Ein denkmalgeschütztes Haus renovieren? Keine leichte Aufgabe, aber eine lohnende, findet Familie Erlwein aus Zeil. Blick hinters Fachwerk.
Manchmal packt es einen, dann kann man sich einer Sache nicht mehr erwehren. So geschehen bei Raimund Erlwein. Als der heute 70-Jährige 1976 seine Stelle als Lehrer an der Realschule in Eltmann antrat, reiste er kurz darauf zu einer Konferenz ins benachbarte Zeil.
"Ich bin durch die langweilige Bamberger Straße hereingefahren", erinnert er sich an seinen ersten Eindruck von der Stadt. Kein guter, aber umgehend änderte sich das, als er der Hauptstraße in Richtung Markt folgte. "Es war ein Wow-Erlebnis", sagt Erlwein. Die Altstadt mit ihren verwinkelt gebauten Fachwerkhäusern und engen Gassen hatten es ihm angetan. Was hier seinen Anfang nahm, resultierte rund 40 Jahre später in der Verleihung der bayerischen Staatsmedaille für Denkmalschutz.
Aber nochmal zurück in der Zeit: 1978 zog Erlwein nach Zeil, schließlich entschlossen sich er und seine Frau Irene, ein Haus zu bauen. Es sollte kein Neubau werden: "Das Fachwerk hat mich fasziniert", erklärt er. Die Zeiler Innenstadt ebenso. In der Langen Gasse war ein leerstehendes landwirtschaftliches Anwesen zu haben, die Erlweins schlugen zu. Das Haus stammt Untersuchungen des Buchautors Reinhard Gutbier ("Das Deutsche Bürgerhaus") zufolge aus dem 15. Jahrhundert. Denkmalgeschützt. "Damals wusste ich so genau nicht, wie man so etwas angeht", erinnert sich Erlwein. Gegen den Rat vieler Zeitgenossen, er solle sich das nicht antun, machte sich der Lehrer an die Arbeit. "Ich wollte es einfach." Von 1983 bis 1985: Baustelle. Einzug. Familiengründung.
Drei Söhne wuchsen hier auf. Alle sind sie nun aus dem Haus, doch halt: Einer kehrte zurück. Ihn hat es ebenfalls gepackt.
Gemeinsamer Innenhof
Johannes Erlwein, 30 Jahre alt, renovierte jüngst gemeinsam mit seinem Vater das ans Elternhaus angrenzende Anwesen in der Oberen Heppengasse. Beide Gebäude bilden zusammen einen kleinen Innenhof, sind aber räumlich nicht verbunden.
Der Sohn erzählt: 2012 hatte er gerade sein Studium in Dresden beendet und trat wenig später eine Stelle in Nürnberg an. Zwischenzeitlich kam er im Elternhaus unter. Zeil als Wohnort war nur als vorübergehende Lösung geplant. "Das provisorische Pendeln, bis ich eine Wohnung in Nürnberg habe, hält jetzt schon fünf Jahre an", sagt Johannes Erlwein und lacht. Statt in die Frankenmetropole zog der 30-Jährige nur ein Haus weiter.
Viel Arbeit steckt in dem schmalen Häuslein (112 Quadratmeter Wohnfläche) und auch viel Geld, denn alte Häuser warten mit vielen Überraschungen auf, die Renovierung nach Denkmalschutz-Vorgaben ist aufwendig. Aber es lohnt sich, versichert der 30-Jährige: Die Finanzierung über die Bank bedeute zwar Schulden auf viele Jahre, "aber ich arbeite ja noch eine Weile", sagt er. Mit der Last könne er leben, dafür kann er schon ein kleines Haus sein Eigen nennen. Ohne Frage ein außergewöhnliches und ziemlich schönes noch dazu. Das sieht übrigens auch der Freistaat so: Kultusminister Ludwig Spaenle überreichte in der vergangenen Woche der Familie Erlwein für das "generationenübergreifende Projekt" die Denkmalschutzmedaille 2017.