Höhere Bestäubungsleistung und früherer Ausflug: Etwa die Hälfte der Obstbauern züchtet nebenbei Wildbienen
In dieser Woche beginnt die Hauptblüte in den fränkischen Steinobstanbaugebieten. Gerade während der frühen Blüte von Aprikose, Pfirsich, Zwetschge und Süßkirsche sind in manchen Jahren noch nicht ausreichend Insekten für die Bestäubung unterwegs. Doch es gibt eine Lösung.
Seit jeher leistet die Honigbiene vieles an Bestäubungsarbeit, sie leidet jedoch häufig unter Befall durch bestimmte Krankheiten und ist vor allem bei kühleren Temperaturen kaum aktiv. Als Ergänzung zur Honigbiene nutzen die fränkischen Obstbauern seit einigen Jahren verstärkt die Hilfe natürlich vorkommender heimischer Wildbienen wie beispielsweise der gehörnten und der roten Mauerbiene.
Fleißige Helfer bei der Bestäubung
„Gehörnte Mauerbienen fliegen bei sonnigem Wetter bereits ab vier Grad Celsius, rote Mauerbienen ab zehn Grad Celsius“, erklärt Maria Lutz, die am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Kitzingen für den Bereich Biodiversität zuständig ist. Honigbienen werden dagegen erst ab etwa zwölf Grad flugfähig. Ende März gab es schon einige warme Tage, die ersten Honigbienen waren bereits unterwegs. „Die Mauerbienen haben wir noch früher ausgemacht“, sagt Lutz. Was gerade für Frühblüher wie die regional angebauten Aprikosen oder Zwetschgen von Vorteil ist.
Die fränkischen Aprikosenbäume blühen bereits seit der letzten Märzwoche, jetzt sieht man auch die Zwetschgen und Kirschen in voller Blüte. Die Apfelblüte beginnt an warmen Standorten auch schon. Die Mauerbienen sind bei den meisten Obstbauern als fleißige Helfer bei der Bestäubung nicht mehr wegzudenken. „Etwa die Hälfte der fränkischen Betriebe züchtet schon Mauerbienen“, berichtet Thomas Riehl, Obstanbauberater am Amt für Landwirtschaft in Kitzingen. In Kursen und Info-Veranstaltungen hat das Amt die Obstbauern über die wichtigsten Fragen bei der Züchtung informiert. „Das ist ja kein Hexenwerk“, sagt Riehl.
Mauerbienen leben solitär, im Gegensatz zu den Honigbienen bilden sie keine Staaten. Jedes Weibchen baut seinen eigenen Nistgang und bringt eine relativ kleine Anzahl an Nachwuchs hervor. Der schlüpft im Frühjahr und paart sich sogleich. Anschließend suchen sich die Weibchen geeignete längliche Hohlräume, in denen sie einzelne Zellen zum Nisten anlegen. Sobald jede Zelle mit einem Pollen-Nektar-Gemisch gefüllt ist, wird je ein Ei in jeder Zelle abgelegt. Nach drei Tagen schlüpft die Bienenlarve und ernährt sich von dem Futtervorrat. Im Anschluss an die Verpuppung bleibt die Biene bis zum kommenden Frühjahr in ihrem Kokon.
Die Biene im Kühlschrank
„Mauerbienen sind käuflich erhältlich, eine Population in einer Obstanlage kann aber auch gezielt gefördert werden“, erklärt Thomas Riehl. Dazu werden Nisthilfen wie gebündelte hohle Pflanzenstängel oder Nutbrettchen an trocken-warmen Stellen in den Anlagen aufgestellt. Um eine gesicherte Überwinterung mit gleichbleibenden Bedingungen zu gewährleisten, werden die Kokons im Herbst aus den Nisthilfen entnommen und bei ein bis vier Grad Celsius und hoher Luftfeuchtigkeit gelagert. „Kühlschränke oder Kühlräume bieten sich dafür an“, erklärt Maria Lutz. Dort sind die Bienen auch vor einem vorzeitigen Schlüpfen geschützt.
Neben der relativen Kälteunempfindlichkeit haben die Wildbienen noch einen anderen Vorteil gegenüber den Honigbienen: eine höhere Bestäubungsleistung. „Die Honigbiene sammelt Blüte für Blüte eines Baumes ab und fliegt dann erst zum nächsten“, erklärt Maria Lutz. „Und weil sie den Pollen mit Nektar anfeuchtet, gibt sie vergleichsweise wenig davon ab.“ Anders die Mauerbienen: Sie fliegen im Zick-Zack von Baum zu Baum und geben mehr trockenen Pollen ab. „Die Obstbauern brauchen möglichst verlässliche Bestäuber“, erinnert Lutz. Dank der Mauerbienen ist die Chance auf befruchtete Blüten größer.