Vom Hier und Jetzt ins Mittelalter und zurück: Die Iphöfer Stüchtler wandelten zwischen den Welten.
Ein Knall, wabernder Nebel, und dann steht er auch schon da, der Herr Professor, noch immer etwas verwirrt und zerstreut ob seiner Ankunft, denn eigentlich wollte er ja mit seiner Zeitmaschine ins Jahr 2025 – „zur vorzeitigen Eröffnung des Berliner Flughafens“, wie er verkündet. Aber nun, da er schon mal da ist – „was halten Sie davon, wenn wir gemeinsam durch die Zeit reisen?“
Das Publikum in der Karl-Knauf-Halle nimmt die Einladung gerne an, und so steuern sie in dieser Nacht gemeinsam durch Raum und Zeit: Julius Straub als Professor für Zeitgeschichte und gut 250 Zeitgenossen bei der Iphöfer Stücht.
Es ist eine wilde Reise, denn es geht nicht chronologisch, sondern vom Hier und Heute ins Jahr 1983 weiter ins Jahr 1993 zurück in die Zeit des Zweiten Weltkriegs, von dort ins Mittelalter und zurück in die Gegenwart. In jeder Epoche trifft der aufreizend zeitkritische Professor auf typische Vertreter ihrer Zeit, in den wilden 1980ern etwa auf 13 Mädels, die nichts weiter wollen als Spaß, verkörpert von den „Iphöfer Kröpferli“, den Jüngsten der Stücht, deren Schautanz die Lieder der damaligen Zeit aufgreift. „Ein energievoller Einstieg“, wie Straub findet.
Michael Jackson im Kleinformat
Diese Energie trägt ihn und seine Reisegruppe weiter in ein Jahrzehnt, in dem Fernsehen noch Formate wie die Mini-Playback-Show hervorbrachte. Kinder durften damals ihre Idole vor einem Millionenpublikum imitieren, harmlose und absolut unbedarfte Familienunterhaltung jenseits knallharter Casting-Nummern mit Heidi-Klum-Glamour und Dieter-Bohlen-Zynismus.
An diesem Abend moderieren die Show Martina Bernhardt und Marina Jandl, zwei Stüchtler der ersten Stunde, die ihre kleinen Gäste mit mütterlicher Wärme empfangen. Da schreitet Michael Jackson im Kleinformat die Bühne herab – oder Nena vollführt juchzend ihre Luftsprünge. Am Ende rocken Jandl und Bernhardt, quasi als Zugabe, selbst die Bühne.
Subtil und bewegend
Der nächste Zeitsprung bringt den Saal zum Nachdenken. Der Schautanz von Emily Troll erinnert an die Zeit der Bücherverbrennungen im Dritten Reich – ein dunkles Stück Zeitgeschichte, subtil und bewegend interpretiert von der deutschen Vizemeisterin im Einzelschaukampf. Im Jahr 1517 trifft Straub dann auf Martin Luther alias Jörg Kornacker, der mit ein paar steilen Thesen den Saal für sich gewinnt.
Die zähen Sondierungsverhandlungen in Berlin sind ebenso ein Thema wie die stetigen Ausfälle Donald Trumps. Zu allem hat der Kirchenmann die passende Musik mitgebracht. „Flieg' nicht zu hoch, mein kleiner Freund“ schallt durch den Raum, als er die Pläne des Rödelseer Bürgermeisters zur Seilbahn auf den Schwanberg anspricht.