Wirtschaftsexperte Bofinger stärkt der SPD den Rücken

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Wirtschaftsweiser Peter Bofinger (rechts) diskutierte mit den Delegierten beim Parteitag der Unterfranken-SPD in Marktbreit. Mit im Bild Bezirkschef Bernd Rützel.
Foto: Michael Czygan

Wohlstand und soziale Gerechtigkeit schließen sich nicht aus, sagt der Wirtschaftsweise Peter Bofinger. Beim SPD-Bezirskparteitag forderte er, mehr für Arbeitnehmer zu tun.

Am Vortag des Bundesparteitags brachten sich die 90 Delegierten der Unterfranken-SPD bei einem Bezirksparteitag in Marktbreit (Lkr. Kitzingen) in Wahlkampfstimmung. Prominenter Redner neben dem neuen bayerischen SPD-Generalsekretär Uli Grötsch war Peter Bofinger. Der Würzburger Wirtschaftsprofessor ermunterte die SPD zu einer aktiven, mutigen Wirtschaftspolitik. Ziel müsse „Wohlstand für alle“ sein. Soziale Gerechtigkeit und ökonomischer Erfolg schlössen sich nicht aus.

Bofinger (62) gehört seit 2004 dem Sachverständigenrat der Bundesregierung zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung an. Der dienstälteste der fünf sogenannten Wirtschaftsweisen gilt als gewerkschafts- und SPD-nah, ist aber kein Mitglied bei den Genossen. Viele seiner wirtschaftspolitischen Forderungen sind Teil des Programms von Martin Schulz.

„Mindestlohn und Rente mit 63 haben sich bewährt“

Der Professor machte deutlich, dass er mit vielen seiner Einschätzungen richtig lag, obwohl sie unter den Kollegen eine Minderheitenposition waren. So hätten die Einführung des Mindestlohns und der Rente mit 63 entgegen vieler Befürchtungen der ökonomischen Entwicklung nicht geschadet. Im Gegenteil. Die Wirtschaft habe zuletzt die „besten vier Jahre“ seit langem erlebt, die Beschäftigungsquote sei hoch wie nie.

Um den gesellschaftlichen Konsens für Globalisierung und offene Märkte zu erhalten, gelte es, die Arbeitnehmer gerechter am Wohlstand zu beteiligen, etwa durch eine Entlastung bei den Sozialabgaben. Die Hälfte der Beschäftigten habe über 20 Jahre hinweg keine Erhöhung ihres Reallohns erfahren, sagte Bofinger. Wenn sich das nicht ändere, drohten Europa und der Euro immer mehr in Zweifel gezogen zu werden. Die EU und die gemeinsame Währung seien aber die Basis des Wohlstands hierzulande.

Umso wichtiger sei es, dass die Politik die Prozesse in Europa selbstbewusst zu steuern und diese Aufgabe nicht den (Finanz-)Märkten überlässt. Nicht das Geld solle regieren. „Ein ungezügelter Kapitalismus wird sich am Ende nämlich selbst zerstören“, so Bofinger unter dem Beifall der Genossen. Insbesondere müsse etwas gegen den „unfairen Steuerwettbewerb“ in der EU unternommen werden. „Steuer-Dumping“ entziehe den Nationalstaaten ihre finanzielle Basis und damit auch die Möglichkeit, die Globalisierung sozialverträglich zu gestalten.

„Schwarze Null steht nicht für Kompetenz“

Für Europa und Deutschland fordert Bofinger, die günstige Wirtschaftslage zu nutzen und deutlich mehr in Infrastruktur, in Bildung und die Energiewende zu investieren. Sonst versündige man sich an kommenden Generationen. „Die schwarze Null steht nicht für Kompetenz in de Wirtschaftspolitik“, kritisierte der Professor die restriktive Politik von Finanzminister Wolfgang Schäuble. Es sei sinnvoll, wenigstens den im Rahmen der Schuldenbremse erlaubten Spielraum für die Kreditaufnahme – „zehn Milliarden Euro im Jahr“ – zu nutzen, um das Land zukunftsfähig zu machen.

Schulden in dieser Höhe würden dem Ziel, die Staatsverschuldung in Relation zur Wirtschaftsleistung abzubauen, nicht entgegenstehen.

Bernd Rützel und Sabine Dittmar, die unterfränkischen Spitzenkandidaten der SPD, dankten Bofinger für seine klaren Worte zur sozialen Gerechtigkeit, „auch für das Bekenntnis zu Europa“. Die Union habe dergleichen nicht zu bieten.