Immer schneller kommen auf die Winzer in Franken immer neue Herausforderungen zu
Die Zeiten ändern sich. Immer schneller dreht sich das Rad. Das merken auch die Winzer. Sie müssen sich dem veränderten Verbraucherverhalten und den wandelnden klimatischen Bedingungen anpassen. Kein leichtes Unterfangen.
„Dem Winzer geht es wie dem Schachspieler“, sagt Hermann Mengler, Fachberater Kellerwirtschaft und Kellertechnik im Bezirk Unterfranken. „Er muss immer zwei bis drei Züge vorausdenken.“ Das Problem dabei: Der „Gegner“ ist nicht immer leicht auszurechnen.
Mengler kann sich noch gut an Sprüche aus der Vergangenheit a la „Alt muss der Wein sein, jung das Mädchen“ erinnern. Der Toast Hawaii wurde zum Inbegriff der haute cuisine. „Die Menschen wollten damals die Entbehrungen der Kriegszeit nachholen“, erinnert Mengler. Für die Weinstilistik hieß das: Opulent, voluminös und süß mussten die Weine schmecken. In Menglers Worten: „Von allem zu viel.“
Der Weinskandal Mitte der 80er Jahre brachte eine Wende. Plötzlich waren trockene Weine en vogue. Aber immer noch wurde jede Beere am Rebstock mitgenommen. Freiwillige Ertragsreduzierung? Vor 30 Jahren undenkbar. Heute Normalität.
Anfang der 90er Jahre erfolgte ein grundlegender Umschwung. Die Winzervereinigung „frank und frei“ gründete sich, deren Mitglieder reagierten auf die neuen Anforderungen der Verbraucher: Frisch und fruchtig sollten die Weine schmecken. „Mit einer gewissen Säure“, wie Georg Bätz, Leiter des Instituts Weinbau und Oenologie an der LWG sagt. Der Müller-Thurgau wurde zum Geschmacksträger dieser Zeit – und entsprechend häufig angepflanzt. Teilweise bedeckte er mehr als 40 Prozent der fränkischen Anbaufläche.
Seither dreht sich das Rad immer schneller. Und die Winzer müssen ganz unterschiedliche Entwicklungen in ihre Strategien mit einbeziehen: Veränderte Ernährungsgewohnheiten, veränderte Lebensstile, gesellschaftliche Umwälzungen und nicht zuletzt der Klimawandel sind die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft. „Da ist wahnsinnig viel Bewegung drin“, sagt Hermann Mengler. Dauerte ein Zyklus früher 15 bis 20 Jahre, verändern sich die Ansprüche und Wünsche der Verbraucher jetzt alle fünf bis zehn Jahre.
„Frühreife Sorten wird es nicht mehr lange geben.“
Hermann Mengler Fachberater Bezirk Unterfranken
„Wein wird heutzutage anlassbezogen getrunken“, sagt Bähr. Will heißen: Zu einem guten Essen gibt es einen hochwertigen Wein, beim Weinfest werden viel Rosé oder Rotling ausgeschenkt. Weine mit 13 oder mehr Volumenprozent Alkohol sind allgemein kaum mehr gefragt. „Der Trend geht Richtung Alkoholreduktion“, sagt Bätz. Was für den Winzer Mehrarbeit bedeutet: Die längeren und intensiveren Sonneneinstrahlungen sind gleich bedeutende mit höheren Mostgewichten. Also heißt es jetzt: Schon im Anbau Vorsorge treffen, damit die Trauben nicht zu viel Sonne abbekommen.