Der Bauernverband hat (potenzielle) politische Entscheider in den Schweinestall eingeladen. Sie sollen sehen, welche Rahmenbedingungen den Bauern helfen. Und welche nicht.
Eins steht fest: Die allermeisten Landkreisbürger haben viel öfter ein Stück Schwein im Mund als ein lebendes Exemplar vor Augen.
Auch auf dem Dorf wächst man nicht mehr automatisch mit der Landwirtschaft auf. Kein Wunder, dass das Gespür und das Wissen für "grüne" Zusammenhänge verloren geht - auch bei politischen Entscheidern. Das will der Bayerische Bauernverband (BBV) mit seinem Kreisgeschäftsführer Rudolf Bender und Kreisobmann Alois Kraus ändern. Im Schweinemastbetrieb von Helmut Schmidt und Georg May in Unterickelsheim durften sich die Direkt-Kandidaten aller Parteien für Land- und Bundestag gestern nicht nur umschauen, sondern die politischen Anliegen der Bauern quasi vor Ort "begreifen".
"Alle Negativ-Klischees können wir Ihnen hier zeigen!" So forsch stimmte Helmut Schmidt die Politiker auf die Besichtigung des 2400 Tiere fassenden Stalles ein.
"Spaltenböden, gentechnisch verändertes Futter-Soja - all das haben wir hier. Und zwar mit gutem Grund. In der Öffentlichkeit entsteht oft ein ganz falsches Bild von manchen Dingen." Spaltenböden zum Beispiel seien viel hygienischer als Strohbelag. "Hat ein Schwein die Wahl, legt es sich im Sommer nicht auf Stroh, sondern viel lieber auf den kühleren Spaltenboden."
Bevor ihr Betrieb 2005 eröffnete, hatten Schmidt und May mit jeder Menge Widerstand aus der Bevölkerung zu kämpfen, die unter anderem Geruchsbelästigung befürchtete. "Wir haben daraufhin alle Pläne ganz offen kommuniziert. Heute kommen wir sehr gut mit den Dorfbewohnern aus", betonte Schmidt. Er führte seinen Gästen auch vor Augen, wo der Bürokratiehengst kostspielig wiehert.
"Wir werden eine Minderheit!" "Wir Landwirte werden eine Minderheit!" Herbert Pfriem aus Großlangheim, Vorsitzender der Erzeugergemeinschaft Kitzingen, fasste den Strukturwandel in einem Satz zusammen. Kleinere Höfe werden aufgegeben, größere entstehen. "Damit muss man sich befassen, auch volkswirtschaftlich." Wenn Grund und Boden in der Hand von Landwirten bleiben soll - und nicht etwa Fremden als Geldanlage dienen - , müsse die Politik die richtigen Weichen stellen. Auch in Sachen erneuerbare Energien "brauchen wir klare Rahmenbedingungen". Und an denen müsse politisch festgehalten werden - langfristig.
Damit landwirtschaftliche Betriebe sich im Außenbereich erweitern können, müsse deren Privilegierung erhalten bleiben, forderte der Geiselwinder Landwirt Hans Haubenreich.
"Die nachfolgende Generation muss vom Hof leben können." Deshalb dürfe auch die Erbschafts- und Schenkungssteuer nicht angehoben werden.
In dem dreistündigen Meinungsaustausch mit den Direktkandidaten ging es auch um das Zusammenspiel von Tourismus und Landwirtschaft, das ausbaufähig sei. Wichtig sei es, das Qualitätsbewusstsein der Menschen zu schärfen. Zwar sei der Trend zu regionalen Produkten spürbar. Doch eine "Premiumprodukt-Kampagne" fehle bisher. Eine solche habe zum Beispiel den Frankenwein zu einer begehrten Marke gemacht.
Obmann Kraus betonte, der Strukturwandel in der Landwirtschaft sei noch lange nicht zu Ende. "Umso mehr brauchen wir Verlässlichkeit und Planungssicherheit, um Investitionen tätigen zu können." Und so die "grünen" Berufe zu sichern.
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