Wenn's richtig knallt

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Bei den Schaukämpfen am Samstag wird echte Action geboten. „Es geht aber vor allem um den Spaß“, sagt Tobias Molz (rechts).
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Die Wikinger kommen nach Volkach! Wenn wir noch im Frühmittelalter lebten, wäre das gewiss keine gute Nachricht. Um die Nordmänner ranken sich Geschichten von brutalen Kriegern, von Plünderungen und Brandschatzungen. Auf etlichen Raubzügen zogen sie durch Europa, fielen im Rheinland ein, in Frankreich und England.

Und auch mit uns Franken gab es kriegerische Auseinandersetzungen. „Aber weiter nördlich“, sagt Tobias Molz, „Oberwikinger“ und Organisator des Wikingerdorfs in Volkach an diesem Wochenende. Der moderne Wikinger ist der Einladung des Volkachers Gert Weichsel gefolgt – schon zum vierten mal nach 2011, 2012 und 2014.

„Ich wollte schon lange ein Fest in Volkach organisieren“, erzählt Weichsel. Bei einem Besuch in Leipzig habe er erlebt, wie so ein Wikingerfest aussieht. Und war gleich Feuer und Flamme. Seine Begeisterung hat bis heute nicht nachgelassen: „Ich freu mich richtig auf dieses Wochenende. Da kommt bei mir das Kind im Manne hoch.“

„Es gab zu jener Zeit wohl kein weltoffeneres Volk“
Tobias Molz Organisator des Wikingerdorfes

Es gibt mittelalterliche Musik, Schausteller und Händler. Das Kernstück des „Wikinger-Spektakels“ sind jedoch die Nordmänner selbst. Auch wenn sie gar nicht alle aus dem Norden kommen: Die rund hundert Darsteller kommen aus ganz Deutschland. Nur ein Bruchteil der Szene: „Es gibt in Deutschland vielleicht 1000 bis 2000 Wikingerdarsteller, die das auf wirklich hohem Niveau machen können“, schätzt Molz. Die Szene sei aber eine europäische. So wie auch die Wikinger selbst: „Es gab zu jener Zeit wohl kein weltoffeneres Volk als die Wikinger“, meint Molz. Die gerne instrumentalisierte „reine nordische Kultur“ sei ein Mythos. Die Wikinger besuchten weite Teile der damals bekannten Welt – bis hin nach Konstantinopel (heute Istanbul) und Vorderasien.

Sehr wahrscheinlich waren sie auch in Amerika – lange vor Christopher Kolumbus.

Und so nimmt es nicht wunder, dass die kriegerische Seite der Wikinger in Volkach nicht im Zentrum steht. Trotzdem wird es am Samstag auch Schaukämpfe geben. Obwohl Molz den Begriff „Schaukampf“ nicht so sehr mag. „Eigentlich ist das ein richtiger Sport, wie Fechten“, erklärt er. Es gibt Trefferzonen und feste Regeln, die Kämpfer trainieren oft mehrmals die Woche. Am Samstag gehe es aber eher um den Spaß: „Da wird es auch mal richtig knallen“, versichert der Oberwikinger.

Die Wikinger waren aber auch hervorragende Handwerker. „Ihre Schiffe waren die besten Einmaster, die man überhaupt bauen kann“, sagt Molz und wirkt fast ein bisschen stolz. Und auch in der Metall- und Holzverarbeitung seien sie echte Meister gewesen. „Wenn man das Haus eines Wikingers im Jahre 1000 mit dem eines Sachsens vergleicht...“, Molz schüttelt mitleidig den Kopf. „Die Wikinger waren wirklich sehr kunstfertig.“

Ein bisschen dieser Kunst gibt es vom 2. bis zum 4. September in Volkach zu bestaunen. „Wir haben einen Schmied, einen Silberschmied, einen Färber und noch viele andere“, erzählt Molz. Er selbst ist ausgebildeter Tischler, stellt seit ein paar Jahren Alltagsgegenstände auf original frühmittelalterliche Art her. „Meine Werkzeuge habe ich mir nach originalen Vorlagen von einem Schmied machen lassen“, erzählt der Oberwikinger. Dessen Zelt steht am Wochenende zufällig genau neben seinem.

Die Gegenstände kann man kaufen. Vor allem aber können sich die Gäste über die Geschichte informieren lassen. „Wir tun nicht nur so“, versichert Molz. Bei jedem Darsteller stecke eine gute Ausbildung und umfangreiches geschichtliches Wissen dahinter. „Wir freuen uns, wenn uns die Leute etwas fragen.“

Das gilt besonders für die Kinder. Für sie gibt es in Volkach extra einen eigenen Bereich, wo sie selbst Hand anlegen dürfen. Zinn gießen, Trinkhörner schleifen, Schnitzkurse und vieles mehr. Geschichte zum Anfassen eben.

Das hebt Tobias Molz hervor: „Viele von uns sind regelmäßig in Freilichtmuseen oder machen experimentelle Archäologie.“ „Reenactment“ heißt das englische Wort dafür: Der Versuch, eine vergangene Epoche möglichst detailgetreu wieder aufstehen zu lassen. „Wir sind hier ein bisschen wie ein mobiles Museum.“ Nur eben mit Musik, Essen und Bier.

Apropos Bier: „Das darf man zwar gar nicht so laut sagen, aber Bier haben die Wikinger eigentlich nicht getrunken“, erzählt Molz. Immerhin: Wein gab es, wenn auch eher selten.

Nach dem Sonntag ziehen die Wikinger dann wieder ab. Der örtliche Organisator Gert Weichsel hofft, dass das Fest dann wieder so viel Anklang gefunden hat, wie beim letzten Mal – und vor allem, dass bis dahin das Wetter hält. „Aber das sieht gut aus.“

Zu hoffen bleibt auch, dass die modernen Wikinger von heute bessere Manieren haben, als ihre Vorfahren: Einer von ihnen hatte vor knapp einem Jahrtausend in ein Marmorgeländer in der Hagia Sophia in Istanbul geritzt: „Halvdan war hier.“ „Wie die Leute, die heute mit einem Stift in die Toiletten auf der Kirchweih schreiben“, lacht Molz.

Termine

Eröffnung des historischen Wikingerdorfes: Freitag, 2.9.: 14 Uhr (Schnuppertag)

Historisches Wikingerdorf: Freitag: 14-20 Uhr, Samstag und Sonntag: 11 bis 20 Uhr

Markttreiben: Freitag: 14-22 Uhr, Samstag und Sonntag: 11 bis 22 Uhr

Wikingerkinderdorf: Freitag: 14-18 Uhr, Samstag und Sonntag: 11 bis 18 Uhr.

Eintritt: 3 bis 6 Euro, Kinder unter 1,10 Meter frei.