Kaiserin Michiko hatte kein leichtes Leben am japanischen Kaiserhof. In einem fiktiven Drama geht Gabriele Brunsch ihrer Geschichte im Kitzinger Papiertheater nach
Kitzingen Viele Monate war sie untergetaucht – so drückt es Gabriele Brunsch selbst aus. Für die Arbeit an ihrem neuen Papiertheaterstück pendelte sie wochenlang zwischen PC und Atelier, sie recherchierte und schrieb, zeichnete Figuren und kreierte Kulissen. Oft vergaß sie dabei die Zeit, besuchte oft tagelang weder Wohnzimmer noch Garten.
„Die Kunstsucht ist eine, der man nicht entgehen kann“, sagt sie mit einem Schmunzeln – und freut sich jetzt über das Ergebnis ihres Schaffens.
Frage: Zuletzt kamen einige „alte“ Stücke“ im Papiertheater zur Aufführung. Bald steht jedoch wieder eine Premiere an, richtig?Gabriele Brunsch: Tatsächlich und ich freue mich sehr darauf, weil es ein echtes Herzensprojekt von mir ist. Bedingt durch Corona war und ist es nicht einfach, ein Theater zu betreiben. Vieles war nicht planbar, vieles sehr schmerzlich. Doch es ging weiter. Ich habe seit 2003 stolze 22 Theaterstücke geschrieben und erstellt. Das ist ein weitgefächertes Programm, aus dem ich jetzt schöpfen kann. Es ist quasi wie am Broadway: Beliebtes wird immer wieder gespielt.
Oft schreiben Sie bekannte Märchen fürs Papiertheater um. Das neue Stück „Nur das Hauchen des Windes“ hat jedoch eine ganz andere Entstehungsgeschichte.Brunsch: Mich faszinierten schon immer die japanische Gesellschaft, Religion, Regierung und Geschichte – ganz speziell jedoch das Leben im Kaiserhof, wo das bürgerliche Mädchen Michiko eingeheiratet hatte – sehr zum Leidwesen ihrer Schwiegermutter, der Kaiserin Kojun. Es drangen leider nur wenige, dafür traurige Fakten an die Öffentlichkeit. Die Tatsache jedoch, dass das Leben dieser Prinzessin bedrückend und qualvoll sein könnte, wo die Hochzeit doch für viele Mädchen weltweit eine märchenhafte Traumhochzeit gewesen war, hatte schon in den 70er Jahren mein tiefes Interesse geweckt.
So tief, dass Sie Michiko zur Hauptfigur eines Papiertheaterstückes machten?Brunsch: Tatsächlich habe ich schon vor vielen Jahren ein kleines Theaterstück über Michiko geschrieben – ganz einfach, weil ich die Kaiserin schon lange zutiefst verehre und bewundere. Als sie und ihr Gemahl vor einigen Jahren ihre Regierungsgeschäfte an ihren ältesten Sohn übergeben haben, erinnerte ich mich wieder daran. Dank der Chancen, die das Internet heutzutage bietet, konnte ich mich natürlich jetzt viel tiefer in die Geschichten um den kaiserlichen Hof in Japan einarbeiten. Ich habe alles ausgegraben und verifiziert, was ich in kleinen Häppchen schon in den Jahren zuvor hervorgeholt hatte. Der Wunsch, ein neues Theaterstück für mein Papiertheater Kitzingen zu schreiben und zu realisieren, war geboren.
Und wie ging die Realisierung Ihres Traumes weiter?Brunsch: Schon im Januar 2019 war der Text für neun Akte fertig. Entstanden ist ein fiktives Drama, ein Werk der Fantasie. Die Erstellung des Hörspiels mit den vielen Rollen und der Musik stellte mich jedoch vor große Schwierigkeiten. Insgesamt musste ich 18 unterschiedliche Sprecher finden – und 15 Szenenbilder entwerfen. Es war ein irrer Aufwand, der mich vor eine echte Herausforderung gestellt hat.
Wie ging die Geschichte von Michiko denn eigentlich nach der Hochzeit weiter?Brunsch: Weil Michiko eine Bürgerliche war, wurde sie mitsamt ihrer Familie brutal von den Traditionalisten attackiert. Auch nach der Hochzeit mit dem zukünftigen Kaiser Akihito war es vor allem ihre Schwiegermutter, die alles daran setzte, die junge Frau zu unterdrücken. Michiko erlitt mehrmonatige Schwächezustände, die bis zum Verlust ihrer Stimme führten. Auch Depressionen kamen hinzu. Die Macht im Kaiserpalast hält den Kaiser und seine Familie wie Marionetten fest. Akihito und Michiko waren zum Beispiel dazu gezwungen, selbst in hohem Alter im Jahr 2017 noch mehr als 300 öffentliche Anlässe abzuhalten. Auch die neue Kaiserin, die Frau von Michikos Sohn, lebt übrigens vollkommen isoliert von der Welt. Sie spricht mehrere Sprachen und war einst Diplomatin mit vielen Angestellten, heute darf sie nicht einmal ein Handy oder einen PC benutzen.