Hartgesottenes für Hartgesottene

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Furioses Finale beim Metal Franconia: die oberfränkischen NDH-Thrash-Deutschrocker von Hämatom.
Foto: Michael Bauer
Und so feiern Heavy-Metal-Fans . . .
Foto: Michael Bauer

1000 Fans feiern beim Metal Franconia Festival in Dettelbach zwei Tage lang eine düstere Party. Impressionen vom Gerschehen in der Frankenhalle.

Fabian ist ein hartgesottenes Kerlchen. Obwohl er aus dem lieblichen Taubertal kommt. Zelten bei drei, vier Grad – wenigstens plus – ist ganz sicher nicht Jedermanns Sache. Aber besser als 100 Kilometer einfach im Auto hin und her zu gurken. Und das dann auch noch zwei Mal. Dann doch lieber den nächtlichen Tiefstwerten trotzen mit einem Gebilde aus Zelt, mehreren Isomatten und einem möglichst molligen Schlafsack.

Fabian will schließlich nichts verpassen, drinnen, in der jetzt auch nicht gerade knallheißen Frankenhalle. Sieben Jahre gibt's das Metal Franconia Festival schon – und so voll wie heuer war's noch nie. Mit den finnischen Folk-Metallern Ensiferum und den Oberfranken von Hämatom stehen da ja zwei Headliner am Freitag und Samstag auf der Bühne, die auch auf den großen Festivals die Massen mobilisieren.

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Richtig kuschlig wird's in der Halle, in der unterm Jahr Vieh verhökert wird, vor allem am ersten Tag. Und ganz besonders bei Ektomorf: Die Ungarn mixen klassischen Thrash-Metal rotzfrech mit Hardcore- und, ja, Hiphop-Elementen. Die Menge hüpft, ihr scheint's zu gefallen. Sänger Zoltan gibt am Mikro den Hans Dampf in allen Gassen – und sorgt für die eindeutig beste Stimmung des ganzen Festivals. So düster können die Death-Thrasher von Legion of the Damned gar nicht sein, dass die gleich wieder in den Keller rutschen würde. Die zombieaffinen Holländer sind der härteste Act in Dettelbach, technisch auch der anspruchsvollste – für's stark mittelfränkisch-lastige, trinkfreudige Party-Publikum aber vielleicht ein Tick zu aggressiv. Die über 1000 Fans toben halt doch lieber, wenn's schunkeliger wird: Und da sind Ensiferum Meister ihres Fachs. Die Finnen hauen ein bisschen Polka in ihren Metal, der von Wikingern und Trollen erzählt.

Festival aus der Region

Dass es an beiden Tagen auch das mit Leidenschaft auf allerhand Werbeflächen propagierte Festival aus der Region wird, dafür sorgen zahlreiche fränkische Combos. Und die Lokalmatadoren wie Defuse my Hate oder Soul Demise machen das nachmittags oder als nächtlicher Rausschmeißer (Schlachtschüssel) mehr als nur ordentlich. Da haben die Veranstalter wieder einmal ein nettes lokalpatriotisches Päckchen geschnürt. Klar, dazu passt dann für Fabian und die anderen beinharten Camper auch ein Weißwurst-Frühstück am Vormittag. Schade nur: Das deutliche Plus an Zuschauern hat nicht auch ein Plus an Helfern nach sich gezogen – da kann sich zur besten Abendsessenzeit glücklich schätzen, wer im Wust der Schlangen an Bon- und Essensausgabe überhaupt etwas fürs leibliche Wohl ergattert.

Der zweite Tag

Der zweite Tag kommt dann nach dem Auftritt der Bodensee-Thrasher Spellbound mit allerhand Überraschungen daher. Dass die Teil-Würzburger The New Black aus logistischen Gründen abgesagt hatten, sollten die Nürnberger von Hyrax wett machen, na, ja, sollten.

Doch Schwamm drüber, das finale Trio ist schillernd genug, diesen Part zu übernehmen. Crematory wandeln zwischen Gothic und Dark Metal – Neuland fürs MFF, doch die düstere Mixtur kommt an. Idealer Nährboden für Eisregen. Was die Thüringer da zusammenwursteln, will eigentlich nicht zusammen, passt aber schon seit über 20 Jahren: getragener Dark Metal, extreme Riffs, merkmürdige Schlagerfetzen und unglaublich morbide Texte des gewollt schmierigen Mikro-Hexers Michael Roth, genannt „Blutkehle“. Aber Songs wie „Scharlachrotes Kleid“ oder „Eichensarg“ sind längst Gassenhauer. In Düsternis baden auch Hämatom, gleichwohl die Oberfranken ein deutlich temporeicheres Festival-Finale hinlegen. Eine so aufwändige Lichtshow hat der Dettelbacher Heavy-Metal-Brocken noch nicht gesehen.

Und auch kaum so eine phantasievolle Combo: Nord, Süd, West, Ost und Äquator heißen die fünf Herrschaften, die obendrein so furchteinflößende wie kreative Masken tragen. „Wir sind Gott“ – höher als mit der ersten Nummer lässt sich die Latte selbst kaum hängen. Doch was die Himmelsrichtungs-Fanatiker da mit ihrer wilden Mischung aus NDH, Thrash und Deutschrock über eine Stunde hinlegen, erfüllt die eigenen Ansprüche.

Und die der Fans. Die krabbeln nach zehn Stunden harten Rocks die zweite Nacht in Folge ins feuchtkalte Zelt. Fabian nicht, er fährt in den frühen Morgenstunden des Sonntags noch heim. So ein hartgesottenes Kerlchen ist er dann doch nicht.