Die große Clique, mit der die Schmidts unterwegs waren, weiß, dass drei der vier Familienmitglieder reisekrank werden. Man trifft entsprechende Absprachen. Am Urlaubsort mit Leihautos in Kolonne fahren geht zum Beispiel nicht. „Wir halten gefühlsmäßig in jedem Dorf an“, erzählt die 36-Jährige. Vor Ausflügen schaut sie sich die Route auf der Karte an. Sind die Straßen kurvig, überlegt die Familie sich gut, ob sie überhaupt mitfährt.
Einfach losfahren, das geht sowieso nicht. Wer reisekrank wird, muss planen. Das fängt schon bei der Ernährung an. „Wichtig ist vor allem: nur leichtes Essen vor der Fahrt“, rät Dr. Stephan Küntzer. Fettiges sollte vermieden werden. So gibt es bei den Schmidts zum Beispiel nie Milch zum Frühstück, auch nicht zuhause, denn Carla fährt mit dem Bus zur Schule. Auch vor Ausflügen mit dem Ferienpass oder bei längeren Fahrten im Rahmen von Kindergeburtstagen achtet die Mutter genau darauf, was ihre Kinder essen und trinken. Zur Linderung rät Dr. Küntzer zu Ingwer, pur gekaut oder als Tee, zu Pfefferminzpastillen oder Pfefferminztee.
Während der Fahrt sollten Betroffene nicht nach unten schauen, aufs Handy oder auf ein Buch, und auch nicht aus dem Seitenfenster. Man sollte den Blick nach vorne auf die Straße richten. „Das hilft dem Gehirn oft, die Sinne in Einklang zu bringen“, so der Arzt. Entlastung bringe auch ein ruhiger Fahrstil mit gleichmäßigem Tempo, ohne starkes Abbremsen oder Beschleunigen.
„Im Auto vorne sitzen ist am besten“, bestätigt Diana Schmidt. Was natürlich nicht alle drei betroffenen Familienmitglieder gleichzeitig tun können. Auch dass alle im Zug in Fahrtrichtung oder im Flugzeug am Mittelgang über der Tragfläche sitzen, sei nicht immer machbar. „Das interessiert die Fluggesellschaften nicht“, so ihre Erfahrung. Dabei wäre es hilfreich, denn muss sich ein Reisekranker tatsächlich übergeben, ist das nicht schön, weder für den Betroffenen noch für die Leute daneben. „Das riecht ja.“ Eine sehr unangenehme Situation, weiß Diana Schmidt.
Die Buchbrunnerin arbeitet in einer Apotheke. Aus Gesprächen mit Kunden weiß sie, dass die Übelkeit sich oft verwächst – und auch ihrer Tochter wird inzwischen nicht mehr ganz so oft schlecht. Bei ihr selbst war die Reisekrankheit über Jahre verschwunden und kam erst nach der Schwangerschaft wieder. Von Berufs wegen, aber auch aus eigener Erfahrung kennt Diana Schmidt viele Tipps und Tricks gegen Kinetose. Ihrer Tochter gibt sie vor längeren Fahrten Kaugummis mit, die sie einnehmen kann, wenn ihr übel wird. Auch sie selbst greift darauf zurück. „Und mir hilft es, kalte Cola zu trinken.“ Es gibt homöopathische Mittel wie Globuli oder Tropfen, die, so Dr. Küntzer, auch in Wasser aufgelöst gegeben werden können. „Auch Medikamente stehen zur Verfügung“, erklärt der Arzt. „Sie sollten aber aufgrund der möglichen Nebenwirkungen vor allem bei Kleinkindern nur vorsichtig und sparsam eingesetzt werden.“ Akupressur könne ebenfalls zur Entspannung beitragen. Dabei werden das innere Handgelenk und der Daumenballen massiert.
Wichtig sei es, die Kinder nicht zu schimpfen, sondern möglichst entspannt mit der Situation umzugehen. Für Diana Schmidt ist das selbstverständlich – zumal sie ja selbst weiß, wie hilflos man ist, wenn einem übel wird. „Zu schimpfen würde es nur noch schlimmer machen.“ Besser ist es, sich darauf einzustellen, dass es auf der Fahrt oder beim Flug Probleme geben könnte. Sie rät dazu, regelmäßige Pausen einzulegen, wenn möglich für frische Luft zu sorgen, Tüten bereitzuhalten und Ersatzklamotten einzupacken. „Und nie das gute Kleid schon auf der Fahrt zum Familienfest anziehen.“ Sonst bleibt das Fest womöglich in übler Erinnerung.