Zeugnisse aus grausamen Zeiten

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Düstere Zeit: Den Umschlag des Buches ziert eine Fotomontage, die Marktbreiter Ansichten und den „Koloss“ von Francisco de Goya verbindet, Sinnbild für die Stimmung während des ...
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Geschichtsforschung: Martin Nicoly stellt sein neues Buch vor, in dem er die Tagebuchaufzeichnungen des Marktbreiter Pfarrers Wolfgang Ammon während des 30-Jährigen Kriegs aufgearbeitet hat.
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Der Kitzinger Martin Nicoly hat ein sensationelles Buch über Marktbreit im 30-Jährigen Krieg veröffentlicht. Grundlage sind Aufzeichnungen eines Vorfahren von Nicoly, dem Pfarrer Wolfgang Ammon, der damals in Marktbreit seine Zeit festhielt und oft Grausamkeiten und Schandtaten genau aufschrieb.

Der Kitzinger Martin Nicoly hat ein sensationelles Buch über Marktbreit im 30-Jährigen Krieg veröffentlicht. Thomas Meyer hat das Buch in seinem Druckereibetrieb in Marktbreit hergestellt und verlegt es. Grundlage sind Aufzeichnungen eines Vorfahren von Nicoly, dem Pfarrer Wolfgang Ammon, der damals in Marktbreit seine Zeit festhielt und oft Grausamkeiten und Schandtaten genau aufschrieb.

Zum Schluss musste auch Pfarrer Ammon sein Leben lassen – Soldaten der kaiserlichen Truppen fielen 1634 in die Stadt Marktbreit ein und schlugen ihn bei ihren Plünderungen Marktbreit halbtot. Von den Folgen konnte er sich nicht mehr erholen. Ein paar Tage später starb er in den Armen seines Sohnes an der Pest.

„Anno 1587 am 7. September erscheusst sich Hans Dorsch zu Brait. Er schreibt vorher klägliche und bedrohliche Worte auf den Tisch. Werden ihm die Schenkel abgehauen, ins Fass er gespundet und in den Main geworfen.“ Mit diesem Eintrag von 1587 zur üblichen „nachträglichen Bestrafung“ von Selbstmördern zur Abschreckung beginnt die Chronik des Pfarrer Wolfgang Ammon zu Marktbreit.

Ammons Leben in der ehemaligen Seinsheimischen Herrschaft zu Marktbreit stellt ein einmaliges Sprach-, und Zeitdokument aus Franken, insbesondere der Stadt Marktbreit dar. Zum besseren Verständnis übertrug Nicoly die Aufzeichnungen zusätzlich ins Hochdeutsche und versah den Text mit Erklärungen und Bildern.

Pfarrer Ammon beschreibt in seinen Aufzeichnungen immer wieder das schwere Leben der Menschen, die in schlimmen Zeiten am Rand des Abgrunds stehen mussten. Ein Leben zählte im 30-Jährigen Krieg nicht viel: Plündernde Soldaten metzelten die Bürger einfach nieder, aber auch die Pest, der weit verbreitete Suff und Meuchelmord forderten fast täglich Menschenopfer. Kein Krimi liest sich so schlimm und macht so nachdenklich wie das Tagebuch des Marktbreiter Pfarrers, der mit dem Tod leben und mit ihm fast täglich rechnen musste.

Hexenwahn, Pest und Mord

Hexenwahn, Hungersnöte, Mord und Plünderung, Himmelserscheinungen, Hinrichtungen, Verrohung und Pest sind nur einige Themen aus der Erlebniswelt des Wolfgang Ammon, die sich für weitere Nachforschungen geradezu anbieten.

Der Nachkomme Ammons und Herausgeber des Büchleins, Martin Nicoly aus Kitzingen, möchte die Aufzeichnungen mit dem neuen Buch allgemein zugänglich machen. „Vielleicht mögen einige Leser auch eigene Vorfahren in den Aufzeichnungen finden und an dieser Schatzfindung teilnehmen“, hofft er.

Es war wohl eine Fügung des Schicksals, dass Martin Nicoly im Jahr 2000 als Geschichtslehrer in die nähere Heimat seines Vorfahren Wolfgang Ammon – an die Fach- und Berufsoberschule Kitzingen – kam. Damals beschloss er, die in der Familie überlieferten Tagebuchaufzeichnungen mit ihrem Einblick in die grausame blutige Welt von damals zu veröffentlichen.

Das gebunden Büchlein mit 104 Seiten kann zum Preis von 8 Euro in Marktbreit bei Thomas Meyer in seiner Druckerei Schmidt & Meyer GmbH in der Bachgasse 1, oder direkt beim Autor Martin Nicoly, Bleichwasen 1, in Kitzingen bezogen werden.