Geiselwind war für Gunter Gabriel wie ein zweites zu Hause.
„Lieber Erwin, das Wochenende sitzt mir noch in den Knochen. Was für Marathonsitzungen waren das in Deiner Gaststube! Jetzt weißt Du, was unseren Beruf so schwer macht: Es ist der Trubel nach der Arbeit – und nicht die Arbeit selber!“ (Gunter Gabriel im Mai 1986 in einem Brief an Erwin Müller)
Gunter Gabriel ist am 22. Juni gestorben. Bei einem Sturz die Treppe hinunter hatte er sich einen dreifachen Bruch des ersten Halswirbels zugezogen. Nach zwölf Tagen Krankenhausaufenthalt und der dritten Operationen versagte sein Herz. Margit Müller war eine der letzten, die Kontakt mit dem Sänger hatte, der in den 70er und 80er Jahren die Konzerthallen in Deutschland füllte. „Ich habe ihm am 10. Juni, kurz vor Mitternacht, eine Whatsapp geschickt“, erzählt sie. „Er hatte doch am 11. Juni Geburtstag.“ Kurz danach schrieb Gabriel zurück. Etwa eine Stunde später muss er gestürzt sein und hat sich nicht mehr erholt. „Genau wie mein Vater“, sagt die Besitzerin des Hotels Krone nachdenklich. „Komisch. Es gab schon einige Parallelen.“
Gunter Gabriel und Geiselwind: Das war eine ganz besondere Beziehung, die Anfang der 80er Jahre ihren Anfang nahm. Toni Strohofer organisierte im Oktober 1981 sein erstes Trucker-Festival. Klar, dass der Star der deutschen Country-Szene da nicht fehlen durfte. Mit „Hey Boss, ich brauch mehr Geld“ oder „Komm unter meine Decke“ hatte Gunter Gabriel schon einige Hits gelandet. Dennoch: Nach Geiselwind kam kein abgehobener Musikstar, sondern ein Kumpeltyp.
„Bis früh um drei waren wir nach dem Konzert in der Gaststube der Krone gehockt, Gunter hat Gitarre gespielt und wir haben alle gesungen“, erinnert sich Hans Weiglein. Mit seinen Fußballkameraden hatte der 75-Jährige damals den Ausschank in der Festhalle bei den Strohofers übernommen. Es entwickelte sich eine dicke Freundschaft. „Mindestens einmal im Jahr ist er gekommen“, erinnert sich Weiglein. Gabriels Wohnmobil war ein Jahr lang in seinem Garten geparkt, zusammen sind sie aufs Gerolzhöfer Weinfest gefahren – wo der Sänger zum Weingott Bacchus ernannt wurde – oder ins kleine Freibad nach Aschbach,wo ihn die anderen Badegäste ungläubig anstarrten. In der Geiselwinder Gemarkung haben sie sich Immobilien angeschaut. „Er wollte sich hier mal ein Haus kaufen“, sagt Weiglein und schmunzelt. Letztendlich ist es am Finanziellen gescheitert. „Der Umgang mit Geld zählte nicht gerade zu seinen Stärken.“
Der Umgang mit Freunden war Gabriel deutlich wichtiger. Zum 70. Geburtstag von Hans Weiglein kam Gabriel als Überraschungsgast mit seinem Bassgitarristen. Vor 25 Gästen spielten sie in der kleinen Gaststube des Hotels. „Unvergesslich“, sagt Weiglein und blickt wehmütig drein. „So wie er war keiner.“
Anton Strohofer kann das nur bestätigen. Gunter Gabriel war für ihn der beste deutschsprachige Country-Sänger seiner Zeit. Eine Legende. „Ähnlich wie Johnny Cash und Dave Dudley in den USA.“ Immer unterwegs, niemals wirklich irgendwo daheim. Ein Getriebener, der eine schwere Kindheit hatte und Zeit seines Lebens daran zu knabbern hatte. So beschreibt ihn Anton Strohofer. Sein Geld hat Gunter Gabriel anderen Menschen anvertraut, die es veruntreut haben. „Er selber war absolut korrekt“, betont Strohofer. „Und gleichzeitig sehr sozial eingestellt.“ Seine Freunde hat er nicht vergessen. Er hat sie immer wieder besucht.
Im Hotel Krone ist Gabriel immer wieder aufgetaucht. „Meistens ist er ohne Anmeldung gekommen“, erinnert sich Margit Müller. „Er stand plötzlich in der Tür und dann wurde gegessen, geredet, gesungen und gefeiert“. Seinen Dank hat er immer wieder in Worte gepackt und etliche Briefe nach Geiselwind geschickt.