Widersprüche und Unmögliches

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Die Aussage eines verurteilten Betrügers brachte zwei Kraftfahrer vor Gericht. Aber in der Verhandlung kann ihnen der Missbrauch von Tankkarten nicht nachgewiesen werden.

Es kommt wahrscheinlich nicht so oft vor, dass ein aus der Gerichtsverhandlung bereits entlassener Zeuge noch einmal in den Sitzungssaal zurückgerufen wird. Einem 50-Jährigen erging es so, als es um Schuld oder Unschuld zweier des Tankkartenbetrugs angeklagter Männer ging. Der nach seiner abgeschlossenen Aussage aus dem Treppenhaus des Amtsgerichts zurückgeholte Mann war nämlich der Hauptbelastungszeuge, seine Worte hatten Gewicht.

Aus der Nase gezogen

Allerdings fielen diese recht vage aus und stimmten bei den beiden Befragungen nicht ganz überein. Der Zeuge berief sich darauf, dass das Ganze ja schon länger her sei. Dabei musste ihm jedes Wort aus der Nase gezogen werden.
Die beiden Angeklagten sollen angeblich die Komplizen des Mannes bei Betrugsfällen zwischen dem Frühjahr 2009 und dem Frühjahr 2010 gewesen sein. Sie sollen dabei einen Schaden von rund 9430 Euro angerichtet haben.
Der Zeuge S., der bereits wegen Tankkartenbetrugs in anderen, zahlreichen Fällen verurteilt worden ist und eine Haftstrafe abgesessen hat, sah in dem 39-jährigen Lkw-Fahrer K. und dem 53-jährigen Kraftfahrer H., die auf der Anklagebank saßen, seine Komplizen.

Gewinn halbiert oder gedrittelt

Mal will er alleine, mal zusammen mit H. oder nur mit K. oder in manchen Fällen mit H. und K. in einer Kitzinger Tankstelle Diesel in Fahrzeuge und Fässer abgezapft und den Kraftstoff weiterverkauft haben. Der Gewinn sei halbiert beziehungsweise durch drei geteilt worden.
Die Anklage für H. und K. lautete auf gewerbsmäßigen Computerbetrug durch Tankkarten in 25 Fällen und auf gewerbsmäßige Untreue. H. sagte gleich: "Das war ich nicht. Ich war damals im Fernverkehr tätig, also kann ich an den genannten Tagen nicht in Kitzingen gewesen sein." H. nahm an, die ganze Geschichte sei ein Racheakt von S., dem er noch Geld schulde. Anhand seines persönlichen Fahrtenbuches und etlicher Frachtbriefe konnte H. belegen, dass er zum Beispiel in Hamburg oder Bremen war, während in Kitzingen jemand unrechtmäßig die Tankstelle anzapfte. Fall für Fall wurde durchgegangen, die beiden Pflichtverteidiger wollten das so und das Schöffengericht sowie die Staatsanwältin hatten nichts dagegen.
Während der zweistündigen Beweisaufnahme wurden die Angeklagten mehr und mehr entlastet. Es stellte sich heraus, dass sich H. und K. zu Beginn der Betrugsserie noch gar nicht kannten. Außerdem konnte nicht mehr festgestellt werden, welche verschiedenen Fahrzeuge und Behälter befüllt wurden: Ein Lkw, ein Bus, ein Opel-Transporter, Regentonnen oder Fässer?

Völlig anderer Zeitraum

Ein Beamter der Kriminalpolizei in Würzburg erzählte bei seiner Zeugenaussage von seinen Ermittlungen in einer großen Sache des Tankbetrugs an Tankstellen in Kitzingen und Ochsenfurt. Diese Aussage bezog sich allerdings auf einen Zeitraum, der ein Jahr später war als der Zeitraum der H. und K. zur Last gelegten Fälle.
Wie die geschädigte Transportfirma aus dem Landkreis Kitzingen darauf kam, dass mit dem Benutzen der Tankkarten etwas nicht stimmt, berichtete ein weiterer Polizeibeamter. Es seien Tankkarten in Bulgarien eingesetzt worden. Dabei fahre die Firma gar nicht nach Bulgarien. Auch dies entlastete H. und K.
Vor das Gericht waren H. und K. geraten, weil eine einzige Person sie belastet hat: der damals inhaftierte Zeuge S. Die Verteidigerin regte sich darüber auf: "Es gibt ja nur die Behauptung von S., die Anklage stützt sich darauf. Ist das jemals überprüft worden?"
Nachdem der Verteidiger von K. genug gehört hatte, beantragte er die Einstellung des Verfahrens. Weil ein bestimmter Punkt strittig war, wurde der Zeuge S. noch einmal in den Sitzungssaal gerufen, nachdem er bereits unvereidigt entlassen worden war. Danach beantragte der Verteidiger erneut eine Einstellung des Verfahrens. Diese wurde schließlich vom Gericht unter Zustimmung der Staatsanwältin gewährt. K. muss als Auflage 600 Euro an den Tierschutzverein zahlen.
Auch H. und seine Verteidigerin rangen sich zu einer Verfahrenseinstellung durch, nachdem sie eigentlich einen Freispruch wollten. H. muss nun 1800 Euro an den Kreisjugendring Kitzingen zahlen. Danach kann er wie auch K. strafrechtlich nicht mehr verfolgt werden. "Ach, du meine Fresse", sagte H., als er von der Höhe der Auflage erfuhr, "ich hab' doch gar nichts getan."