Betrügerische Geldnot

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Ein junger Familienvater bezahlt immer wieder mit seiner ungedeckten EC-Karte und kommt nur knapp einer Freiheitsstrafe davon.

Es waren sicherlich mit die längsten Minuten seines Lebens. Mit gefalteten Händen und starrem Blick erwartete der 32-Jährige gestern sein Urteil. Dann die Erlösung: Der Richter gibt ihm noch eine Chance - die allerletzte, wie er betont - und setzt die Freiheitsstrafe doch noch einmal zur Bewährung aus.
Betrug in mehreren Fällen, so lautete die Anklage. Der Lagerist sucht keine Ausflüchte. "Es stimmt alles", räumt er nach der Verlesung der Anklagepunkte ein. Viermal ging er mit seiner nicht gedeckten EC-Karte für rund 260 Euro im Supermarkt einkaufen, er kaufte ein Auto für 600 Euro, von denen er nur die Anzahlung beglich, und er bestellte für knapp 80 Euro in einer Internetapotheke - auch hier mit dem Wissen, die Rechnung nicht begleichen zu können.
"Wir wussten manchmal einfach überhaupt nicht mehr weiter", erklärt der Angeklagte seine damalige Situation. Das Geld habe vorne und hinten nicht gereicht - schon gar nicht für eine Familie mit zwei Kindern. Mehrere Vorstrafen lasten auf dem Konto des 32-Jährigen. Immer wieder liest der Richter das Wort "Betrug" auf der Liste vor. Ihm ist der Mann auf der Anklagebank kein Unbekannter.
Doch es hat sich etwas geändert im Leben des jungen Mannes. Das beteuert er vor Gericht immer wieder. Den Ausschlag hierzu gab das Verbüßen der letzten Strafe: in der Justizvollzuganstalt in Würzburg. "Das will ich nicht noch einmal erleben", sagte der Angeklagte. Den Schub von hinten habe er vielleicht gebraucht, jetzt hat er sich das Ziel gesetzt: Ich will nicht mehr nach unten, sondern nur noch nach oben. Seine Familie steht in engem Kontakt mit einem Insolvenzberater, der Klarheit in die finanzielle Lage und die geschätzt 25 000 Euro Schulden bringen soll. Nach der Inhaftierung im Frühjahr 2010 hat der Angeklagte sich um einen Job gekümmert, der mittlerweile in eine Festanstellung umgewandelt worden ist. Arbeitgeber und Banken seien in seine finanzielle Lage eingebunden. "Ich gebe Ihnen Brief und Siegel, dass so etwas nicht mehr passieren wird", wandte sich der Angeklagte mit einem fast schon flehenden Blick an Staatsanwalt und Richter.
Die hatten vor allem an einer Tatsache zu knabbern: Das letzte Urteil wurde am 11. Mai 2009 gefällt. Während der Großteil der gestern verhandelten Anklagepunkte vor diesem Tag lag und somit in eine neue Gesamtstrafe einbezogen werden konnte, lag die Internet-Bestellung danach. Und dummerweise auch noch knapp danach. "Dass Sie 13 Tage nach dem Gerichtstermin erneut straffällig werden, war sehr unklug", kommentierte der Staatsanwalt. Aufgrund dieser Tatsache sah er auch keine Bewährungsstrafe mehr für möglich.
Auch der Richter brachte die Brisanz zur Sprache. Normal gelte der Angeklagte durch diese Tatsache als "typischer Bewährungsversager", als "unbelehrbar". Dennoch setzte der Richter auf die Beteuerungen, dass der Aufenthalt in der JVA seine Wirkung nicht verfehlt hat. Er setzte die Strafe deshalb noch einmal zur Bewährung aus und verurteilte den Angeklagten zu 16 Monaten sowie weiteren vier Monaten (Internet-Bestellung) Freiheitsstrafe. "Bedenken Sie: Aus fünf vor zwölf kann ganz schnell fünf nach zwölf werden", so der Richter. Jetzt ist es an dem 32-Jährigen, zu zeigen, dass er dieses Vertrauen verdient hat.