Das Coronavirus breitet sich seit Wochen rasant aus. Wochenlang hat Deutschland viel zu zaghaft reagiert. Dann kam Markus Söder. Warum der Alleingang des bayerischen Ministerpräsidenten genau richtig war. Ein Kommentar.

In Krisen zeigt sich bei vielen Menschen das wahre Gesicht. Scheitern wir an einer schwierigen Situation oder gehen wir als Gewinner hervor? Während zahlreiche Ministerpräsidenten viel zu lange überlegt und lamentiert haben, wie sie mit der aktuellen Situation in den ihren Bundesländern umgehen, hat Markus Söder (CSU) einfach mal gehandelt. Während dieses "Vorpreschen" offenbar bei einigen für Verstimmungen gesorgt hat, scheint der bayerische Ministerpräsident jedoch als klarer Sieger hervorzugehen. Zu Recht!

Am vergangenen Freitag (20. März 2020) hat Söder über Ausgangsbeschränkungen für den Freistaat entschieden, sich "eins zu eins" am Nachbarland Österreich orientiert. Damit hat Söder seinen Ministerpräsidenten-Kollegen wohl ordentlich vor den Kopf gestoßen. Bund und Länder hatten bereits angekündigt am Wochenende über mögliche Kontaktverbote und Ausgangsbegrenzungen zu entscheiden. Doch das wollte Söder nicht abwarten. In der aktuellen Situation haben wir auch keine Zeit abzuwarten. Das Coronavirus breitet sich seit Wochen rasant aus.

Leute haben förmlich um Ausgangsbeschränkungen gebettelt

Die Tage vor dem bayerischen Wendepunkt haben zahlreiche Unvernünftige ihren Freiheitsdrang voll ausgelebt. Cafés und Biergärten waren brechend voll. Bilder von Prosecco-schlürfenden-Münchnern am Viktualienmarkt machten die Runde und auch in Oberfranken bettelten die Leute förmlich um eine Ausgangssperre, wie sie zwei bayerische Orte zu diesem Zeitpunkt bereits eingeführt hatten. Menschenmassen lungerten dicht gedrängt auf einem Fleck herum und machten sich nichts aus dem Credo, soziale Kontakte weitestgehend zu vermeiden. Über die "Ich-lass-mir-meine-Freiheit-nicht-nehmen"-Mentalität konnten wieder andere nur den Kopf schütteln.

 

So wundert es nicht, dass Markus Söder, wie er selbst sagt, quasi angefleht wurde, zu handeln. "Tun Sie doch endlich was" hieß es seitens verschiedener Kommunen und einzelner Personen aus Bayern. Und Markus Söder gehorchte. Er tat, was viele besorgte Menschen von ihm wollten - ohne dabei wie von der Stimmung getrieben zu wirken. Mit einer außerordentlichen Souveränität sprach der Ministerpräsident bei der Pressekonferenz, ohne Journalisten im Publikum, in die Kameras und verkündete die seit der Nacht auf Samstag herrschenden strikten Ausgangsbegrenzungen. So souverän, wie er es bereits einige Tage zuvor tat, als er die Schließungen aller Schulen in Bayern bekannt gab.

Söder argumentierte die Ausgangsbegrenzungen im Alleingang damit, dass es im Freistaat viel mehr Tote gibt und viel mehr Infektionen. Er hatte keine Zeit zu verlieren im Kampf gegen den massenhaften Anstieg von Neuinfektionen mit dem Coronavirus. Möglicherweise hat er damit wirklich einige seiner Kollegen überrumpelt. Aber: Das war gut so! Völlig zurecht hat Söder so zum Wohle der Menschen in Bayern entschieden. Gesundheit ist das wichtigste Gut, das wir haben. Das ist nicht erst seit der Corona-Krise so.

Die Leute haben es nicht anders kapiert

So viele Menschen hätten den Ernst der Lage ohne Söders "Vorpreschen" einfach nicht kapiert. Das Wochenende stand bevor. Frühlingshaftes Wetter und Sonnenschein wurden vorhergesagt. Klar war zu befürchten, dass wieder viele Menschen uneinsichtig sein würden. Sich in Scharen in Cafés oder Parks treffen würden. Unvernünftig viel Nähe zueinander haben würden. Das konnte Bayern nicht riskieren. Das konnte Bayerns Regierungschef nicht verantworten. Und so entschied Söder allein.

 

Eine gute und sinnvolle Entscheidung! Warum andere Bundesländer so zögerlich mit Ausgangsbeschränkungen umgegangen sind - oder immer noch umgehen ist nicht nachvollziehbar. Worauf haben die Kollegen von Söder denn gewartet? Auch andere Bundesländer sind Grenzländer.  In NRW gibt es immer noch die meisten Corona-Infizierten in Deutschland. Frankreich hat in der vergangenen Woche den Shutdown verhängt. Und Laschet? Der Ministerpräsident von NRW, Armin Laschet (CDU), macht lieber von sich reden, weil er Söder für seinen Handeln "ohne Absprache" verurteilt, als selbst zu handeln. Viel zu lasch!

Söder jetzt als egoistischen Macher hinzustellen, der sich lediglich als Kanzlerkandidat ins Spiel bringen will, ist unverständlich. Söder tut nicht so, besser zu sein, als "die in Berlin" - er ist es. Die Entscheidung Ausgangsbeschränkungen für ein Bundesland zu verhängen, ist Sache der Länder. Demnach ist Söder nichts vorzuwerfen. Er hat für "sein" Bundesland gehandelt. Und zwar souverän und richtig. Dabei ging es dem gebürtigen Franken nicht um sich als Person, sondern um die Menschen im Freistaat. In seinen Reden konnte der aufmerksame Zuschauer deutlich sehen, dass das Thema Gesundheit für Söder oberste Priorität hat. Zu oft hatte er im Vorfeld an die Vernunft der Menschen appelliert. Darum gebeten, Menschenansammlungen zu meiden. Vergebens.

Handeln war verdammt nochmal notwendig

Söder blieb keine Wahl als zu handeln. Seit dem Wochenende dürfen wir in Bayern also nur noch mit Leuten "verkehren", die sowieso im eigenen Hausstand leben, es sei denn, wir unterstützen Menschen, die Hilfe benötigen. Auf Bundesebene folgte am Sonntag (22. März 2020) eine "Kontaktsperre" wegen Corona. Treffen von mehr als zwei Menschen sind also fortan verboten. Dazu haben sich Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder nach vielen Diskussionen hinreisen lassen. In Bayern gelten weiterhin die verschärften Regelungen, die zwei Tage zuvor entschieden wurden. Und das ist auch gut so. Nicht weil es toll ist, Menschen zu entmündigen. Nicht weil es toll ist, sich nicht mehr frei bewegen zu dürfen. Nicht weil es toll ist, die meiste Zeit in der Bude zu hocken. Sondern weil es aktuell verdammt noch mal notwendig ist!

 

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Deutschland war sowieso schon sehr spät dran mit einer Reaktion auf die rasante Ausbreitung des Coronavirus. Andere Länder, wie das hart gebeutelte Italien, mahnten bereits eine Woche vor der Verhängung der Ausgangsbeschränkungen, dass wir nicht den gleichen Fehler machen sollten, wie sie. Dass sich jetzt andere Politiker des Landes so über Söders Initiative echauffieren, sie als "Machtspiele" oder "Schaulaufen" bezeichnen, ist dermaßen unangebracht und schadet am Ende nur ihnen selbst.

Natürlich kann Söder nicht wissen, ob und wie viel dieses Ausgangsbeschränkungen etwas bewirken - er hat die Weisheit nicht gepachtet. Bringen die drastischen Maßnahmen, die freilich krasse Einschnitte in das eigenen und freiheitliche Leben darstellen, tatsächlich etwas? Flacht die Kurve mit den Neuinfektionen dadurch endlich ab? Das wird sich zeigen. Wahrscheinlich erst in einigen Monaten. Die derzeitigen Einschnitte waren erst der Anfang. Doch ein sehr wichtiger Anfang. Wer will Söder nun also ernsthaft einen Vorwurf machen gehandelt zu haben? Ich nicht!

Eine ganz andere Meinung zu der Thematik hat mein Kollege Johannes Görz. Er nennt uns autoritätsbesoffen - und hält Söders Taktik für durchschaubar.

Dunja Neupert

Hinweis: Es handelt sich um einen Kommentar. Ein Kommentar spiegelt immer eine Einzelmeinung wieder, nicht notwendigerweise die Meinung der gesamten Redaktion.