17000 Liter Blut soll das Herz pro Tag durch den Menschen pumpen. Manchmal klappt das nicht.
Starkes Leben mit schwachem Herzen? Das geht. Klaus Krüger ist das beste Beispiel dafür.
In Kitzingen ist der 66-Jährige als ehrenamtlicher Hafenmeister bekannt. Die Gäste, die per Schiff nach Kitzingen kommen, sind begeistert davon, dass ein echter Kapitän sie zünftig begrüßt. Keiner von ihnen merkt, dass Krüger seit zehn Jahren in Behandlung beim Kitzinger Chefarzt Dr. Wolfgang Karmann ist - wegen einer Herzschwäche.
Angesichts der laufenden "Herzwoche" und des Arzt-Patienten-Seminars am Samstag erzählt Kapitän Krüger, wie er trotz seiner Krankheit gut lebt. Und dass es tödlich sein kann, Anzeichen zu ignorieren und in Angst zu erstarren.
Herzinsuffizienz kann jeden treffen. Dr. Karmann hat als Kardiologe und Internist viel Erfahrung mit dem Krankheitsbild - sowohl mit der chronischen als auch mit der akuten Herzschwäche.
Er kennt die Indizien: "Atemnot, Leistungsschwäche und Flüssigkeitseinlagerungen in den Beinen oder Knöcheln."
Klaus Krüger nickt. Alle drei Warnzeichen haben ihn vor zehn Jahren erst zum Hausarzt und dann zum Spezialisten Karmann geführt. Diagnose: schwache linke Herzkammer, Vorhofflimmern, Herzklappenerkrankung, Rhythmusstörung, reduzierte Herzmuskelleistung. Nicht nur das Herz selbst, auch andere Organe - vom Gehirn bis zu den Muskeln - waren nicht optimal durchblutet und daher unterdurchschnittlich mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt.
"Erst war es schon ein Schock", erinnert Krüger sich. "Aber Dr. Karmann hat genau den richtigen Ton getroffen - medizinisch und menschlich." Er habe alles ehrlich und verständlich erklärt, es sei eine echte Vertrauensbasis entstanden.
"Und ich habe gelernt, mich auf die Krankheit einzustellen und sie zu steuern."
Gute Einstellung "Genau das ist wichtig", bekräftigt der Arzt. "Die Herzinsuffizienz wird den Patienten sein Leben lang beeinflussen. Deshalb gilt es, eine gute Einstellung dazu zu finden und zu wissen, was man tun kann, um massive Beeinträchtigungen zu vermeiden."
Bei Klaus Krüger war einiges zu tun. Er brauchte Medikamente - sechs, sieben Tabletten muss er täglich nehmen - und eine salzarme Ernährung, damit weniger Wasser im Körper gebunden wird. Im Sommer 2012 ließ er sich auf Dr. Karmanns Rat hin einen Defibrillator einsetzen. Das ist ein kleines, in den Brustkorb implantiertes Gerät, das dem Herzen einen Stromstoß gibt, falls es tatsächlich einmal zu lange aussetzt.
"Einmal ist das schon passiert", berichtet Klaus Krüger.
Er lächelt, aber in seinen grünbraunen Augen spiegelt sich die ernste Bedrohung, die er erlebte. Im Alltag spürt der Kapitän seinen treuen Begleiter nicht, aber er weiß: Im Fall der Fälle kann der "Defi" ihm das Leben retten.
Doch der leidenschaftliche Seemann tut selbst auch viel, um trotz seiner Erkrankung fit und aktiv zu bleiben. Zum Beispiel nimmt er pro Tag maximal zwei Liter Flüssigkeit zu sich und wiegt sich konsequent jeden Morgen - würde er mehr als zwei Kilo in drei Tagen zulegen, müsste er sofort zum Arzt, dann hätte er nämlich kritisch viel "Wasser". Außerdem bewegt Krüger sich viel an der frischen Luft und stärkt dadurch seinen ganzen Kreislauf.
"Die Mitarbeit des Patienten ist das Entscheidende", weiß Dr. Karmann.
Statt schicksalsergeben in den Couchkissen zu versinken, müsse der Mensch das Ruder in die Hand nehmen: "Je länger man aktiv ist, desto seltener sieht man das Krankenhaus."
Karmann weiß: "Das ist nicht nur eine Krankheit des Herzens, sondern des ganzen Körpers." Ein schwaches Herz kann tonnenschwer auf der Seele liegen. "Zum Glück habe ich eine tolle Frau, meine beiden Kinder, Enkel und viele gute Freunde und Bekannte. Wenn ich schlecht drauf oder deprimiert war, haben sie mich immer aufgefangen", erzählt Klaus Krüger.
"Man kann sich dran gewöhnen" Insgesamt stellt der 66-Jährige nach zehn Jahren Erfahrung mit der Herzinsuffizienz fest: "Meine Lebensqualität ist ganz passabel. Man muss gewisse Abstriche machen, aber man kann sich dran gewöhnen."
Dr. Wolfgang Karmann nickt und lächelt zufrieden.
Am Samstag wird er allen Interessierten erklären, wie man auch mit schwachem Herzen ein starkes Leben führen kann.
INFO:
Beherzt leben
Herzwochen: Unter dem Motto "Das schwache Herz" veranstaltet die Deutsche Herzstiftung bis 30. November bundesweite Herzwochen (www. herzstiftung.de/herzwochen).
Arzt-Patienten-Seminar: Die Klinik Kitzinger Land informiert am Samstag, 16. November, von 9 bis 12.15 Uhr in der Alten Synagoge Kitzingen über die Herzschwäche (Herzinsuffizienz), ihre Ursachen und die diagnostischen, operativen sowie therapeutischen Möglichkeiten. Die Wirkung der Medikamente wird ebenfalls beleuchtet.
Referenten: Der Kitzinger Chefarzt und Kardiologe Dr. Wolfgang Karmann, der stellvertretende Klinikdirekter der Universitätsklinik Würzburg, Prof.
Stefan Frantz, der geschäftsführende Oberarzt der Thoraxchirurgie, Prof. Ivan Aleksic, und Stefanie Held, Oberärztin der Klinik Kitzinger Land, klären alle Fragen - von den Ursachen der Krankheit bis hin zur Verwendung eines Herzkatheders oder sogar zur Herztransplantation.
Kosten: Der Eintritt ist frei.
Patienten: In der Klinik Kitzinger Land werden im stationären Bereich jährlich etwa 500 Patienten mit Herzschwäche behandelt, ambulant etwa 200. Es stehen sämtliche Therapiemöglichkeiten inklusive der komplexen modernen Herzschrittmacher- und Defi-Systeme zur Verfügung.
ldk