Die Gemeinde Seinsheim kann vor Gericht ihre Forderung über 106 Euro an einen Landwirt nicht durchsetzen. Sie geht einen Vergleich ein und bekommt nur noch zehn Euro für überackerten Gemeindegrund.
Zahlen muss der Beklagte, ein Landwirt aus Herrnberchtheim - das steht fest. Aber nur einen Bruchteil des ursprünglich geforderten Betrags: zehn statt 106 Euro.
Der gerichtliche Streit der Gemeinde Seinsheim gegen den Landwirt ging am Mittwoch vor dem Kitzinger Amtsgericht in die letzte Runde. Der Bauer sollte für jeden Quadratmeter überackerten Gemeindegrunds einen Euro zahlen. Amtsgerichtsdirektor Paul Spengler wollte eine Entscheidung herbeiführen. Zum Schluss wurde es ein Vergleich.
Bis es soweit war, wurde eine Stunde lang verhandelt. Nach der vorherigen Sitzung, die am 30. März dieses Jahres stattgefunden hat, wurde der Sachverständige Dieter Tasche tätig. Die Gemeinde Seinsheim wollte dieses 466,65 Euro teure Gutachten, weil sie damals mit dem Angebot der Gegenseite über 50 Cent pro überackertem Quadratmeter nicht einverstanden war. Die Grenzverletzung ist passiert, als der Landwirt das Feld für die Aussaat von Blühpflanzen im Rahmen eines Vertragsnaturschutzprogrammes vorbereitete. Das Programm läuft bis 2015 und so lange wird der ursprüngliche Grenzverlauf des Ackers nicht wiederhergestellt werden können. Davon ausgehend, hält es der Gutachter für angemessen, wenn der Landwirt 26,20 Euro für die 106 Quadratmeter zahlt.
Die Überackerung stellten die Seinsheimer Feldgeschworenen im Frühjahr 2010 fest. Für die Erfassung des betroffenen Grundstücks legte Tasche GPS-Daten zugrunde. "Das Gutachten basiert auf falschen Voraussetzungen", wehrte sich der Anwalt des Bauern gegen diese Vorgehensweise. Er war sich sicher, dass die Grundstücksgrenzen nach dem Kataster maßgeblich seien.
Paul Spengler wurde ungeduldig: "Wir müssen in irgendeiner Form zur Entscheidung kommen. Wir haben Prozesskosten aufgehäuft, die den eingeklagten Betrag weit überschreiten." Es mache ihm Kopfzerbrechen, was mit den mittlerweile gut 500 Euro Anwalts- und Gerichtskosten geschehen solle.
Erst allmählich, in winzigen Schritten, näherten sich die Parteien einander an. Vermittler war der Amtsgerichtsdirektor, der, wie er am Rande erzählte, vor Kurzem eine Fortbildung mit dem Thema "Herbeiführung eines Vergleichs" besucht hat. Der Anwalt der Gemeinde Seinsheim machte den größten Schritt: "Bei zehn Euro könnten wir mitmachen."
Dieser Betrag entsprach auch dem, was Paul Spengler vorschlagen wollte. Der Anwalt des Landwirts nannte dagegen einen Betrag von 7,50 Euro, mit dem alle Schadensersatzforderungen der Gemeinde an seinen Mandanten abgegolten sein sollten.
Spengler appellierte noch einmal, die zehn Euro zu akzeptieren.
"Ihr Mandant hat den Prozess zu neun Zehnteln gewonnen. Er kann hier erhobenen Hauptes herausgehen. Bitte handeln Sie nicht wie auf dem Basar." Es kam zum Vergleich. Und die angefallenen Kosten werden von beiden Seiten je zur Hälfte übernommen.
Es kann aber sein, dass der Frieden nicht für lange Zeit besteht. Denn der Landwirt müsste in den kommenden Jahren bereit sein, für die 106 Quadratmeter eine Pacht von einem Euro zu zahlen. Falls er das nicht macht, könnte sich die Angelegenheit wiederholen. Dass die Gemeinde einen Euro will, hat sie am 6. April 2010 angeordnet.