Asylanten lernen eifrig die deutsche Sprache

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Die beiden Deutsch-Lehrerinnen (von links) Christine Witton und Eva-Maria Kick sprechen die nächsten Unterrichtsstunden durch. Foto: Heike Schülein
Die beiden Deutsch-Lehrerinnen (von links) Christine Witton und Eva-Maria Kick sprechen die nächsten Unterrichtsstunden durch. Foto: Heike Schülein
Die Kronacher Rotarier spendeten 3500 Euro für ein Migrations-Projekt. Die Deutsch-Lehrerinnen Christine Witton und Eva-Maria Kick zeigen die Deutsch-Bücher, die vom Rotary Club angeschafft wurden. Das Bild zeigt (von links): Geschäftsführerin Karin Pfadenhauer, Gerd Weickert und Elmar Jonas vom Migrationsdienst, die Deutsch-Lehrerinnen Christine Witton und Eva-Maria Kick sowie Andreas Wolf und Markus Schleicher vom Rotary Club Kronach. Foto: Heike Schülein
Die Kronacher Rotarier spendeten 3500 Euro für ein Migrations-Projekt. Die Deutsch-Lehrerinnen Christine Witton und Eva-Maria Kick zeigen die Deutsch-Bücher, die vom Rotary Club angeschafft wurden. Das Bild zeigt (von links): Geschäftsführerin Karin Pfadenhauer, Gerd Weickert und Elmar Jonas vom Migrationsdienst, die Deutsch-Lehrerinnen Christine Witton und Eva-Maria Kick sowie Andreas Wolf und Markus Schleicher vom Rotary Club Kronach. Foto: Heike Schülein
 

Die Deutsch-Lehrerinnen Christine Witton und Eva-Maria Kick sind ehrenamtlich einmal pro Woche Asylanten beim Erlernen der deutschen Sprache behilflich. Ihre Schüler nehmen das Angebot eifrig an und lernen.

"Wie weit bist du in der vergangenen Stunde gekommen?", fragt Christine Witton ihre Kollegin Eva-Maria Kick. Beide blättern in einem Deutsch-Unterrichtsbuch und bereiten gerade ihre nächste Unterrichtsstunde vor.
"Früher gab es in Kronach einmal einen sehr aktiven Arbeitskreis Asyl, der sich leider mittlerweile aufgelöst hat", bedauert Witton. Die ehemalige Lehrerin für "Deutsch für Ausländer" an der VHS Kronach hatte sich bereits damals im Arbeitskreis für die Asylanten engagiert. Christine Witton wurde vom Fachdienst angesprochen, ob sie jemanden kenne, der Deutsch-Unterricht für Asylanten geben könne. "Ich habe mich dann selbst dafür zur Verfügung gestellt - und zwar sehr gerne", betont sie. Die Asylanten - überwiegend Äthiopier oder Ost-Aserbeidschaner zwischen Mitte 20 und Anfang 30 - seien mit viel Eifer beim Unterricht dabei.

"Viele der Leute hängen sonst nur im Asylheim rum.
Sie wissen mit ihrem Tag nichts anzufangen. Sie sagen zu mir, dass sie in ihrem Zimmer verrückt werden", erzählt Witton, die seit Sommer 2011 Deutsch-Unterricht in den Räumen des Kronacher Klosters gibt. Zunächst habe sie Unterricht ohne Buch gegeben, was aber nicht so optimal gewesen sei. Vor dem Unterricht mache sie meist etwas Yoga mit ihren Schülern, was diesen gut gefalle.

Die Asylanten stellen Fragen

Der Unterricht dauere etwa eineinhalb Stunden. "Danach ist aber noch nicht Schluss. Die Asylanten stellen noch Fragen - auch zu alltäglichen, manchmal ganz banalen Dingen", meint sie. Ihre Hilfe gehe über den reinen Deutsch-Unterricht hinaus. "Ich habe beispielsweise einmal eine schwangere Frau unterstützt und sie bei ihren Terminen begleitet oder bin mit einen Mann, der kein Glutamat vertragen hat, in die Klinik", erinnert sich Witton. Die Leute freuten sich auch, wenn man beispielsweise einmal einen Ausflug mit ihnen unternehmen würde. "Ich habe immer zwischen drei und zwölf Schüler. In mein Auto passen aber nicht so viele. Wie soll ich da entscheiden, wen ich mitnehme und wen nicht?", meint sie nachdenklich.

Eva-Maria Kick stammt aus Würzburg, wo sie fünf Jahre lang bereits Deutsch-Unterricht für Asylanten gab. "Als ich vor eineinhalb Jahren nach Kronach gezogen bin, habe ich im Internet geschaut, was es für Angebote für Asylanten vor Ort gibt. Dabei bin ich auf den Migrationsdienst gestoßen", erinnert sie sich. Die Deutsch-Lehrerin an der Pestalozzi-Schule gibt seit Januar 2012 in den Räumen des Struwwelpeters Deutsch-Unterricht. Sie sei von Christine Witton den Asylanten vorgestellt worden. Da nicht alle Asylanten Englisch könnten, verständige man sich teilweise auch mit Händen und Füßen, was aber bestens funktioniere.

Deutsche Geschichte interessiert

Auch sie hat mittlerweile ein engeres Verhältnis zu ihren Schülern aufgebaut. So war sie beim Ausflug zum Dokumentationszentrum in Nürnberg dabei. "Wir haben die Asylanten gefragt, wo sie gerne hinfahren möchten. Mich hat es sehr verwundert, dass sie dorthin wollten. Sie hätten ja auch eine andere "reine" Freizeitaktivität wählen können. Aber sie wollten etwas über die deutsche Geschichte erfahren", sagt sie beeindruckt. Als nächstes wünschten sie sich eine Fahrt ins deutsch-deutsche Museum Mödlareuth, was man vielleicht im kommenden Jahr vom noch vorhandenen Spendengeld finanzieren möchte.

Eva-Maria Kick hat auch einen Asylanten, der nach einem Jahr in Deutschland arbeiten durfte, bei seiner Jobsuche unterstützt. Beide würden sich über weitere Deutsch-Lehrer oder andere Ehrenamtliche freuen. Dies sei eine sehr schöne Aufgabe, die ihnen selbst viel gebe. Sie sind sich einig: "Es ist einfach ein schönes Gefühl, helfen zu können. Und man bekommt so viel Dankbarkeit zurück."

Ohne Ehrenamtliche geht es nicht

"Im Bereich des Flüchtlingsverfahrens geht nichts ohne Ehrenamtliche", machte die Geschäftsführerin des Diakonischen Werks Kronach-Ludwigsstadt/Michelau, Karin Pfadenhauer, klar. Gerade einmal sechs Stunden wöchentlich - zusammen versteht sich - stehen den beiden Ansprechpartnern des Fachdienstes für Migration und Integration, Gerd Weickert und Elmar Jonas, für die Betreuung der rund 40 Bewohner des Asylwohnheims in Kronach zur Verfügung. Und das erst seit dem 1. Oktober 2012. Zuvor hatte man zunächst im Rahmen des Projekts "Stärken vor Ort" für die Dauer von neun Monaten Flüchtlingsberatung geleistet. Nach dessen Ablauf hatte von Januar bis Oktober 2012 gar keine Zeit mehr dafür zur Verfügung gestanden.

"Es ist politisch so gewollt, dass Asylanten rumsitzen und ihr Verfahren abwarten. Die Menschen werden quasi für die ersten beiden Jahre in Deutschland politisch gegen die Wand gefahren und zum Nichtstun verdammt", fand Weickert deutliche Worte. Die meisten Asylanten wollten arbeiten. Einige leisteten gemeinnützige Arbeit bei der Caritas, im Lucas-Cranach-Seniorenhaus oder beispielsweise auf der Festung. "Sie brauchen eine vernünftige Tagesstruktur", ist er sich sicher.

Unterrichtsbücher angeschafft

Ein Stück weit Normalität und Integration schenkte der Rotary Club Kronach den Asylanten mit der Spende von 3500 Euro. In einem Pressegespräch informierten Ehrenamtliche und Hauptamtliche des Fachdienstes für Migration und Integration sowie Karin Pfadenhauer, Geschäftsführerin des Diakonischen Werks, über das Hilfsprojekt und die Verwendung der Spendengelder.

Mit dem Geld, so Pfadenhauer, wurden beispielsweise Unterrichtsbücher für einen Deutschkurs angeschafft oder den Asylanten die Teilnahme am heuer stattgefundenen Afrika-Fest sowie ein Ausflug ins Dokumentationszentrum Nürnberg ermöglicht. Laut Jonas ist das Erlernen der deutschen Sprache für die Integration enorm wichtig. Die Flüchtlinge könnten nach einem Jahr Aufenthalt in Deutschland unter bestimmten Voraussetzungen in eine berufsbezogene Deutschförderung kommen. Diese sei ein Türöffner für Bildungsmöglichkeiten oder eine Arbeitsstelle. Für diese Deutschförderung bedürfe es aber Deutsch-Vorkenntnisse.

In diesem Zusammenhang galt der Dank der Verantwortlichen den Deutschlehrerinnen Christine Witton und Eva-Maria Kick, die den Asylanten in ihrer Freizeit beim Erlernen der deutschen Sprache behilflich sind. Man hofft, dass sich noch weitere Personen dafür zur Verfügung stellen.

Karitativer Auftrag

Rotarier Markus Schleicher, unter dessen Präsidentschaft das Gemeinschaftsprojekt initiiert und die Spende getätigt worden waren, bekundete, dass der Rotary Club seinen karitativen Auftrag sehr ernst nehme. "Wir möchten als gutes Beispiel vorangehen und hoffen auf Nachahmer", betonte er. Impulsgebend für das Projekt sei sein Rotary-Sekretär Andreas Wolf gewesen. Wolf betonte: "Wir sammeln bei den Clubmitgliedern, initiieren aber auch verschiedene Aktionen - wie derzeit den Betrieb des Glühweinstands auf dem Kronacher Weihnachtsmarkt." Rotary gehe es um die Menschen, unabhängig ihrer Nationalität. Die Begehrlichkeiten seien groß.

Deutschkenntnisse für Asylanten seien aber mehr als primär, sind sich die Rotarier einig. Die Spende sei aufgrund eines Anschreibens aber auch des persönlichen Kontakts zur Migrationsstelle zu Stande gekommen. Beide waren glücklich über die sinnvolle Verwendung des Geldes. Wenn "Not am Mann" sei, wolle man den Fachdienst gerne weiter unterstützen.

Auf Unterstützung angewiesen

Auf Unterstützung werde man weiterhin angewiesen sein, betonte Pfadenhauer. Dabei gehe es keinesfalls "nur" um finanzielle Unterstützung. "Es gibt viele andere Möglichkeiten zu helfen", appellierte sie. Vorstellen könne sie sich Kooperationsprojekte mit Vereinen - beispielsweise sportlicher Art - oder die Gründung einer Spielgruppe für junge Mütter mit Kindern. Es gebe unzählige Möglichkeiten, Asylanten einzubeziehen und zu integrieren. Das große Manko sei, dass die Personen nicht mobil seien und abgeholt werden müssten. Denkbar sei auch, dass jemand die Betreuung von Einzelpersonen übernehme und bei ganz alltäglichen Dingen zur Seite stehe.

Spenden Spenden sind erwünscht auf das Konto-Nr.: 240 109 645 bei der Sparkasse Kulmbach-Kronach (BLZ 771 500 00) unter dem Stichwort "Migrationsberatung".

Abgabe Willkommen sind auch Sachspenden wie Fernseher oder Fahrräder, abzugeben im Gebrauchtwarenmarkt der Diakonie in der Blumau.

Kontakt Wer sich ehrenamtlich einbringen möchte, wendet sich an Gerd Weickert (Telefon 09261/620830) oder Elmar Jonas (Telefon 09261/620871) im Haus der Diakonie, Maximilian-von-Welsch-Straße 3 in Kronach.