Sie haben den Bogen raus

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Johannes Hiebl (Violine), Anna-Maria Kornberger (Klavier und Komposition) und Hermann Seidl (Dirigent und Komponist) erwecken Notenzeichen zum Leben. Foto: Diana Fuchs
Johannes Hiebl (Violine), Anna-Maria Kornberger (Klavier und Komposition) und Hermann Seidl (Dirigent und Komponist) erwecken Notenzeichen zum Leben. Foto: Diana Fuchs
 
 
 
In der Alten Synagoge zog das Kammerorchester alle Zuhörer in seinen Bann. Foto: Anke Schunk
In der Alten Synagoge zog das Kammerorchester alle Zuhörer in seinen Bann.  Foto: Anke Schunk
 

Dem Kitzinger Kammerorchester schlägt kurz vor seinem zehnten Geburtstag eine Welle der Sympathie entgegen.

Landkreis Kitzingen — Musik? Musik war in der Familie vor allem als gesellschaftliches Standessymbol gefragt. "Mit zehn Jahren musste ich Klavier lernen", erzählt Hermann Seidl. Er grinst: "Und das ist dann ausgeartet."
Heute ist Seidl, der lange Jahre im Armin-Knab-Gymnasium (AKG) Musik unterrichtet hat, ein gefragter Komponist und Dirigent - obwohl der Vater, der ihn einst zum Klavierunterricht trieb, diese Entwicklung überhaupt nicht im Sinn hatte. Ihm zuliebe hat Hermann Seidl dann auch erst mal zwei Semester Mathe studiert, ehe er doch seinem Herzen folgte - zur Musik. Als das Schulorchester des AKG, bedingt durch das G8, starb, gründete Seidl 2004 das Kitzinger Kammerorchester. Seither dirigiert er die bis zu 30 Musiker starke Gruppe und komponiert auch Stücke für sie.

"Nichts macht mehr Freude, als Töne und Klänge selbst zu erschaffen", findet auch Anna-Maria Kornberger.
Die 27-Jährige hat kürzlich die Uraufführung ihrer "Impressionen" für Streichorchester und Querflöten erlebt, die Seidl dirigierte. "Es war gigantisch!"

Und gigantisch ist auch, dass mit Johannes Hiebl ein gerade mal 13 Jahre junger Kitzinger heuer einer der Solisten des Kammerorchesters ist.



Das Wort "Kammerorchester" klingt so gediegen und viel schwerer als Sinfonieorchester - obwohl es ja nur dessen kleinere Version ist. Schreckt einen jungen Menschen der Begriff anfangs nicht ab?
Johannes Hiebl: Nein, mich nicht, weil der Papa schon lange im Kammerorchester spielt und ich ihn immer beneidet hab', wenn er übers Wochenende zum Proben weggefahren ist. Privat hör' ich natürlich nicht bloß Klassik, sondern vor allem Rock und Pop. Aber ich hab' mich sehr gefreut, als Hermann Seidl mich gefragt hat, ob ich im Orchester mitspielen will.

Man wird also gefragt - quasi ins Orchester berufen?
Hermann Seidl: Ja, oft läuft es so. Es gibt aber auch Menschen, die sich bewerben. Sie spielen dann vor und werden genommen oder auch abgelehnt. Ein gewisses Niveau müssen alle Mitglieder einfach haben.

Was ist so faszinierend an der Kammermusik?
Anna-Maria Kornberger: Ich musiziere einfach gern mit anderen zusammen. Es macht Spaß, gemeinsam Werke zu erarbeiten - gerade, weil ich mein Hauptinstrument Klavier naturgemäß oft allein spiele. Heuer fand ich das Thema "Filmmusik" toll.
Johannes Hiebl: Ganz ehrlich: Die Leute sind lustig, es macht einfach Spaß! Im Konzert ist es ein tolles Gefühl, wenn man merkt: Den Leuten gefällt's.
Hermann Seidl: Ich mag die Bandbreite unseres Orchesters - von Rock bis Barock, von Mozart bis Moderne.

Apropos Bandbreite: Das Kitzinger Kammerorchester besteht aus Profis und talentierten Laien zwischen 15 und 75 Jahren. Kommt es bei dem enormen Altersunterschied nicht zu Spannungen und Meinungsverschiedenheiten?

Anna-Maria Kornberger: Nein, die Altersspanne bereichert eher. Dadurch, dass der Musikgeschmack verschieden ist, kriegen wir viel Abwechslung rein.
Johannes Hiebl: In der Musik ist das Alter relativ egal. Außerdem profitieren wir Jungen von der Erfahrung der Älteren - sei es beim Kartenspiel am Abend oder dass man sich musikalisch was abschaut.
Hermann Seidl: Und die älteren strahlen halt auch die nötige Ruhe aus, die man zum Beispiel beim Konzert braucht. Die färbt auf die Jungen ab.

Nächstes Jahr wird das Kammerochester zehn Jahre alt. Was wünschen Sie ihm für die Zukunft?
Alle drei: Dass es noch lange besteht!
Hermann Seidl: Dass der Nachwuchs nicht ausbleibt und Jungmusiker aus Stadt und Kreis Kitzingen zu uns finden.
Anna-Maria Kornberger: Dass die Stimmung und die Atmosphäre so gut bleiben.


INFO:

Viele Musiktalente in einem Orchester

Kammerochester:
Im Prinzip ist ein Kammerorchester der kleine Bruder des groß besetzten Sinfonieorchesters. Das Kammerorchester Kitzingen hat Hermann Seidl 2004 ins Leben gerufen. Es spielt seitdem regelmäßig drei- bis viermal pro Jahr. Das Orchester übt projektbezogen. Die Musiker sind bunt gemischt, es spielen sehr gute Schüler, Liebhaber, Musikstudenten und professionelle Musiker zwischen 15 und 75 Jahren zusammen.

Hermann Seidl: Jahrgang 1958, hat Schulmusik studiert und viele Jahre lang im Kitzinger Gymnasium unterrichtet. Als Dirigent und Komponist hat er sich längst einen Namen gemacht: Seidl hat Kammermusik, Orchester- und Chorwerke geschrieben - für traditionelle Besetzungen, Elektronik, Jazz und Rock sowie Werke für experimentelles Musiktheater.

Anna-Maria Kornberger: Schon als Sechsjährige begann die Kitzingerin, Jahrgang 1986, Klavier zu spielen, später auch Querflöte. Nach dem Abitur studierte sie Schulmusik für Realschule. Mit "Impressionen" hat sie heuer ihr erstes großes Orchesterwerk komponiert und bei der Aufführung durchs Kitzinger Kammerorchester viel Applaus bekommen.

Johannes Hiebl: Der 13-jährige Kitzinger stammt aus einer sehr musikalischen Familie und gehört schon seit 2010 zum Kammerorchester. Seinen ersten Geigenunterriecht erhielt er mit sechs Jahren, seit 2009 wird er bereits als Jungstudent an der Hochschule für Musik in Würzburg unterrichtet. Er hat schon mehrere Musikpreise gewonnen.

Info: Infos über das Kammerorchester gibt es im Internet unter www.hermannseidl.de oder per Mail: hermannseidl@web.de