Eine Entscheidung fürs Leben

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Gruppenbild im Stall. Familie Drobek aus Willanzheim liebt die Landwirtschaft: Nico und Luca Meier mit ihrer Mutter Natascha, Marcel, Irmtraud und Ernst Drobek.
Fotos: Ralf Dieter
Früh übt sich, wer ein guter Landwirt werden will. Luca füttert die Kühe.
Ralf Dieter
Luca und sein Onkel Marcel.
Ralf Dieter

Die Drobeks aus Willanzheim lieben und leben die Landwirtschaft

Vier Generationen unter einem Dach. Gibt es nicht? Gibt es doch! Zumindest zeitweise. Familie Drobek wird es nicht so schnell langweilig. Weil immer etwas los ist, weil es immer etwas zu besprechen gibt. Weil alle Familienmitglieder einen intensiven, aber schönen Beruf ausüben.

Der 1. Juni ist vor 15 Jahren von der UNESCO zum Weltbauerntag ausgerufen worden. Die meisten Menschen bekommen davon wenig bis gar nichts mit. Familie Drobek geht es da nicht anders. Der heutige Donnerstag ist ein Arbeitstag – so wie jeder Donnerstag im Jahr. Und beinahe jeder andere Tag auch.

Treffpunkt am großen Tisch im Wohnzimmer. Ernst Drobek und seine Frau Irmtraud haben sich eingefunden, ihre Kinder Marcel und Natascha. Die heißt mittlerweile Meier mit Nachnamen und hat ihre beiden Sprösslinge Nico und Luca mitgebracht. Die Kleinen spielen auf dem Wohnzimmerboden mit einem Minibagger – was sonst. Was er mal werden will, frage ich den sechsjährigen Nico. Die Antwort hat zumindest ein wenig mit Landwirtschaft zu tun: Bulldogfahrer.

Seit etwa 130 Jahren betreibt die Familie in Willanzheim Landwirtschaft. Marcel (28) ist der Vertreter der mittlerweile fünften Generation. Ob er sich nicht einen anderen Beruf hätte vorstellen können? Etwas ganz anderes als Landwirt? Marcel lacht. „Ich wollte schon immer Landwirt werden“, versichert er. Und dass er im familieneigenen Hof mitarbeitet, war für ihn auch klar. Im Alter von 20 Jahren – wenn sich Gleichaltrige zur Orientierung ein Freiwilliges Soziales Jahr oder eine mehrmonatige Reise gönnen – hat Marcel mit seinem Eltern eine weitreichende Entscheidung getroffen: Bau eines modernen Stalls vor den Toren Willanzheims, damit verbunden eine Erweiterung des Viehbestandes – von rund 50 Kühen auf rund 120. „Das war eine Entscheidung fürs Leben“, sagt Marcel. Unglücklich schaut er dabei nicht aus.

Vater Ernst hat einst Sanitärinstallateur gelernt. Dann hat er seine Irmtraud kennengelernt. 1983 ist er auf den Hof gekommen. Auf 30 Hektar ist damals Ackerbau betrieben worden. „Unser Ziel war es, nach und nach Flächen dazu zu pachten.“ Es ist ihnen gelungen. Auf rund 95 Hektar betreiben die Drobeks mittlerweile Ackerbau, davon 17 Hektar Grünland. Getreide, Mais und Zuckerrüben bauen sie an. Es ist ein eigenständiges Unternehmen. Die Aufgaben sind klar verteilt.

Früh um 7 Uhr geht jeder Arbeitstag los – von Montag bis inklusive Sonntag: Melken ist angesagt. Bis 9.30 Uhr haben Vater und Sohn die Stallarbeit erledigt. Derweil richtet Mutter Irmtraud das Frühstück. Die 54-Jährige ist für die Büroarbeiten, für den Haushalt, für die Betreuung der Enkel und für die Pflege ihrer Mutter zuständig. Die ist mittlerweile 78 Jahre alt und verbringt ihren Lebensabend auf dem Hof. Manchmal hilft sie ein wenig in der Küche mit, am liebsten würde sie noch jeden Tag auf den Acker gehen. Die Gesundheit lässt es nicht mehr zu.

Irmtraud Drobek kennt es nicht anders. Schon ihre Oma hatte bis ins hohe Alter hinein auf dem Hof mitgeholfen. „Das ist in der Landwirtschaft ganz normal“, sagt Marcel. Die Großeltern bleiben auf dem Hof leben, bis ihre Zeit gekommen ist. Ein Leben im Altenheim? Undenkbar für die Drobeks.

„Wir haben hier genug Platz und es immer jemand da“, sagt Irmtraud Drobek. Wenn sich ihre Männer nach dem Frühstück nicht nur vom, sondern vor allem zum Acker machen, räumt sie auf und ist für die Enkel und die Oma da. Von 12.45 bis 13.30 Uhr ist Mittagspause angesagt, dann geht es bis 17 Uhr weiter. Nach der Brotzeit ist noch lange nicht Feierabend. Ernst und Marcel müssen noch einmal zum Melken in den Stall. Gegen 19.30 Uhr ist dann endlich Schluss. „Das sind schon lange Tage,“ sagt der 56-Jährige. Vor allem sind es lange Wochen. Auch am Samstag und Sonntag wollen die Kühe gemolken sein. Den letzten gemeinsamen Urlaub hat er mit seiner Frau 2005 verbracht. Sohn Marcel schaut zu, dass er wenigstens eine Woche im Jahr ganz abschalten kann. „Ich will die Arbeit und die Freizeit unter einen Hut bringen“, formuliert er sein Ziel. Vater Ernst drückt es ein wenig anders aus: „Irgendwann ist auch mal gut mit Schaffen“.

Den ganzen Tag zusammen arbeiten, mittags und abends gemeinsam essen: Wird das einem nicht irgendwann zu viel? „Wir kommunizieren viel“, sagt Irmtraud Drobek. Der Austausch tut der Familie gut. Wie lassen sich die Enkel in den Arbeitsalltag einbauen? Was gibt es zum Mittagessen? Wie geht es Oma Erika? Sinken die Milchpreise oder steigen sie? „Wir planen viel, müssen gleichzeitig aber auch flexibel sein“, bringt es Ernst Drobek auf den Punkt. Schlägt das Wetter um, sind die Pläne von einem Moment auf den anderen auf den Kopf gestellt. Mitunter kann es auch vorkommen, dass er mit seinem Sohn so richtig ins Zoffen kommt. „Aber dann finden wir schon wieder eine Lösung.“

Den heutigen Weltbauerntag wird die Familie wie jeden anderen Arbeitstag auch verbringen. Sie werden früh aufstehen und sich mindestens zweimal am Tag gemeinsam an einen Tisch setzen. Zu besprechen gibt es genug. „Im Mai ist alles gewachsen, jetzt geht es schon langsam auf die erste Ernte zu“, sagt Ernst Drobek – und seine Augen leuchten dabei. Einen schönen Beruf als Landwirt kann er sich nicht vorstellen.