Attacke auf Tische, Stühle und Sonnenschirme, ein Aschenbecher bleibt verschwunden. Für Randale und Diebstahl erntet der Angeklagte sein mittlerweile zehntes Urteil.
Allein sitzt der Mann im roten Pulli auf der Anklagebank. Unter dem dichten blonden Schnurbart spitzt hin und wieder ein kleines Lächeln hervor. Seine Hände sind ineinander gelegt. Einen Verteidiger hat er nicht. Die Räume des Gerichts kennt er sowieso schon recht gut. Der Mann feiert nämlich ein groteskes Jubiläum: Sein zehntes Urteil.
Fahren ohne Fahrerlaubnis, Erschleichen von Leistungen oder Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz sind nur ein paar Vergehen auf seiner langen Liste. Heute steht wieder einmal Sachbeschädigung und Diebstahl auf dem Programm.
In einer Nacht im Frühjahr 2012 soll der Ein-Euro-Jobber getobt haben. Das Ausmaß seiner Aktion wurde erst am Morgen sichtbar. Umgeknickte Sonnenschirme, beschädigte Tische und Stühle, ein ausgebeultes Werbeschild: Mit dem Restaurant im Landkreis Kitzingen hat es der Angeklagte nicht gut gemeint.
Mehrere Hundert Euro Schaden hatten die Betreiber durch die Randale zu verbuchen. "Wir haben Anzeige gegen Unbekannt aufgegeben, dann war der Fall für uns erst einmal erledigt", sagt der geschädigte Geschäftsmann. Auf den Kosten sei er sitzen geblieben, die Versicherung zahle nämlich nur in Verbindung mit Einbruch oder Raub.
Auch ein benachbartes Bistro war Ziel der Attacken. Dort fehlten am Sonntagmorgen ein Standaschenbecher und ein runder Stehtisch, die normalerweise für Raucher vor der Eingangstür bereitstehen. "Meinen Tisch habe ich schon auf meinem Arbeitsweg an einer Mauer gelehnt entdeckt", sagt der Bistrobetreiber. Der Aschenbecher sei aber bis heute nicht mehr aufgetaucht.
"Was soll ich denn mit dem scheiß Aschenbecher", wehrt sich der Angeklagte. "Ich war das alles nicht. Um die Zeit hab ich geschlafen." Sein Kumpel hat da aber eine etwas andere Erinnerung.
Falsches Alibi "Wir haben die ganze Nacht Mensch ärgere dich nicht und Halma gespielt." Da sei er sich absolut sicher, denn er habe damals ständig verloren. Für den Staatsanwalt ein klarer Fall einer "Gefälligkeitsaussage", der er wenig Glauben schenkt.
Außer dem Bistro und dem Restaurant ist auch ein Café in der Nähe Opfer des wütenden Hartz-IV-Empfängers geworden. Aus dem Biergarten hat er einen Tisch geplündert und einen halben Kilometer bis ans Mainufer geschleppt. "Die sind ganz schön schwer, wie er das geschafft hat, weiß ich nicht", sagt die Betreiberin. Gehört hätte sie nachts schon etwas, aber gesehen hatte sie niemanden.
Dafür hat eine andere Zeugin umso mehr beobachtet. Von ihrer Wohnung aus hatte sie gute Sicht auf den Vorplatz der Gaststätten mitsamt dem Angeklagten.
Bei der Polizei erkannte sie ihn sofort unter acht ähnlich aussehenden Männern auf einem Foto. "Ich hab den Herrn eindeutig erkannt, als er an der Wand stand", sagt die Zeugin.
Nicht nur der Staatsanwalt, auch das Gericht glaubt der Frau und hält den Angeklagten für überführt. Sieben Monate Bewährung und 120 soziale Hilfsstunden lautet das mittlerweile zehnte Urteil für den Angeklagten. Sicher kein Grund zum Feiern.