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So steht es um den Erdgas-Markt


Autor: Robert Wagner

Kitzingen, Dienstag, 13. Dezember 2016

Gute Nachricht für die Verbraucher? Die Gaspreise sind derzeit so niedrig wie seit über zehn Jahren nicht mehr. doch wie entwickelt sich der Markt weiter?
Wer mit Erdgas heizt, spart im Moment Geld. Bleibt das auch in Zukunft so?


Gute Nachricht für die Verbraucher? Die Gaspreise sind derzeit so niedrig wie seit über zehn Jahren nicht mehr. Laut dem Verbraucherportal Verivox erreichte der Preisindex im bundesdeutschen Durchschnitt im November das Zehn-Jahres-Tief von 1180 Euro. Diese Summe bezahlt ein Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 20 000 Kilowattstunden (kWh) aktuell im Durchschnitt.

Doch die tatsächlichen Preise schwanken zwischen Regionen und den einzelnen Anbietern stark. In Kitzingen zahlt man für die 20 000 kWh laut Verivox 838 Euro beim billigsten Anbieter, 1380 Euro im Grundversorgungstarif der Licht-, Kraft- und Wasserwerke Kitzingen (LKW).

„Manche Anbieter versuchen gezielt, mit sehr niedrigen Preisen Kunden zu locken.“
Silke Sycha, Licht-, Kraft- und Wasserwerke

Wie kommt dieser immense Preisunterschied zustande? Für Silke Sycha von den LKW gibt es dafür mehrere Gründe: Zum einen müssten Kunden genau prüfen, welche Tarife überhaupt verglichen werden. So handele es sich keinesfalls bei allen Anbietern um den günstigsten Tarif und dieselben Konditionen.

Verivox, Check24 und Co. verglichen teilweise Äpfel mit Birnen, sagt Sycha. So würden nur wenige Kunden den Grundversorgungstarif der LKW nutzen – „95 Prozent unserer Kunden haben ein wesentlich günstigeres individuelles Produkt.“. Es sei für die Kunden schwierig, Tarife wirklich zu vergleichen.

Außerdem gebe es ganz unterschiedliche Geschäftsgebaren. „Manche Anbieter versuchen gezielt, mit sehr niedrigen Preisen Kunden zu locken“, sagt Sycha. Wachstum um jeden Preis ist das Motto – auch auf Kosten der Wirtschaftlichkeit. „Oft steigen die Preise dann aber im zweiten Vertragsjahr rapide an.“

Es gibt aber noch eine weitere Erklärung, die besonders jetzt interessant erscheint: der unterschiedliche Umgang mit Spekulation. „Wir decken uns vor der physischen Lieferung an den Märkten mit Gas ein“, erklärt Sycha. Mindestens ein Jahr im Voraus sei üblich. „Um uns und unseren Kunden Planungssicherheit zu geben.“

Bei weltweit sinkenden Gaspreisen führt das dazu, dass die LKW ihr Gas praktisch teurer eingekauft haben. Dafür gibt es bei steigenden Preisen jedoch keine böse Überraschung. Wenn in einer unsicheren Marktlage die Preise plötzlich explodieren, könnte mancher Anbieter mit dieser Strategie scheitern.

„Die Gasmärkte sind sehr volatil (veränderlich, Red.)“, sagt Silke Sycha. Als mahnendes Beispiel kann hier das Jahr 2008 gelten: Innerhalb eines Jahres war der Preis für 20 000 kWh im bundesdeutschen Durchschnitt von unter 1300 Euro auf ein Rekordhoch von 1619 Euro gestiegen.

Während das Risiko schwankender Preise beim Heizöl letztlich beim Endkunden liegt, müssen die Gasanbieter dieses Risiko selbst tragen. Sie haben dabei zwei Möglichkeiten: Entweder sie geben die Preisschwankungen durch häufige Anpassungen an die Kunden weiter, oder sie versuchen den Preis über längere Zeit möglichst konstant zu halten.

Bei den LKW setze man auf die zweite Strategie, so die Leiterin der Abteilung Vertrieb und Marketing. Das zahlt sich laut Silke Sycha aus: „Wir haben eine Wechselquote von etwa sieben Prozent. Allerdings kommen mehr als die Hälfte wieder zu uns zurück.“ Neben den Rohstoffpreisen spielen auch die sogenannten Netzengelte eine gewichtige Rolle bei den Erdgaspreisen. Laut der Internet-Portale Verivox und Check24 sinken diese im kommenden Jahr im bundesweiten Durchschnitt um ein Prozent. Energieexperten gehen deswegen von weiter sinkenden Preisen aus. Künftig werde die Bedeutung des Energieträgers Erdgas weiter an Bedeutung gewinnen, vermuten die Analysten der Internationalen Energieagentur (IEA). „Die klaren Gewinner in der Entwicklung der kommenden 25 Jahre sind Erdgas und vor allem Wind- und Solarenergie“, sagt IEA-Direktor Fatih Birol.

„Die klaren Gewinner in den kommenden 25 Jahren sind Erdgas und vor allem Wind- und Solarenergie.“
Fatih Birol, IEA-Direktor

Im Kitzinger Raum bleiben die Netzentgelte jedoch relativ konstant, stellt Silke Sycha heraus. Inwieweit die LKW deshalb nach insgesamt drei Preissenkungen in den letzten 15 Monaten den Spielraum für weitere Senkungen im neuen Jahr besitzen, sei noch nicht absehbar.

Auch die geopolitische Lage könnte den positiven Szenarien der Analysten noch einen Strich durch die Rechnung machen. Auch wenn die Preiskopplung von Erdöl und Erdgas nicht mehr so stark ist wie noch vor zehn Jahren, beeinflussen sich die Rohstoffpreise gegenseitig. Und erst am vergangenen Wochenende einigte sich die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) um Saudi-Arabien mit Russland und weiteren Großproduzenten auf eine Senkung der Förderquoten. Das Ziel: Erdöl verteuern. Inwieweit sich das letztlich auch auf die Erdgaspreise auswirkt, ist heute noch nicht absehbar.