Bürgerbräu: Namenswechsel belegen turbulente Zeiten

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Die Kitzinger Bürgerbräu mit der Belegschaft aus dem Jahr 1950: Michael Hofmann, der Brauherr Siegfried Rockstroh (erste Reihe Mitte) inmitten seiner Mitarbeiter, hinten der langjährige Direktor ...
Foto: Jens Fiebig
Die Belegschaft der Bürgerbräu Kitzingen im Jahr 1982.
Jens Fiebig
Die Bürgerbräu und die Belegschaft im Jahr 1930. Mit den Brauereipferden haben sich die Mitarbeiter im Hof der Brauerei aufgestellt. Achrivfotos: Jens Fiebig
Jens Fiebig
Vor den Lastwagen der Brauerei steht Karl Heinz Fiebig (von links) mit dem Bierfahrer Robert Hofmann und dem Brauer Anton Schock.
Jens Fiebig

Im Rathaus in Kitzingen dreht sich in einer Ausstellung alles ums Bier. Eine der Traditionsbrauereien ist die Bürgerbräu. Im Herzen der Altstadt wurde bis 1998 gebraut.

Noch bis Sonntag, 4. September, läuft die Sommerausstellung 2016 des Kulturvereins PAM – zur Feier des 500-jährigen Jubiläums des bayerischen Reinheitsgebots. In der Rathaushalle in Kitzingen dreht sich bis dahin alles ums Kitzinger Bier.

Die Ausstellung „Hopfen und Malz – Kitzinger Brautradition“ begleiten wir mit einer kleinen Serie. Sie bietet kurze Einblicke in eine lange Geschichte. Heute geht es um die Bürgerbräu und da geht es in dem von den Ausstellungsmachern Renate Haass und Klaus Christof zur Verfügung gestellten Text bis ins 19. Jahrhundert und zum Vorgänger Ehemann Bräu.

Der Weg zur Aktiengesellschaft

Nach dem Tod Thomas Ehemanns führten dessen Schwiegersöhne Carl Reichard und Oskar Deuster die Brauerei 13 Jahre lang fort. 1885 verkauften sie die Ehemann Bräu an das Kitzinger Bankhaus Bachmann, das das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umwandelte und an der Münchner Börse platzierte.

Für die Aktienbrauerei Kitzingen – vormals Thomas Ehemann – folgte eine turbulente Zeit, geprägt von zwei Konkursen und einem verheerenden Mälzereibrand. Erst ab 1909 kam die Brauerei wieder in ruhiges Fahrwasser: der Marktredwitzer Unternehmer Heinrich Rockstroh brachte alle Anteile der unter dem Namen Bürgerbräu Kitzingen, früher Ehemann Bräu GmbH, firmierenden Brauerei in seinen Besitz.

Die Ära Rockstroh

Die Brauerei stand jetzt auf gesunden Füßen, was dem neuen Besitzer ermöglichte, 1912 die Brauerei Gaßner mit ihrem großen Kundenstamm zu erwerben. Nach der umgehenden Stilllegung des Gaßnerschen Brauhauses und entsprechenden Umbauten entstand auf dem Gelände eine eigenständige Mälzerei. Später bekannt als Frankenmalzfabrik Reiter & Co arbeitete diese erfolgreich bis in die 1950er Jahre. Mit großem Engagement führte Heinrich Rockstroh die Bürgerbräu bis zu seinem Tod 1931 fort.

Sein Enkel, Siegfried Heinrich Rockstroh (1905 bis 1970), übernahm das florierende Unternehmen als Geschäftsführer einer Erbengemeinschaft, bis er 1936 die als Bürgerbräu Kitzingen Siegfried Heinrich Rockstroh firmierende Brauerei in Besitz nahm, die beim Bombenangriff auf Kitzingen am 23. Februar 1945 großen Schaden erlitt. Der notwendige Wiederaufbau und eine Modernisierung erfolgten in den folgenden Jahren unter enormen Anstrengungen. Das Sudhaus, eine neue Flaschenabfüllanlage, Gär- und Lagerkeller, die Dampf- und Kälteversorgung, alles musste erneuert werden. Die Erweiterung der Produktpalette 1950 mit Fruchtlimonaden und die ständigen Bemühungen, das Biersortiment und dessen Absatz zu optimieren, führten zum Erfolg.

Mit der Traditionsmarke Bayerisch Gold traf man den Geschmack der Biertrinker ebenso, wie ab den 1960er Jahren mit der Marke Hadla Pils, die sich sogleich großer Beliebtheit erfreute. Das Leben Siegfried Heinrich Rockstrohs war bis zu seinem Tode im Jahr 1970 angefüllt mit dem steten Bemühen, die Brauerei auf dem neuesten Stand der Technik zu halten und den Absatz zu expandieren.

Die Familie Fiebig

Die Nachfolge trat Rockstrohs Tochter Ingrid an, eine ausgebildete Braumeisterin, zusammen mit ihrem Mann, dem Braumeister Karl-Heinz Fiebig, als Geschäftsführer der Bürgerbräu KG. Mit der neuen Biermarke Ur-Kitzing, einem dunklen Märzenbier, konnte die Bürgerbräu bei der Kundschaft ab 1978 punkten.

Die Brauereiinhaber standen jedoch – wie schon ihre Vorgänger – immer wieder vor der Herausforderung, den Betrieb modernisieren zu müssen, um sich im stetig wachsenden Konkurrenzkampf eine solide Position zu sichern. Der Standort, inmitten der Altstadt Kitzingens, ohne Erweiterungsmöglichkeiten und mit seinen verkehrstechnischen Einschränkungen, erwies sich zudem als problematisch. Dennoch entschied sich die Familie Fiebig, nicht zuletzt wegen des eigenen Tiefbrunnens, gegen eine Aussiedlung auf die grüne Wiese. So konnte die Bürgerbräu 1982 ihr 175-jähriges Gründungsjubiläum in der angestammten Umgebung, im Herzen der Stadt, kräftig feiern.

Mit dem Tode Karl-Heinz Fiebigs 1993 lag die Verantwortung für das Familienunternehmen nun ausschließlich in den Händen von Ingrid Fiebig. Der Strukturwandel auf dem Biermarkt, im Vertrieb, der Konkurrenzdruck durch Industriebiere und das veränderte Konsumentenverhalten veränderten die Situation auch für die Bürgerbräu KG grundlegend. 1998 entschloss man sich zur Einstellung der Bierfabrikation und übergab das operative Geschäft an die Kulmbacher Brauerei AG. Das Brauereigelände ist nach langjährigem Leerstand zur Zeit eine Baustelle. Eine moderne Wohnanlage wird die alte Brauerei ablösen.

Öffnungszeiten: Täglich von 10 bis 18 Uhr, der Eintritt ist frei. Den 250 Seiten starken Katalog gibt es in der Ausstellung. Weitere Infos: info@multiculture-artsnetwork.info