigen konnten, weshalb die Reisewarnungen - bis auf wenige Ausnahmen - inzwischen aufgehoben wurden." So bieten Hotels derzeit nur eine reduzierte Anzahl an Zimmern an und es werde viel Wert auf das Einhalten der Hygienemaßnahmen gelegt.

Wagner kann diesen Maßnahmen durchaus auch Positives abgewinnen. "Man kann derzeit sehr entspannt Urlaub machen, weil einfach weniger los ist und die Leute Abstand halten." Der typische Handtuch-Krieg am Pool ist in diesem Sommer somit eher unwahrscheinlich. Auch das typische Buffet fällt in vielen Anlagen bis auf weiteres weg. "Das ist zwar personalaufwendiger, aber die Gäste können sich ihr Essen aussuchen und es wird dann frisch zubereitet."

Falls die Destination aber nicht sicher ist, erteilt Wagner eine Absage. Gerade erst habe sie eine Anfrage wegen einer Reise nach Asien erhalten. "Da habe ich deutlich gesagt, dass ich von einer solchen Reise derzeit abrate." Nun hofft die Reisebüro-Inhaberin, dass das Auswärtige Amt, pünktlich zu den Sommerferien, auch die beliebten Reiseziele wie die Türkei, Ägypten und Tunesien früher als angekündigt wieder als sicher einschätzt.

Derzeit soll die weltweite Reisewarnung noch bis zum 31. August gelten. "Die Länder befinden sich in Verhandlungen und die Leute dort geben sich wirklich größte Mühe", merkt Wagner an. "Das sind alles keine reichen Länder. Sie sind natürlich auf die Touristen angewiesen." Bislang seien die Urlauber aber ohnehin noch verhalten. "Ich bin doch nicht doof, wir bleiben zuhause", antwortet beispielsweise Kirsten Brückner auf die Frage auf unserer Facebook-Seite, ob die Kronacher in diesen Sommerferien einen Auslandsurlaub planen. Brückner ist offenbar nicht die Einzige, die so denkt. "Wir bleiben daheim", schreibt auch Diana Löffler.

Verunsicherung nach Maas-Aussage

Die Expertin glaubt: "Die Aussage von Außenminister Heiko Maas ,Es wird keine zweite Rückhol-Aktion geben' hat viele Urlauber verunsichert." Das zeigt sich vor allem bei der Anreise. Das Transportmittel entscheidet, wo es heuer hingeht. "Viele, die vorhatten, eine längere Flugreise zu unternehmen, fahren jetzt mit dem Auto zum Beispiel nach Österreich ins Hotel, weil sie Angst haben, dass sie im Ernstfall nicht mehr nach Hause kommen."

Doch auch wer mit dem Flieger verreist: Im Falle eines erneuten Corona-Ausbruchs im Urlaubsland braucht sich laut der Reisebüro-Leiterin niemand Sorgen machen, dass er nicht mehr nach Hause kommt. "Alle großen Veranstalter geben in so einem Fall eine Rückhol-Garantie oder räumen Sonderkündigungsrechte für ihre Pauschal-Urlauber ein." Die Warnung von Maas sei vielmehr an Einzelpersonen gerichtet, die eigenmächtig in unsichere Länder reisen.

Doch auch Wagner erinnert sich noch gut an den Moment des Lock Downs im März, als sie vor der Herausforderung stand, ihre Gäste im Ausland wieder nach Hause zu bringen. "Das Telefon hat unentwegt geklingelt. Die Kunden hatten Fragen - und ich hatte keine Antworten." Ihr Reisebüro war zwar geschlossen. Doch die 48-Jährige telefonierte sich in diesen Wochen die Finger wund, hing stundenlang in Warteschleifen fest und schrieb eine E-Mail nach der anderen. "Es war schwierig, manche Veranstalter zu erreichen - teilweise bis heute."

Einige schlaflose Nächte hat Wagner laut eigener Aussage in dieser Zeit verbracht, bis sie schließlich alle ihre Kunden wieder sicher in Deutschland wusste - zumindest fast. "Ein älterer Herr sitzt noch in Afrika fest" - und das freiwillig. Der Senior sei bereits vor dem Ausbruch der Pandemie nach Ägypten gereist. Als in Deutschland die ersten Fälle auftraten, habe Wagner ihm angeboten, einen Rückflug zu organisieren - doch er wollte nicht. "Damals hat man in Afrika noch nichts von dem Virus gemerkt und er meinte, dass er sich sicher fühlt und dort bleiben will."

Ende Mai wäre sein regulärer Flug nach Hause gegangen - doch der wurde dann coronabedingt gecancelt. "Inzwischen würde er gerne wieder nach Deutschland kommen. Ich versuche jetzt, einen Flug zu organisieren."

Das waren jedoch nicht die einzigen Herausforderungen. Täglich seien Dutzende Mails mit neuen Regelungen und Reiseänderungen von Veranstaltern eingetrudelt. "Dann musste ich jedes Mal schauen, ob das einen meiner Kunden betrifft."

Auch finanziell hat Corona seine Spuren bei Wagner hinterlassen. Sie betreibt ihr Reisebüro seit 2016 und hatte mit einem guten Jahr gerechnet. "Doch es kommen immer wieder Benachrichtigungen, dass wieder eine Reise storniert wurde. Ich musste Provisionen für Reisen zurückzahlen, die ich schon im vergangenen Herbst verdient hatte." Schweren Herzens musste sich Wagner von ihren beiden Mitarbeitern trennen.

"Das Virus wird uns sicher noch das ganze Jahr über beeinflussen", glaubt die 48-Jährige und hofft, dass sich die Lage weiter entspannt und der ein oder andere Urlauber pünktlich zu den Sommerferien seine Scheu verliert. Denn auch wenn die vergangenen Monaten gezeigt haben, dass man nicht in die Ferne schweifen muss, um dem wahren Glück nahe zu sein: Der lateinische Kirchenlehrer Aurelius Augustinus wusste bereits Jahrhunderte vor der Geburt Christi: ""Die Welt ist ein Buch, und diejenigen, die nicht reisen, lesen nur eine Seite."

Reisen in Corona-Zeiten: Das ist erlaubt

EU-Mitgliedstaaten

Das Auswärtige Amt hat die Warnungen für Reisen in die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie in die Schengen-assoziierte Staaten (Island, Liechtenstein, Schweiz) und in das Vereinigte Königreich, Nordirland, Andorra, Monaco, San Marino und den Vatikanstaat inzwischen aufgehoben. Für diese Länder gelten spezifische Reisehinweise.

Ausnahmen

Für Finnland, Norwegen und Schweden verzögert sich die Aufhebung der Reisewarnung. Von Reisen nach Großbritannien, Irland und Malta wird derzeit noch abgeraten.

Weltweit

Für alle anderen Länder gilt nach jetzigem Stand eine weltweite Reisewarnung bis zum 31. August 2020.

Kreuzfahrten

Da derzeit viele Häfen noch nicht von Kreuzfahrtschiffen angefahren werden dürfen, finden derzeit noch nicht so viele Reisen statt.