Als sich die Helfer der Kitzinger Tafel entschlossen, den Betrieb wegen Corona vorübergehend einzustellen, zog das heftige Reaktionen nach sich. Der Tafel-Chef kontert.
Manfred Seigner hat sich im Laufe der Jahre an so einiges gewöhnt: Etwa daran, wie selbstverständlich oft ehrenamtliche Arbeit genommen wird. Oder wie freiwillige Leistungen geradezu eingefordert werden. Wie wenig sich die Politik manchmal kümmert. Oder wie es ist, wenn man über Jahre vergeblich einen passenden Laden für die Tafel sucht und am Ende froh sein muss, im Keller des städtischen Bauhofs zu landen.
Aktuell sieht sich der Chef der Kitzinger Tafel sogar Anfeindungen ausgesetzt: Dass er kürzlich wegen Corona aus Sicherheitsgründen die Tafel vorübergehend stillgelegt hat, brachte ihm jede Menge Unverständnis und sogar Anfeindungen ein. Unangenehme Telefonate waren das teilweise, über die der Kitzinger nur den Kopf schütteln kann: "Entweder verstehen manche Leute den Ernst der Lage nicht oder sie wollen sich profilieren."
Alternativen abgewogen
Zuletzt musste sich Seigner dann auch noch Belehrungen anhören. Seinen Hinweis, die Tafel nicht zuletzt zum Schutz seiner überwiegend älteren Helfer – Stichwort: Risikogruppe – ruhen zu lassen, wurde prompt mit dem Hinweis gekontert, er möge doch junge Leute bei der Ausgabe der Lebensmittel ranlassen.
Solche "Schüsse aus der Hüfte" machen den Tafel-Chef fast schon wütend. Schon deshalb, weil er längst alle Alternativen abgewogen hat. Nur: Die Tafel ist längst ein komplexes Gebilde geworden, eine logistische Herausforderung. Das mal eben eine Handvoll junge Leute machen zu lassen – so einfach ist das nun einmal nicht.
Seigner versucht trotz allem einigermaßen gelassen mit der Situation umzugehen. Seit der Gründung 2003 habe die Tafel "schon viele Tiefs und Hochs" durchlaufen. Trotzdem sieht er sich und sein 45-köpfiges Helferteam derzeit in einer Rechtfertigungsposition, weshalb er viel Wert auf diesen Hinweis legt: "Keinem liegen unsere Kunden so am Herzen wie uns selbst!"
Seigners dringende Bitte
Dass dies mitunter in Abrede gestellt und betont werden muss, zeigt letztlich, was die Angriffe bei den Helfern angerichtet haben. Für sich spricht auch die Bitte, die Seigner zum Schluss äußert: Nach dem Ende der Krise würde er sich dringend wünschen, "dass das gleiche Interesse, der Tafel und ihren Kunden zu helfen, weiter Bestand hat."
Immerhin gibt es auch Lichtblicke: Für Tafel-Kunden gibt es neuerdings als Überbrückung eine Aktion des Stadtmarketingvereins: Bedürftige konnten sich jüngst am "Sozialen Zaun" auf dem Gelände der Feuerwehr Kitzingen, Landwehrstraße 21, eine vorgepackte Gemüsekiste abholen. Ob die Aktion wiederholt wird, wird noch bekannt gegeben.
Jeder, der Kritik äussert, soll sich natürlich erst mal selbst als Helfer bereitstellen oder aber das Maul halten. Eine "Anspruchshaltung" als Bedürftiger ist hier genauso daneben wie schulmeisterliche Kritik unbeteiligter Dritter.