Gereifte Erkenntnis

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Haben gut lachen: Der Nordheimer Ökowinzer Manfred Rothe (links) und Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (rechts) ...
Fotos: Ralf Dieter
Eröffnung der bayerischen Öko-Erlebnistage in Nordheim: Clemens Rumpel (Vorsitzender Fränkische Ökowinzer), Harald Ulmer (Geschäftsführer der Landesvereinigung für den ökologischen Anbau in ...
Ralf Dieter

Manfred Rothe ist keiner, der im Zorn zurückblickt. Auch wenn er es nicht leicht hatte – damals Mitte der 80er-Jahre. Genau so wenig wie seine Kollegen. Rothe gehört zu den Pionieren des ökologischen Weinanbaus in Franken. Heute staunt er, welche positive Entwicklung der Ökowein-Anbau in Franken genommen hat. Auch wenn es noch einige Probleme gibt.

Landwirtschaftsminister Helmut Brunner hat gestern die 16. Bayerischen Öko-Erlebnistage offiziell eröffnet. Zum ersten Mal fand die Veranstaltung im Norden des Freistaates statt. Der Anlass: Die Fränkischen Öko-Winzer (FÖW) feiern 2016 ihren 25. Geburtstag.

Bis ins Jahr 2020 soll die biologische Produktion im Freistaat verdoppelt werden. Dieses Ziel formulierte Brunner im Jahr 2012. „Wir sind auf einem guten Weg“, meinte er gestern und führte als Beleg die neuesten Zahlen an: 800 landwirtschaftliche Betriebe haben alleine im letzten Jahr auf Bio umgestellt, ungefähr 8000 Betriebe sind es mittlerweile, die rund 250 000 Hektar nach biologischen Richtlinien bewirtschaften. „Tendenz steigend“, wie der Minister betonte.

Letzteres gilt auch für die fränkischen Ökowinzer. Mit 19 Betrieben fing die Vereinigung 1991 an, heute sind es 34. „Gerade in letzter Zeit sind pro Jahr zwei bis drei neue Mitglieder dazu gekommen“, freut sich Vorsitzender Clemens Rumpel. Fast fünf Prozent der insgesamt etwa 6000 Hektar großen Anbaufläche in Franken wird nach ökologischen Richtlinien bewirtschaftet. Rumpel geht von einer Steigerung auf 20 Prozent bis ins Jahr 2025 aus. Unglaublich, wenn man auf die Anfangszeit zurückblickt.

„Die Kinder wurden

vorsichtshalber

ins Haus geholt.“

Manfred Rothe über die Zeit, als Hubschrauber Pflanzenschutzmittel ausbrachten

Manfred Rothe kann sich noch an die Hubschrauber erinnern, die in Nordheim und Escherndorf Pflanzenschutzmittel ausgebracht haben. „Die Kinder wurden dann vorsichtshalber ins Haus geholt“, erzählt er. „Es kam immer wieder zu Atemwegserkrankungen.“

Mit einer zunächst kleinen Gruppe von fränkischen Winzern wie Gerhard Roth aus Wiesenbronn oder Helmut Christ aus Nordheim beschritt Rothe andere Wege, verzichtete auf Insektizide oder Unkrautvernichtungsmittel. „Das war anfangs nicht einfach“, gesteht er. Gegen jede damals gängige Lehrmeinung, gegen die Überzeugung der benachbarten Winzer und nicht selten der Eltern mussten die Öko-Pioniere ihre Vorstellungen durchsetzen.

Etwa zehn Jahre hat es gedauert, bis sich der Erfolg einstellte. „Bis die Weine auch wirklich schmackhaft waren“, wie Rothe zugibt. Bis sie sich auch ohne chemische Mittel gegen den Mehltau und Schädlinge wehren konnten.

Das Ökosystem war vor 30 Jahren nicht stimmig. „Jetzt ist es das“, freut sich der Nordheimer. Und noch mehr: Bio ist längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen, salonfähig geworden. „Wir sind überall gerne gesehen, liefern an Sterne Restaurants genau so wie an den Lebensmitteleinzelhandel.

“ Und das zu Preisen, die es Rothe und seinen Kollegen ermöglichen, in die Zukunft zu investieren.

Also alles eitel Sonnenschein? Ganz so einfach ist es nicht. Auch die Ökowinzer plagen Sorgen. 80 bis 90 Prozent der biologisch erzeugten Weine, die in deutschen Handelsketten angeboten werden, kommen aus dem Ausland. Sie werden zum Teil deutlich günstiger als die deutschen Produkte verkauft.

„Die Produktionsbedingungen sind in Italien und Spanien einfacher“, erklärt Weinbaupräsident Artur Steinmann. „Die Lohnkosten in der Regel niedriger.“ Steinmann fordert deshalb die Verbraucher auf, die Leistung und den Mehraufwand der fränkischen Ökowinzer, die er als Helden und Vorbilder bezeichnete, an der Ladentheke zu honorieren. „Das würde sicherlich auch einige konventionelle Kollegen motivieren, ihre Betriebe umzustellen.“

Dafür müsste allerdings schon in der Ausbildung mehr Wert auf die ökologischen Aspekte der Weinbereitung gelegt werden: Bodenfruchtbarkeit, Bodenbegrünung, Zeilenbearbeitung, ein ökologischer Kreislauf. Der Vorsitzende der Landesvereinigung für den ökologischen Landbau in Bayern (LVÖ), Josef Wetzstein, kann sich in Zukunft sogar einen Abschluss zum „Ökowinzermeister“ vorstellen. Seine Bitte an Minister Brunner: Möglichst schnell entsprechende Strukturen schaffen.

Denn eine Herausforderung stehe bei den fränkischen Ökowinzern nach rund 25 Jahren genauso an wie bei ihren konventionellen Kollegen: ein reibungsloser Betriebsübergang und eine erfolgreiche Fortführung der Pionierarbeit durch die nächste Generation. Minister Brunner wagte diesbezüglich eine optimistische Prognose. „Bio“ und „Regional“ seien die zwei wichtigsten Trends in der Lebensmittelbranche. „Der gesundheitliche Aspekt gewinnt an Bedeutung, die Menschen wollen höchste Qualität und Transparenz.“

„All diese Veränderungen hätte ich mir niemals träumen lassen“, freut sich Manfred Rothe, der angesichts der positiven Entwicklungen der letzten Jahre nur noch einen beruflichen Wunsch hat: „Dass unser Beispiel Schule macht und alle Kollegen konsequent auf ökologischen Anbau umstellen – nicht nur die Weinbauern. Unsere Erde ist schließlich die Lebensgrundlage für uns alle.“

Öko-Erlebnistage im Kreis

Mehr als 270 Hoffeste, Führungen, Mitmach-Aktionen und Verkostungen rund um den ökologischen Landbau und um Lebensmittel sind zu den Öko-Erlebnistagen vom 3. September bis zum 3. Oktober in Bayern geplant; in Unterfranken sind es 35. Im Landkreis Kitzingen stehen der Weinbau und der Gartenbau im Mittelpunkt. Die Termine:

• 17. September, 10 bis 14 Uhr, Kinderweinlese mit Gang durch die Weinberge, Saftpressen und mehr; Veranstalter: Manfred Rothe (Weinbau Rothe), Nordheim, Heerweg 6.

• 17. September, 14 bis 18 Uhr, Weinbergs- und Kellerführung mit Weinprobe im Barockhof der Familie Christ; Veranstalter: Angelika Christ (Demeter Weingut Helmut Christ), Nordheim, Volkacher Straße 6 (Weinprobe: 25 Euro; für die Führung mit zwei Weinen: 9 Euro).

• 17. September, 12 bis 20 Uhr, Hoffest unter dem Motto "Biowein lädt zum Feiern ein"; Veranstalter: Norbert Drescher (Weinhof Drescher), Sommerach, Winzerstraße 20.

• 18. September, 10 bis 17 Uhr, Hoffest und Tag der offenen Tür; Fest mit Musik, Kinderprogramm, Kräuter- und Hofführungen, Eselreiten und mehr; Veranstalter: Ralf Jakob (Ökokiste), Schwarzach, Am See 9.

• 18. September und 2. Oktober: 14 bis 16 Uhr, Bio-Weinbergsführungen durch die Fluren und Blick in den Weinkeller; Veranstalter: Manfred Rothe (Weinbau Rothe), Nordheim, Heerweg 6 (9 Euro).

• 26. September, 11 bis 14 Uhr, Ein- und Ausblicke von der Bio-Weininsel; Rundgang durch Weinberge in Nordheim mit Verkostungen; Veranstalter: Manfred Rothe (Weinbau Rothe), Nordheim, Heerweg 6 (25 Euro).

• 3. Oktober, 13 bis 17 Uhr, Weinprobe und Weinfest beim Öko-Wein; Veranstalter: Anton Hell (Weingut Hell), Wiesenbronn, Klingenstraße 16. • Alle Termine aus Bayern online: www.oekoerlebnistage.de