Über Frauen, Geld und Rumgefuchtel

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Gehaltserhöhung? Anna-Daniela Pickel weiß, wie man – und frau – sich am besten auf die Verhandlungen mit dem Chef vorbereitet.
Foto: Diana Fuchs
Stefani Kunkel hat sich mit weiblichen und männlichen Verhaltensweisen befasst. Ihre humorvollen Erkenntnisse teilt sie am Weltfrauentag in Kitzingen. FOTO privat
 

Ob Mann oder Frau – eigentlich ist es doch heutzutage piepegal, ob man Kolleginnen hat oder Kollegen, Chefinnen oder Chefs. Könnte man meinen. Doch ganz so ist es nicht. Auch wenn die Geschlechter in der Theorie gleichgestellt sind – in der Praxis sind die Unterschiede trotzdem da. Was heißt das für Frauen – und Männer? Die Frankfurter Kabarettistin, Autorin und Schauspielerin Stefani Kunkel (50) und Business-Trainerin Anna-Daniela Pickel (51) aus Veitshöchheim widmen sich diesen Fragen anlässlich des Internationalen Frauentags. Zu erleben sind Anna-Daniel Pickel und Stefani Kunkel am Dienstag, 8. März, in der Alten Synagoge in Kitzingen.

Frage: Frauen wollen emanzipiert sein, aber keine Emanzen. Sie wollen sich durchsetzen können, aber nicht zu männlich rüberkommen. Kann so ein Spagat überhaupt funktionieren?

Stefani Kunkel: Es gibt da so eine Hemmschwelle in der Gesellschaft: „Emanze – bitte nicht!“, heißt es überall. Das Wort klingt sofort ungemütlich. Wir Frauen selbst belegen es negativ. Das finde ich diskussionswürdig.

Anna-Daniela Pickel: Eine Teilnehmerin fragte mich in einem Seminar: „Ich bin jetzt Führungskraft. Wie schaffe ich es, nicht so bossig zu sein?“ Diese Frage trifft genau den Nerv. Alle erfolgreichen Menschen müssen sich ihr stellen. Der andere wird immer seine eigene Meinung über uns haben. Wenn Menschen nicht der Norm entsprechen, wird gerne mal leichtfertig ein Urteil über sie gesprochen.

Da muss ein erfolgreicher Mensch eben drüber stehen, oder? Und will nicht jede Frau erfolgreich sein?

Kunkel: Ich kenne viele Frauen, die im Beruf erfolgreich sind, aber sobald Kinder im Spiel sind, wird's auch heute noch schwierig.

Pickel: Ich denke, dass es darauf ankommt, wie jede Frau ganz individuell 'Erfolg' definiert.

Wie meinen Sie das?

Pickel: Für den einen bedeutet Erfolg, glückliche Beziehungen zu leben, für den anderen, Karriere zu machen. Es gibt so viele unterschiedliche Lebensentwürfe. Fakt ist: In Bezug auf die Geschlechter leben wir in einem männlich dominierten System. Wie bei jedem Spiel gilt es auch in diesem System, Spielregeln zu kennen und diese anwenden zu können.

Heißt das, um gut im Spiel zu bleiben, müssen wir Frauen zum Beispiel das männliche Territorialverhalten imitieren?

Pickel: Nein, nicht imitieren, sondern erst einmal ist es wichtig, Körperbotschaften oder auch Revierverhalten zu verstehen. Zum anderen ist die Fähigkeit der Durchsetzungsstärke, die stärker unter Männern ausgeprägt ist, hilfreich für das Arbeitsleben. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass Männer und Frauen einander sehr gut ergänzen können.

Warum fällt es Frauen schwerer, sich durchzusetzen?

Pickel: Ich denke, das hat verschiedene Gründe. Es ist ja noch gar nicht so lange her, dass das Frauenwahlrecht eingeführt wurde und das Recht auf Bildung. Unsere Großmütter und Mütter haben uns mit ihren Einstellungen und ihrem Verhalten geprägt. Es kann manchmal Generationen dauern, bis sich Prägungen ändern.

Kunkel: Das stimmt. Meine Mutter zum Beispiel war berufstätig und hat den Führerschein gemacht – das war damals richtig sensationell emanzipiert. Als ich selbst Kinder hatte, hat sie zu mir gesagt: Dein Vater hätte den Kinderwagen damals nicht geschoben, da hättet man ihn ausgelacht. Das zeigt, dass manche Veränderungen viel Zeit brauchen. Meine Töchter haben heute schon ein anderes Vaterbild als ich damals. Die jetzige Generation versucht, mit dem Partner auf Augenhöhe zu leben. Was daraus wird? Wir werden sehen. Es gibt auf jeden Fall schon viele tolle Männer, die Emanzipation leben.

Und trotzdem bleiben Unterschiede – schon allein körperliche. Dagegen ist ja wohl kein Kraut gewachsen...

Kunkel: Das ist wahr. Die typische Szene, Frau läuft durch dunkle Gasse – da kriegen wir nach wie vor Schiss. Aber es gibt auch Männer, die da Angst haben. Viel schlimmer als die körperlichen Unterschiede finde ich die Tatsache, dass viele Menschen Karriere immer noch über irgendeinen akademischen Grad definieren oder eine hohe Position. Das stört mich wahnsinnig und ärgert mich bis zum Anschlag! Eine Mutter und Hausfrau leistet eine ebenso anspruchsvolle und wertvolle Arbeit, ohne dafür bezahlt zu werden und ohne dafür gut angesehen zu sein! Das ist die eigentliche Katastrophe.

Wie kann man dieser Katastrophe entgegenwirken?

Kunkel: So, wie viele kluge Firmen das schon jetzt tun: Sie stellen gerne Frauen mit älteren Kindern ein, weil sie genau wissen, was das für tolle (Zeit-)Managerinnen sind. Außerdem muss sich natürlich in den Köpfen aller Menschen etwas ändern. Wir brauchen mehr Wertschätzung für Hausfrauen und Mütter! Und „Hausmänner“ oder junge Väter, die Erziehungsurlaub nehmen, dürfen nicht mehr belächelt, sondern müssen mit Respekt behandelt werden.

Erfolg definiert sich ja immer auch über Geld und Gehalt. Noch immer bekommen Hausfrauen gar kein Gehalt und manche Frauen bei gleicher Tätigkeit weniger Lohn als Männer. Was können die Frauen dagegen tun?

Pickel: Wichtig ist es, aus der Bescheidenheitsfalle herauszukommen – oder besser: gar nicht erst hineinzutappen. Wir sollten uns Gedanken machen, was wir an Leistungen erzielt haben, und das im Gespräch kommunizieren.

Kunkel: Ich habe mich intensiv mit Tipps beschäftigt, die ein Mann den Frauen gibt, wenn Gehaltsverhandlungen anstehen. Da heißt es zum Beispiel, wir sollten keine „fuchteligen Bewegungen“ machen. Und „nicht zu viele Silben in zu hoher Frequenz“ von uns geben. Ich mache das in meinem Vortrag körperlich vor – das ist witzig, hat aber einen ernsten Hintergrund.

Warum gelingt es Frauen manchmal nicht, selbstbewusst ihre Stärken zu benennen?

Pickel: Wir bringen es fertig, uns immer wieder erfolgreich zu sabotieren. Wir setzen uns allzu oft Grenzen, denken in Defiziten und sehen nicht das Potenzial.

Kunkel: Sicher: Wir sehen uns manchmal schon ein Stück weit im Weg mit unseren Zweifeln. Aber wäre es nicht auch schrecklich, wenn jeder so voll von sich überzeugt wäre und sich ständig breitbeinig und breitbrüstig hinstellen würde? Mir wäre das unsympathisch. Ein guter Mittelweg ist gefragt.

Was ist ihr Wunsch für die Zukunft – für Frauen und Männer?

Kunkel: Dass wir gar keinen Weltfrauentag mehr brauchen! Dass es normal ist, dass wir alle gleichwertig sind – trotz wunderbarer, biologischer Unterschiede. Dass die Menschenrechte für alle gelten – egal ob Männer oder Frauen, Schwarze oder Weiße, Große oder Kleine, Flüchtlinge oder Einheimische...

Weltfrauentag in Kitzingen

Wie, wo, was? Zum Internationalen Frauentag am Dienstag, 8. März, gibt es ab 19 Uhr in der Alten Synagoge Kitzingen ein ebenso launiges wie informatives Programm.

Vortrag von Anna-Daniela Pickel: „Über Geld spricht man nicht? Wir Frauen schon!“Der Vortrag behandelt effektive Strategien für erfolgreiche Gehaltsverhandlungen. Die Referentin ist Dozentin in der Erwachsenenbildung. Spezialgebiet: Teambuilding, Kommunikationstraining, Konfliktmanagement. Als Dozentin und Karriereberaterin arbeitet sie mit Menschen oder Teams, die sich in ihrem Beruf Kontext weiterentwickeln möchten.

Kabarett von und mit Stefani Kunkel: Ein Programm zum Thema „Lohngleichheit von Männern und Frauen?“ Zitat: „Eine Frau soll aussehen wie ein junges Mädchen, auftreten wie eine Lady und arbeiten wie ein Pferd.“

Karten: Im Vorverkauf gibt es Tickest für 7 Euro im Buchladen am Markt, Tel. 0 93 21) 89 94, der Schöningh-Buchhandlung, Tel. (0 93 21) 26 72 90, der Vhs im Luitpoldbau, Tel. (0 93 21) 92 99 45 45 und am Veranstaltungstag ab 18 Uhr an der Abendkasse.