Ein blühendes Kraftwerk, auch im Landkreis Kitzingen

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Florian Dittert und Klaus Waldera stehen in einem Biotop - mitten in einem Solarkraftwerk. Foto: Diana Fuchs
Florian Dittert und Klaus Waldera stehen in einem Biotop - mitten in einem Solarkraftwerk. Foto: Diana Fuchs
Klaus Waldera vor der Anlage in Düllstadt. Foto: Diana Fuchs
Klaus Waldera vor der Anlage in Düllstadt. Foto: Diana Fuchs
 
Foto: Diana Fuchs
Foto: Diana Fuchs
 
Dittert und Waldera vor Wechselrichtern und Trafo. Foto: Diana Fuchs
Dittert und Waldera vor Wechselrichtern und Trafo. Foto: Diana Fuchs
 
Ein Biotop gleich hinter der Umzäunung. Foto: Diana Fuchs
Ein Biotop gleich hinter der Umzäunung. Foto: Diana Fuchs
 
Auch eine blaue Libelle genießt die Sonne. Foto: Diana Fuchs
Auch eine blaue Libelle genießt die Sonne. Foto: Diana Fuchs
 
Unter den schräg aufgeständerten Solarmodulen wachsen viele Pflanzen. Foto: Diana Fuchs
Unter den schräg aufgeständerten Solarmodulen wachsen viele Pflanzen. Foto: Diana Fuchs
 
Leckerer Klee - ein Paradies für Hasen. Foto: Diana Fuchs
Leckerer Klee - ein Paradies für Hasen. Foto: Diana Fuchs
 
Foto: Diana Fuchs
Foto: Diana Fuchs
 

Vor 30 Jahren, am 12. Juli 1983, ging auf der Nordseeinsel Pellworm das erste Solarkraftwerk Deutschlands ans Netz. Im Landkreis Kitzingen wird die Sonnenenergie noch nicht ganz so lange genutzt: Dort entstanden vor rund elf Jahren die ersten Freiflächen-Anlagen.

Es staubt gewaltig auf dem Feldweg irgendwo hinter Düllstadt. Die Sonne brennt vom Himmel. Vor einem Zaun stoppt Florian Dittert (Pressereferent der Belectric Solarkraftwerke GmbH) das Auto. Sein Kollege Klaus Waldera öffnet mit einem großen Schlüssel das Eisentor und macht eine einladende Handbewegung: Willkommen im Solarkraftwerk!

Ein leises Platschen ist das erste Geräusch. Blitzschnell taucht ein Frosch im Wassertümpel gleich hinter dem Zaun unter. Blau schimmernde Libellen kreisen in der Luft. Wilde Margeriten, Schafgarben, Disteln und Klee wetteifern am Ufer um den besten Platz an der Sonne - gemeinsam mit schier endlosen Ständerwänden voller Sonnenkollektoren. Modernste Technik mitten im Biotop.

81 000 Solarmodule, jedes so groß wie eine Doppelseite der Zeitung, fangen auf über 16 Hektar Fläche die Sonnenstrahlen ein. "Hier bei Düllstadt wird Energie für 1500 Vier-Personen-Haushalte produziert", erklärt Klaus Waldera. Die Augen des 55-jährigen Vertriebsleiters der Belectric Solarkraftwerke leuchten auf, wenn er von den technischen Möglichkeiten der Photovoltaik spricht: "Die sind noch lange nicht ausgeschöpft." Kein Zweifel: Für Waldera ist das, was er tut, mehr als nur ein Job.

Vor 15 Jahren hat er noch als Verkaufsleiter für BMW gearbeitet. Dann stieg er in eine kleine Solarfirma ein, denn: "Das Thema Umwelt hat mich schon immer interessiert." Er erlebte mit, wie nach und nach Privatleute und die Industrie auf das Thema erneuerbare Energien aufmerksam wurden.

Eines Tages stand plötzlich Bernhard Beck, der Mitbegründer der Belectric-Firmengruppe, vor Walderas Schreibtisch in Schwabing. "Er hat mir von seinen Visionen erzählt, unter anderem von Photovoltaik-Freiflächenanlagen. Das hat mich gejuckt." Kurz: Beck hat Waldera vollständig infiziert. Und ihm die Verkaufsleitung der Solarkraftwerke anvertraut. Mit Erfolg. Belectric ist heute weltweit eine der erfolgreichsten Firmen im Bereich Photovoltaik; außer der Modulproduktion ist alles - Unterbau, Wechselrichtertechnik, Verkabelung - "made in germany". Auch das Gros der 25 Freiflächen-Kraftwerke im Kreis KT stammt von Becks Team.

"Vor zehn Jahren wäre man für diese Aussage ausgelacht worden, heute ist es amtlich: Die Erneuerbaren sind wirtschaftlich und wettbewerbsfähig", konstatiert Waldera. An einem Tag im Juni konnten heuer 40 Prozent des deutschlandweiten Energiebedarfs durch Sonnenenergie abgedeckt werden.

Doch der Erfolg bringe auch Probleme mit sich: Die vier Energieriesen - E.on, Vattenfall, EnBW und RWE -, die zum Beispiel an großen Kohlekraftwerken beteiligt sind, hätten wenig Interesse an weiterem Wachstum der "regionalen Regenerativen", die zur echten Konkurrenz geworden seien.

Ein weiterer entscheidender Punkt, der die Energiewende hemmt, sei die Tatsache, dass Wind- und Sonnenkraft nicht regelbar ist. Doch auch wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht, benötigen die Menschen Strom. "Die Erneuerbaren brauchen deshalb einen regelbaren Partner, um sich weiter zu entwickeln", stellt Waldera fest. Ein solcher Partner könnte ein Gaskraftwerk an einem Netzknotenpunkt sein. "Gaskraftwerke können in wenigen Minuten hochgefahren werden - viel schneller als Atom- oder Kohlekraftwerke."

Ein Wunsch, eine Vision

Um auf Dauer umweltfreundlich und unabhängig von Gas aus dem Ausland zu werden, schwebt dem 55-Jährigen zudem eine neue Speichertechnik vor: Überschüssige Solarenergie könne in minus 253 Grad kaltem Wasserstoff gespeichert und bei Bedarf ins Stromnetz eingespeichert werden. "Das ist freilich noch eine Vision. Aber die könnte bald Realität werden." Am Umwandlungsprozess und am Wirkungsgrad werde vehement geforscht.
"Die Welt der Energie ändert sich ständig", beschreibt Waldera die technische Entwicklung. Florian Dittert ergänzt: "Gerade deshalb muss man regional die richtigen Weichen stellen." Es müssten Lösungen her, die kostenmäßig konkurrenzfähig sind und zugleich sozial tragfähig. "Ich bin kein Fundamentalist der Erneuerbaren", beteuert Dittert. Man müsse auch in Energiefragen ganzheitlich denken. Für Kommunen könne das bedeuten, im Regionalverbund mit regelbaren Energieerzeugern auf Solarkraftwerke zu setzen, "wo sich diese ideal in die Landschaft einfügen"
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Mitten in der Düllstädter Flur wird die Verbindung von Umwelt und erneuerbarer Energie seh-, hör- und greifbar. Unter und neben den schräg stehenden, bis zu 3,5 Meter hohen Solarzellen leben Dutzende Pflanzen und Tiere. Durch die unten offene Umzäunung hoppelt ein Hase, um unterm Sonnenkraftwerk Klee zu naschen. Außer, wenn zweimal im Jahr der Mähbulldog kommt, herrscht Ruhe und Frieden - ein Ort, so scheint es, voll positiver Energie.


Elf Jahre Sonnenkraftwerke im Landkreis


Vor genau 30 Jahren, am 12. Juli 1983, ging auf der sonnigen Nordseeinsel Pellworm das erste Solarkraftwerk Deutschlands ans Netz.

Vorreiter im Landkreis Kitzingen waren Kirchschönbach und Mainbernheim. Dort entstanden vor rund elf Jahren die ersten Freiflächen-Solaranlagen. Mittlerweile gibt es auch Sonnenkraftwerke in Atzhausen, Dimbach, Düllstadt, Effeldorf, Gnodstadt, Hellmitzheim, Kleinlangheim, Martinsheim-Gnötzheim, Obernbreit, Reupelsdorf, Repperndorf, Schnepfenbach und Seinsheim-Wässerndorf.