In der Kanzler-Stürtzel-Straße schreitet die Integration voran. Wo einst die Speisepläne für Kitzinger Rentner hingen, stehen nun die Zeitpläne für die 15- bis 18-Jährigen aus Somalia, dem Irak, Afghanistan, Syrien und anderen Ländern an der Wand.
Vom Seniorenheim zum Wohnort für junge, unbegleitete Flüchtlinge. Viel größer hätte die Wandlung nicht sein können, die das Frida-von-Soden-Haus in der Kitzinger Kanzler Stürtzel Straße in den vergangenen Monaten erfahren hat. Wo einst die Speisepläne für Kitzinger Rentner hingen, stehen nun die Zeitpläne für die 15- bis 18-Jährigen aus Somalia, dem Irak, Afghanistan, Syrien und anderen Ländern an der Wand.
Vor rund eineinhalb Jahren ist die erste Unterkunft für unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge im Landkreis Kitzingen in Marktbreit eröffnet worden. Träger war und ist die AWO, genau wie in Kitzingen. „Wir haben aus den Erfahrungen gelernt“, sagt Projektleiterin Anna Rüthlein. Die jungen Menschen bräuchten vor allem eine Orientierung. „Und dafür ist eine klare Tagesstruktur unerlässlich.“
Im langen Gang, auf dem vor zwei Jahren noch die Altenpflegerinnen Essen und Medikamente austrugen, ist die Tagesstruktur nachzulesen: 6.30 Uhr: Aufstehen, 7 bis 7.45 Uhr: Frühstück, 8 bis 13 Uhr: Schule. Bis zur Schlafenszeit um 22 Uhr ist der Tag durchgetaktet. Die Betreuer legen Wert darauf, dass die Jugendlichen mithelfen – beim Essen vorbereiten, beim Aufräumen, beim Bad putzen.
Immer gesprächsbereit
Zwei Ebenen hat die AWO von der Diakonie gemietet. Auf der unteren leben derzeit neun Jugendliche, die vollstationär betreut werden. Mit anderen Worten: Einer der fünf Betreuer – Sozialpädagogen und Erzieher – ist Tag und Nacht ansprechbar. „Ein Gefühl der Sicherheit ist für diese jungen Leute enorm wichtig“, erklärt Erzieherin Stefanie Segritz. Der Bedarf nach einem Gespräch sei immer wieder da – auch nachts. „Wenn die Jungs das Heimweh plagt oder wenn sie einfach nur Kopfweh haben.“
Einen Stock höher ist der Betreuungsschlüssel niedriger. Drei Erwachsene kümmern sich statistisch gesehen um zehn Jugendliche. Derzeit leben dort sieben Jugendliche, die in ihrer Eingewöhnungsphase schon etwas weiter sind.
Das Hauptziel der Betreuer ist eine möglichst gelungene Integration ihrer Schützlinge und schrittweise Heranführung an die deutsche Lebensweise. Ohne Sprachkenntnisse und Kontakte zu deutschen Jugendlichen und Erwachsenen geht das nicht.
Verlängerung möglich
„Seit letzter Woche sind alle Jugendlichen in einer Schule untergebracht“, freut sich Lea Kapp. Die Rückmeldungen seien durchweg positiv, die jungen Menschen seien auch in der Einrichtung sehr aufgeschlossen. „Die Kommunikation wird immer besser“, berichtet die Betreuerin.