"Wildes Theater" auf der A3

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Die Sicherheit von vielen Menschen war dem 34-Jährigen egal. Im vergangenen Sommer ist er über die Autobahn geheizt. Nur zufällig sind keine Unfälle passiert. Verantworten muss er sich nun dennoch.

Ein 34-jähriger Familienvater hat sich im vergangenen Sommer über die A 3 gedrängelt - ohne Rücksicht auf die anderen Fahrer und auf seine beiden Kinder und seine Ehefrau, die mit ihm im Auto saßen. Nur durch Zufall ist an diesem Samstag kein Unfall passiert.

Es war viel los auf der Autobahn. Ferienzeit. Auch eine Familie aus dem Ruhrgebiet war am 11. August 2012 unterwegs auf der A 3. Sie war auf der Rückreise ihres Urlaubs. In Österreich hatte sie Ferien gemacht, bevor sie auf der A 3 zwischen Nürnberg und Würzburg Bekanntschaft mit dem Angeklagten machte.

"Plötzlich war neben uns ein dunkler Golf. Man rechnet nicht damit, dass jemand über den Standstreifen überholt", sagt die Mutter. Sie saß als Beifahrerin neben ihrem Mann. Ihre vier Kinder waren auf der Rücksitzbank. Die schwangere Frau sei sehr erschrocken, als der Angeklagte die Familie von rechts überholte.
"Auch die Kinder hatten richtig Angst."

Mit 100 Kilometer pro Stunde fuhr die Familie auf der rechten Spur im dichten Verkehr. "Was macht der denn da?", hörte der Familienvater, der am Steuer saß, noch von seinem ältesten Sohn. Der Angeklagte überholte sie über den Standstreifen und scherte kurz vor ihnen wieder ein. "Auf dem Standstreifen war auch noch ein defektes Auto abgestellt. Das war ganz schön knapp", sagt der Fahrer. Er musste ruckartig abbremsen, auf 70 Kilometer pro Stunde. "Hätten wir nicht rechtzeitig so stark gebremst, wären wir bestimmt in den Golf reingefahren", sagt die Beifahrerin.

Gedrängelt und nah aufgefahren

Auch ein 60-jähriger Geschäftsmann war an diesem Tag auf der A 3 unterwegs, auf dem Weg nach Frankfurt. "Das kann doch nicht wahr sein, dieser Verrückte!", dachte er sich, als er den schwarzen Golf zum ersten Mal gesehen hatte. Er fuhr dem Mann dicht auf und gab immer wieder Lichthupe. Zu seiner Frau, die neben ihm im Auto saß, sagte er noch: "Das muss der doch sehen, dass hier alles voll ist." Gekümmert hat ihn das aber nicht. "Als er dann noch eine dritte Spur aufgemacht hat, habe ich nur gedacht: Wenn es jetzt knallt, sind wir alle dran." Kurzerhand klemmte sich der Angeklagte zwischen die linke und rechte Spur. Ständig ist der Angeklagte hinter dem Mann "hin und her getänzelt" und hat "ein wildes Theater veranstaltet". Als der Geschäftsmann von der linken auf die rechte Spur wechseln wollte, um dem Angeklagten Platz zu machen, überholte dieser den 60-Jährigen und schnitt ihn nur knapp. Der Zeuge musste von 90 auf 20 Kilometer pro Stunde abbremsen. "Und dabei grinste der noch so unverschämt rüber."

Dunkle Augenringe liegen im Gesicht des Angeklagten. Mit verschränkten Armen sitzt er neben seinem Verteidiger. Er rümpft seine Nase, als die Zeugen ihn als Fahrer des Golfs erkennen. Eindringlich stiert er sie an und schüttelt den Kopf. Seine Augenbrauen hat der 34-Jährige zusammengedrückt. Die schwarzen Haare fallen ihm von seinem Mittelscheitel in die Stirn. Er sagt nicht viel. Nur, dass er gar nicht gefahren ist.

Polizei hat ihn geschnappt

"Wir wollten nur heil nach Hause kommen", sagt der Vater der sechsköpfigen Familie aus Gelsenkirchen. Er hat beobachtet, dass "der VW weiter hin und her überholt" und dann die Polizei benachrichtigt. "Nicht nur, weil wir uns persönlich gefährdet gefühlt haben, wir wollten das den anderen Autofahrern ersparen und haben uns gesorgt, dass doch noch etwas passiert."

Die Polizei konnte den Golf-Fahrer stoppen und benachrichtigte die Familie, um eine Aussage zu erhalten. Zufällig fuhr der Geschäftsmann zeitgleich auf den Rastplatz, wo sich die Polizisten mit den Zeugen und dem Angeklagten unterhielten. Er erkannte das Auto und den Fahrer sofort.

Angeklagter gibt alles zu

Nach der Vernehmung des dritten Zeugen wird der Mann auf der Anklagebank nervös. Er tuschelt mit seinem Verteidiger. Die Verhandlung wird unterbrochen. Der 34-Jährige knickt ein. Die Anklagepunkte seien alle richtig, ruft er dem Richter patzig zu. Aber die Strafe würde seine Kinder und seine Ehefrau mehr treffen als ihn selbst. "Das muss man sich überlegen, bevor man sich auf der Autobahn so verhält", sagt Richter Betz.

Nicht zum ersten Mal angeklagt

Im vergangenen Sommer hat sich der Angeklagte nicht zum ersten Mal daneben benommen. Seinen Führerschein war der Familienvater schon mehrfach los. Außerdem hat er noch Vorstrafen wegen Diebstahls, Beleidigung, unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln und Fahren ohne Fahrerlaubnis. Der Staatsanwalt prangert die Risikobereitschaft des Mannes an, die "zum Glück ohne Schaden endete". Die Strafe des Gerichts für den Mann "ohne Reue und Schuldeingeständnis": 80 Tagessätze je 45 Euro und ein Fahrverbot von insgesamt neun Monaten.