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Wird der Landkreis zugebaut?


Autor: Robert Wagner

Kitzingen, Montag, 02. Januar 2017

Wohngebiete wachsen, Gewerbegebiete sprießen - Ein Überblick über den Flächenverbrauch im Landkreis Kitzingen zeigt: Auch bei uns verschwinden jedes Jahr grüne Wiesen unter einer Betondecke. Wo es besonders schlimm ist und wie sich die einzelnen Gemeinden unterscheiden, sehen Sie in unseren Info-Grafiken.
Aus der Ausstellung „Gestern-Heute“: gut ein halbes Jahrhundert liegen zwischen den Aufnahmen links und rechts. Sie zeigen die Auswirkungen des Flächenverbrauch in Mainstockheim – stellvertretend für den ganzen Landkreis Kitzingen.


Gewerbegebiete wie der hier behandelte Mainfrankenpark bei Dettelbach sind nur ein Teil des Problems „Flächenverbrauch“. In ganz Bayern werden pro Tag 13 Hektar – 19 Fußballfelder – für Siedlungs- und Verkehrsflächen umgenutzt. Der Landkreis Kitzingen fällt dabei weder negativ noch positiv aus der Reihe: Sowohl im Landkreis als auch im gesamten Freistaat pendelt der Anteil der Siedlungs- und Verkehrsfläche im Moment um die zwölf Prozent. Verkehrswege werden ausgebaut, Neubaugebiete erschlossen. Die Flächen für Industrie und Handel wachsen.

Wohnungsboom

Einen großen Einfluss auf den Flächenverbrauch im Landkreis Kitzingen hat der Wohnungsbau. In den letzten Jahren – von 1996 bis Ende 2015 – wuchs die dafür verwendete Fläche von knapp 1200 Hektar auf 1580 Hektar an. Ein Anstieg von etwa 31 Prozent. Im selben Zeitraum wuchs die Bevölkerung aber nur um knapp zwei Prozent.

Heute leben deutlich weniger Menschen unter einem Dach. Die Entwicklung gibt es seit Jahrzehnten. Die Folge: Jeder Bürger verbraucht mehr Wohnraum. Rein statistisch gesehen hatte 2016 im Landkreis jeder 47 Quadratmeter zu seiner Verfügung. Bei einer vierköpfigen Familie sind das schon 188 Quadratmeter.

 

Es gibt kaum Indizien dafür, dass sich diese Entwicklung umkehrt. Auch heute werden noch regelmäßig neue Wohngebiete erschlossen. Die Zahl der Baugenehmigungen steigt – befeuert durch die niedrigen Zinsen – in den letzten Jahren wieder an. Nachdem im Krisenjahr nur 82 Baugenehmigungen im ganzen Landkreis erteilt wurden, waren es im Jahr 2015 gleich 197.

 

Gewerbefläche fast verdoppelt

Mehr noch als die Wohnfläche ist in den letzten 20 Jahren die Gewerbefläche angestiegen. Von knapp 280 Hektar hat sie sich auf 540 Hektar fast verdoppelt. Fast die Hälfte dieser Fläche findet sich allein in Kitzingen. Daneben finden sich in Iphofen, Wiesentheid und eben Dettelbach die größten Betriebsgelände.

Den häufig von Naturschützern vorgebrachten Vorwurf, die Natur würde „mit Straßen zugepflastert“, kann man anhand der Daten des statistischen Landesamtes Bayern indes nicht so ohne weiteres belegen. Der Anteil der Verkehrsflächen stieg in den letzten 20 Jahren lediglich um etwa zehn Prozent. Mittlerweile sind knapp 6,5 Prozent des 68 400 Hektar großen Landkreises Kitzingen von Straßen, Wegen und Plätzen bedeckt.

 

Allerdings muss man bei dieser Zahl eines bedenken: Auch wenn in der Statistik landwirtschaftliche Wege gleichermaßen einfließen, wie die Autobahn – in der Realität ist es natürlich etwas völlig anderes für Menschen, Tiere und Pflanzen, wenn irgendwo ein Kilometer Feldweg entlang führt, als wenn an selber Stelle Autos auf einer Bundesstraße vorbeirauschen.

Dieses Problem gibt es auch bei anderen statistischen Zahlen: Für die Umwelt macht es beispielsweise einen Unterschied, ob sich auf 20 Hektar ein Industriebetrieb mit rauchendem Schornstein oder die Büros einer Software-Schmiede befinden. Ob sich auf 300 Hektar Maisfelder erstrecken oder dort kleinteilige Landwirtschaft stattfindet. Der Statistik ist das hingegen erst einmal egal. Gewerbefläche ist Gewerbefläche, Landwirtschaft ist Landwirtschaft.

Trotzdem geben die Zahlen einen guten Einblick über die Entwicklung des Flächenverbrauchs im Landkreis Kitzingen. Wer mehr darüber erfahren will und in interaktiven Grafiken seine Gemeinde mit der Nachbargemeinde vergleichen will, hat dazu auf unserem Internetauftritt die Möglichkeit.

 
Fläche pro Bürger
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Quelle: Alle Daten beziehen sich auf die Zahlen des Bayerischen Landesamtes für Statistik.

Die Zahlen sind unter www.statistikdaten.bayern.de zu finden. Dort finden sich auch viele weitere interessante Zahlen und Daten zu Bayern, den Landkreisen und einzelnen Gemeinden.

Der Dienst ist kostenlos.

Hinweis: Bei der statistischen Auswertung ist zu beachten, dass die amtliche Erfassung und Kategorisierung der Daten in den letzten Jahren verändert hat. Beispielsweise wurden neue und genauere Vermessungstechniken eingeführt. Manche Flächen wurden zudem anderen Kategorien zugeteilt. Dies geschah insbesondere bei einer Umstellung zwischen 2010 und 2011. So sind in diesen Jahren beispielsweise knapp 650 Hektar Wasserfläche verschwunden und unter der Kategorie „Unland“ wieder aufgetaucht.

An der Tendenz der dargestellten Entwicklung ändert das indes nichts.