Haben Sie nie in Erwägung gezogen, einen „normalen“ Beruf zu ergreifen?
Ich habe einen „normalen Beruf“ gelernt! Ich bin Schriftsetzer. Parallel zur Ausbildung habe ich aber Zauberkunst in Ulm studiert. Das war ein Wochenend-Studiengang an der magischen Akademie Ulm. Zur Kunst, zur Bühne hat es mich schon immer gezogen. Die Schauspielschule war zu teuer, also habe ich mich nach anderen kreativen Berufen umgeguckt. Meinen ersten Zauberkurs habe ich übrigens von meinem Konfirmationsgeld bezahlt.
Sie wollten also schon als Kind andere Menschen zum Staunen bringen.
Ja. Ich wollte schon immer, dass Menschen ihren Alltag vergessen, dass sie staunen, lachen, träumen, Spaß haben. Staunen und Lachen sind die ehrlichsten Emotionen und das Schönste, was man bekommen kann. Wenn die Energie der Leute zu einem zurückfließt – das ist toll. Allerdings hat es Jahre gedauert, bis ich mich selbstständig gemacht habe. Nach der Schule habe ich erst mal Zivildienst beim Arbeitersamariterbund gemacht und bin dort hängen geblieben. Bis 2006. Seitdem bin ich freischaffender Künstler.
Haben Sie den Schritt in die Selbstständigkeit je bereut?
Nein, bereut habe ich das nicht, auch wenn ich meinen Zauberladen „Zauberwelt“, der sich immer mehr zum Theater entwickelte, 2013 nicht gerne geschlossen habe. Aber zumindest kann ich mich seitdem völlig auf die Bühnenarbeit konzentrieren und auch oft unterwegs sein, was ich sehr schätze. Ich mag dieses offene, freie Leben und dass man den Menschen viele schöne Momente schenken kann. Auf Schiffen verdient man zwar nicht so viel wie an Land, aber man lernt andere Menschen, Kulturen und Landschaften kennen. Ich finde das sehr bereichernd. Auf dem Meer arbeitet man sehr nah am Publikum und auch tagsüber bleiben Kontakte nicht aus.
Unterschieden die Leute zwischen Geuss und Marcelini?
Nein. Viele rufen mir zum Beispiel nach: „Hey, wo ist der Hund?“. Aber mir macht das nichts aus.
Mit über 25 Jahren Bühnenerfahrung: Ist das Publikum heute anders, vielleicht anspruchsvoller als früher?
Das Publikum unterscheidet sich von Landstrich zu Landstrich und je nach Alter.Jüngere sind eher Comedy-lastig, Ältere mögen eher Varieté und schätzen auch ruhigere Töne. Es gibt Veranstaltungen, da muss man Hau-drauf-Witze machen, um die Leute aus der Reserve zu locken. Immer öfter aber sind leisere, feinere Töne gefragt, wie bei meinem neuen Programm Friede-Freude-Hundekuchen. Dabei kann die ganze Familie Spaß haben und besonders Hundebesitzer sind oft auch sehr gerührt.
Haben Sie sich je dabei ertappt, tatsächlich mit Ihren Puppen zu sprechen?
Nicht wirklich. Der Witz ist, erst wenn man auf der Bühne steht, bekommen die Puppen ein wahres Eigenleben. Oskar haut Sachen raus, die ich selbst gar nicht immer kontrollieren kann. Das klingt vielleicht ein bisschen schizophren, aber es ist wohl das Sprachrohr des Kindes in mir. Wenn wir alleine sind, dann sind meine Puppen allerdings ruhig.
Haben Sie nie Angst, dass Ihnen irgendwann mal nichts Neues mehr einfällt?
Nö, eigentlich nicht. Ich erlebe ja viel und daraus entstehen mehr Ideen, als ich umsetzen kann – schließlich sind da auch finanzielle Grenzen gesetzt. Auf der Bühne zu stehen, ist wie eine Droge. Zaubermeister Dondo Burghardo hat mal gesagt, den „Bazillus magicus“ kriegt man nie wieder los.
Info: Marcus Geuss, 43, lebt mit seinem Partner und zwei (echten) Hunden in Coburg, wo auch Freunde und Familie wohnen. Live erleben kann man ihn am Samstag, 14. April, mit der Dinnershow „Hundeleben“ im Brunnenhof in Oberschwarzach-Handthal (Kartenreservierung: Tel. 09382/ 99828), am 25. April in der Schweinfurter Kulturwerkstatt Disharmonie und am 26. April in der Würzburger Bürgerbräu. Nähere Infos: www.marcelini.de