Steht man an so einem Tag neben sich?
Margit Gimperlein: Irgendwie schon. Alles hat gelodert, ich habe noch gedacht, wir müssen die Computer rausbringen, aber da war nichts mehr zu machen. Der Tag danach war eigentlich schlimmer. Der Anblick der verbrannten Überreste. Da habe ich erst die Realität gesehen.
Christian Gimperlein: Am Samstag waren wir voller Adrenalin.
Und danach? Haben Sie für einen Moment überlegt, alles hinzuschmeißen?
Elmar Gimperlein: Das hätten wir ja gar nicht gekonnt. Eine Ruine in der Landschaft stehen lassen. Das geht ja nicht.
Margit Gimperlein: Uns war von Anfang an klar, dass es weitergeht.
Christian Gimperlein: Als normale Gärtnerei wären wir weg vom Fenster gewesen. Aber wir sind dank unseres Produktes nicht auswechselbar. Die Kunden standen hinter uns.
Ihre Kunden sind vor allem große Supermarktketten. Die haben sich nicht nach neuen Lieferanten umgesehen?
Elmar Gimperlein: Wir haben sie gleich am Brandtag verständigt, dass wir vorerst nicht liefern können. Am Montag hat die Zentrale einer großen Kette angerufen und gefragt, ob wir ein paar Mitbewerber nennen können. Das haben wir gleich gemacht. Zwei Wochen später hat die Zentrale nachgefragt, wann wir wieder liefern können. Von da an kam jeden Montag die Frage, wie es uns geht. Wie weit wir sind. Ich kann über die Supermärkte wirklich nicht schimpfen. Die haben uns anständig behandelt.
Margit Gimperlein: Unsere Kollegen sowieso. Die Solidarität war enorm. Aus ganz Unterfranken sind Kollegen gekommen, um zu helfen. Schon am 23. Einfach so, wir mussten niemanden fragen oder anrufen.
Christian Gimperlein: 300 000 Kresseschale standen ja noch auf den Tischen, die mussten ausgeleert werden. Einen Tag waren 35 Kollegen da.
Elmar Gimperlein: Meine Elferratskollegen waren am Samstag da, haben das Dach mit Folien zugemacht, die Gardemädels sind gekommen, die Landfrauen vom Bauernverband, die Kreisvorstandschaft. Keiner war sich zu schade, eine Schaufel in Hand zu nehmen. Container sind angeliefert worden, als Provisorium für unser Büro. Ein Dixie-Klo. Alles ohne unser Zutun.
Margit Gimperlein: Die Sanitäter durften beim Nachbarn einziehen, um die Leute mit Essen zu versorgen. Die Gartenbauzentrale hat uns ihre Kühlräume zur Verfügung gestellt.
Elmar Gimperlein: Das war so eine tolle Erfahrung. Das hätten wir nie für möglich gehalten.
Ging die Schadensregulierung auch so gut über die Bühne?
Elmar Gimperlein: Wir können uns nicht beklagen, die Versicherungen haben mitgeholfen. Von 1,4 Millionen Euro Schaden haben wir rund eine Million Euro ersetzt bekommen.
Dann hat Sie der Brand rund 400 000 Euro gekostet. Eine Menge Geld.
Elmar Gimperlein: Ja, aber man muss auch die Vorteile sehen: Wir haben die gesamte Elektrik neu gemacht, Sandwich-Paneelen aufs Dach gebaut. Der Betrieb ist jetzt energiesparender. Wir haben einen neuen Kühlraum, eine neue Heizung, neue Wasserleitungen. Das sind Verbesserungen, die uns in der Zukunft helfen und die sich amortisieren werden.
Das heißt? Am Ende des Jahres können Sie sagen: Wir haben das gut hinbekommen?
Elmar Gimperlein: Auf jeden Fall. Ich habe gelernt: Jeder Schaden hat auch was Gutes. Ein guter Freund aus Holland hatte mir gleich am Anfang Mut gemacht: Du musst jetzt nach vorne denken, hat er gesagt. Bauen für die Zukunft, die Weichen für die nächsten 20 Jahre stellen. Das war genau die Hilfe, die ich zu dem Zeitpunkt gebraucht hatte.
Gibt es bestimmte Situationen, in denen Sie an den Brand erinnert werden?
Margit Gimperlein: Immer wieder Mal. Neulich war ich bei einer Versammlung, da hat ein Feuerwehrkommandant einen Vortrag über Rauchmelder gehalten. Ich bin so unruhig geworden, ich musste unbedingt heimfahren und nachschauen, ob ich das Bügeleisen wirklich ausgeschaltet hatte.
Elmar Gimperlein: Man wird sensibler. Wenn mein Handy piepst, schaue ich sofort drauf. Vorher hatte ich mir nie Gedanken gemacht.
Ist die Ursache abschließend geklärt?
Margit Gimperlein: Es war ein technischer Defekt am Herd. Wir hatten zum Glück keine Fehler gemacht, das Gerät ordnungsgemäß ausgeschaltet.
Haben die Brandermittler die Ursache gleich herausgefunden?
Christian Gimperlein: Ach was, die standen ein paar Minuten vor dem Herd, dann haben sie ihn beschlagnahmt und alles weitere freigegeben. Der Herd stand dann noch 14 Tage im Weg, bis er abgeholt wurde.
Wie würden Sie das Jahr 2016 im Rückblick bewerten?
Elmar Gimperlein: Als ganz normales Jahr. Vom Wirtschaftlichen her war es das. Uns fehlen rund 600 000 Euro Umsatz, weil wir sechs Wochen nichts produzieren konnten. Aber dafür haben wir auch weniger Aufwand gehabt. Wir haken das Jahr einfach ab. Fertig. Es geht wieder weiter.
Margit Gimperlein: Aber vergessen werden wir 2016 nicht. Wobei: Ehec vor fünf Jahren war noch viel schlimmer. Da haben wir nicht gewusst, ob der Kunde wieder kaufen wird. Die Zukunftsaussichten waren schlimmer. Das hat uns mehr zu schaffen gemacht als der Brand. Da habe ich gleich gewusst: Das schaffen wir wieder. Wir haben ja schon so viel geschafft.
Woher nehmen Sie Ihre Einstellung?
Elmar Gimperlein: Wir sind von Grund auf positiv eingestellt. Wir haben immer Ziele gehabt: Den Betrieb aufgebaut, ausgesiedelt, einen neuen Betrieb aufgebaut. Und jetzt haben wir halt den Großbrand überstanden.