Geben und Nehmen

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Elke Sengleitner zündet auf ihrem Balkon den speziellen Dung an, mit dem das Agnihotra-Feuer erst seine Wirkung entfalten kann.
Foto: Ralf Dieter
Bei Sonnenauf- und Sonnenuntergang entzündet Elke Sengleitner das Agnihotra-Feuer.
Ralf Dieter
Elke Sengleitner zündet auf ihrem Balkon den speziellen Dung an, mit dem das Agnihotra-Feuer erst seine Wirkung entfalten kann.
Ralf Dieter

Elke Sengleitner hilft Menschen mit ganz unterschiedlichen seelischen Verletzungen

Elke Sengleitner breitet die Hände aus und stimmt ein indisches Mantra an. Der Rauch zieht aus dem pyramidenförmigen Kupfergefäß über den darüber liegenden Balkon hinweg in Richtung Kitzinger Himmel. Elke hat das uralte Feuerritual „Agnihotra“ für sich entdeckt, das bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang zelebriert wird. Vereinfacht ausgedrückt soll es dabei helfen, die Erde und Atmosphäre zu reinigen – und somit auch alle Menschen, Tiere und Pflanzen in der unmittelbaren Umgebung.

Geben und Nehmen. Ein Prinzip, das Elke verinnerlicht hat. Ihrer Oma hat sie viel gegeben. Etwa 20 Jahre lang hat sie die erblindete Frau umsorgt und gepflegt. „Ich habe auch sehr viel zurückbekommen“, sagt sie. Unter anderem den Impuls, Menschen zu helfen. Den letzten Wunsch ihrer Oma, dass sie mit ihren Händen durch sanfte Berührungen die Selbstheilungskräfte von Menschen aktiviert, hat sie in die Tat umgesetzt. Ihre Urgroßmutter hat über Gebet und Hände-Auflegen bereits damals vielen Menschen und Tieren geholfen. Sie selbst versteht sich als spiritueller, sehr geerdeter Mensch, der sich dazu berufen fühlt, Menschen zu helfen, denen es nicht gut geht.

Der Großmutter sei Dank

Ganz nüchtern erzählt sie von ihrer besonderen Gabe, von der Energie, die sie als helles Licht wahrnimmt und über ihre Hände an die Menschen weitergibt, die zu ihr kommen. Menschen mit unterschiedlichen seelischen Verletzungen und körperlichen Beschwerden. Menschen, die extrem gestresst sind oder ohne Halt im Meer des Lebens schwimmen.

Diese besondere Begabung wurde erstmals von Elkes Großmutter erkannt und an dieser spielerisch angewandt, immer dann, wenn es irgendwo „zwickte“. Nach deren Tod verfeinerte Elke ihre Begabung zunächst im beruflichen Bereich. Sie war im Wellnessbereich des „Aqua-Sole Kitzingen“ in der Massageabteilung tätig. „Ich wurde immer wieder auf die besondere Energie meiner Hände angesprochen“, erinnert sie sich. Auch ihr Ehemann, ihre Kinder und Freunde konnten ihre wohltuende Gabe bestätigen.

Es verging allerdings erst mal Zeit, bis Elke ihr Versprechen schließlich einlöste und den Mut fasste, aus ihrer Begabung eine Berufung und aus der Berufung einen eigenständigen Beruf zu machen, indem sie als Kleinunternehmerin in die Selbstständigkeit wechselte.

Elke lässt „die Lieben“, wie sie ihre Kunden nennt, bei den Behandlungsterminen erst Mal ankommen. Keinen Zeitdruck, keine Hektik. Ganz behutsam tastet sie sich an die fremden Seelen heran, nimmt die Schwingungen des Gegenübers auf, versucht, die Bedürfnisse zu erspüren. „Jedes Wort, jeder Ton, jeder Gedanke erzeugt eine Schwingung“, sagt sie. Um diese Schwingungen und die Energie zu erfühlen, muss sie ihren eigenen Geist und ihr Herz ganz weit öffnen. Wie das geht? Elke runzelt für einen Moment die Stirn. „Das ist schwer in Worte zu fassen.“ Wie sie sich in diesem Moment fühlt, ließe sich leichter beschreiben. Sie bittet zunächst in einem stillen Gebet um das „Höchste und Beste“ für die gerade anwesende Seele. „Ich weiß, das hört sich alles komisch an“, sagt sie und lacht. „Aber ich bekomme dann tatsächlich eine Gänsehaut am Kopf, meine Hände fangen an zu kribbeln, mein Herzzentrum wird ganz warm und ein Gefühl von Liebe und Harmonie durchströmt mich.“

Und dann? Dann geht sie ihrem Impuls nach, passt sich bei der Energieübertragung den Bedürfnissen der fremden Seele an. „Auch wenn es mir bei einer derart gefühlvollen und von Liebe erfüllten Handlung sehr schwer fällt, man kann es auch technisch beschreiben: Meine Hände sind, in Verbindung mit meinem Geist und meinem Herzen, ein Werkzeug mit besonderen Wahrnehmungsfähigkeiten, die es mir ermöglichen, Energien zu erfühlen. Ich bin keine Heilerin, ich gebe nur Impulse zur Selbstheilung“.

Ob sie weiß, dass viele Menschen ihr Verhalten als Hokuspokus bezeichnen? Elke nickt und lächelt. Es macht ihr nichts aus. „Wenn ich von Energieübertragung spreche, handelt es sich hierbei um uraltes Wissen und eine angeborene Gabe, die jedem innewohnt.“ So tröstet zum Beispiel jede Mutter ihr Kind instinktiv, indem Sie es über das Köpfchen streichelt. Oder wenn wir uns stoßen, fassen wir uns automatisch an die betreffende Stelle, was als sehr wohltuend empfunden wird.

Immer mehr Menschen würden bei ihr Hilfe suchen. Ihr Ziel sei es aber keinesfalls, diese Kunden möglichst lange an sich zu binden. „Im Gegenteil“, sagt sie. „Ich will ja, dass sie schnell wieder kraftvoll im Leben stehen.“

Im Laufe ihrer langjährigen Behandlungen und Gespräche habe sie immer wieder festgestellt, dass viele körperliche Probleme ihre Ursache auf Seelenebene haben, in Ereignissen, die lange her und verdrängt sind. „Dieser Selbstschutz macht anfangs auch Sinn“, sagt sie. „Irgendwann mache sich der Schock oder das verdrängte Erlebnis allerdings auf der körperlichen Ebene bemerkbar. Warum? Elke muss bei dieser Frage lächeln. „Ganz einfach. Um erkannt und behandelt werden zu können.“

Im Widerstreit mit der Schulmedizin sieht sie ihre Arbeit keinesfalls. „Im Gegenteil“, sagt Elke: „Ergänzend zur Schulmedizin besteht meine Aufgabe darin, als Entspannungstrainerin die Menschen zunächst auf psychischer Ebene aufzufangen und gegebenenfalls mit Unterstützung von Klangschalenenergietherapie, Energiearbeit, Meditation und spiritueller Lebensberatung in den Gesundungsprozess zu führen.“

Wer so neugierig ist wie Elke, der probiert früher oder später auch fremdländische Heilmethoden und Riten aus, so auch den uralten Brauch des Feuerrituals Agnihotra, das sie über den „Homa-Hof Heiligenberg“, nahe Konstanz am Bodensee, kennenlernen durfte. Hier werden bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang während eines vierminütigen Rituals ein Mantra gesungen und an einer bestimmten Stelle zweimal mehrere Reiskörner ins Feuer gegeben. Die beim Agnihotra entstehenden heilsamen Energien werden in die Atmosphäre geleitet. „Diese reinigenden, entgiftenden und harmonisierenden Energien sind auch in der verbleibenden Asche enthalten.“ Von der reinigenden Kraft des Rituals ist Elke absolut überzeugt.

Die in dem Kupfergefäß zurückgebliebene Asche ist vielseitig einsetzbar. Einen Teil nutzt Elke als Dünger. Ihre Blumen im Garten hätten seither doppelt so viele Blüten wie früher. Außerdem verwendet sie die Asche als Bestandteil von Salben, die bei Haustieren und Menschen gleichermaßen gegen Schmerzen helfen. Ein wenig Asche mischt sie sogar in ihr Trinkwasser, um den Körper zu entgiften.

Selbst im Urlaub will sie nicht auf die heilende Wirkung von Agnihotra verzichten. Ein Glas Asche hat sie in Ägypten ins Meer geschüttet, um zumindest einen Teil der riesigen Wasserfläche zu reinigen.