Wilde Jagd über die Autobahn endet vor Gericht

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Ein Kriminalpolizist wollte einen Geschäftsmann, der rechts überholt hatte, auf der Autobahn 70 stellen. Der Verkehrssünder war aber schneller. Nun trafen sich die beiden Kontrahenten vor dem Amtsgericht in Haßfurt wieder.

"Was man auf der Autobahn heutzutage erlebt, ist fast schon kriminell", sagte der Dresdner Kriminalpolizist vor dem Amtsgericht Haßfurt aus. Er war dem 170 PS starken VW des Angeklagten im März 2012 mit seinem zehn Jahre alten Mercedes auf der Autobahn 70 nachgejagt. Nach 18 Kilometern musste er die Verfolgung aber an der Autobahnausfahrt Haßfurt/Theres abbrechen.

Riskantes Überholmannöver

Davor hatte der Geschäftsmann den Polizisten auf der A70 in Richtung Schweinfurt in einem riskanten Manöver rechts überholt. Nach der Anzeige durch den Kripo-Beamten bekam der 43-jährige aus Baden-Württemberg dafür einen Bußgeldbescheid über 1600 Euro wegen Straßenverkehrsgefährdung. Gegen den legte er Einspruch ein und so kam es zur Gerichtsverhandlung in Haßfurt.


Dort gab der Angeklagte zwar zu, in Höhe Eltmann rechts überholt zu haben. Allerdings bestritt er, dass er das andere Fahrzeug dabei schnitt. "Ich hatte ausreichend Platz, zwischen dem Mercedes und einem Lkw einzuscheren", gab der Familienvater an. Auch den Vorwurf, den Polizisten nach dem Tunnel ein zweites Mal rechts überholt zu haben, wies er zurück. Überhaupt habe er den Polizisten nicht als solchen erkannt und sei durch dessen Fahrverhalten sehr verunsichert gewesen.

"Hätte es denn nicht gereicht, sich einfach das Kennzeichen zu notieren?", fragte Richter Roland Wiltschka daraufhin den Kriminalpolizisten.

Polizist wollte selbst eingreifen

Denn bei der Verfolgungsjagd über etwa 18 Kilometer soll es zu filmreifen Szenen gekommen sein. Nicht nur, dass beide Wagen über 200 Stundenkilometer schnell fuhren. Der Polizist hatte auch versucht, den Verkehrssünder mit Lichthupe und einer Verkehrskelle zum Anhalten zu bewegen. Teilweise waren die Fahrzeuge nebeneinander her gerast. Der Polizist wollte nicht nur das Kennzeichen, er wollte den Fahrer. Zu oft könnten die Personalien der Fahrzeughalter im Nachhinein nicht festgestellt werden, erklärte er dem Richter. Zudem wollte er den Angeklagten an Ort und Stelle belehren.

Der 58-Jährige ist am Landeskriminalamt Dresden in der Abteilung für Terrorismus und Extremismus tätig. In seiner Freizeit sitzt er viel im Auto. Seit 16 Jahren pendelt er zwischen der Dienststelle in Dresden und seiner Heimat Heidelberg hin und her. Immer mit dabei: die Verkehrskelle, mit der er im Bedarfsfall Verkehrssünder in die Schranken weist.

"Machen Sie das denn öfter?", wollte Verteidiger Martin Diebold von dem Beamten wissen. Der Gefragte erinnerte sich nur an einen Vorfall vor zwei Jahren. Seine Beifahrerin, die als Zeugin aussagte, berichtete dagegen von einem weiteren Einschreiten in jüngster Zeit.

Mitfahrer völlig unbeeindruckt

Besonders kurios: Die Mitfahrer der beiden Raser gaben sich von dem Spektakel nahezu unbeeindruckt. Das junge Pärchen, das der Polizist über eine Mitfahrerzentrale mitgenommen hatte, war weder von der hohen Geschwindigkeit noch vom Überholen von rechts geschockt. Der Beifahrer des Geschäftsmanns, der jedoch nicht aussagte, las während des Manövers seine E-Mails.

"Also ich verstehe das nicht: Da winkt einer mit der Patschen, der andere schneidet den Weg ab und die Beifahrer kriegen nichts mit", kommentierte Richter Roland Wiltschka fassungslos. Weil sich letztendlich nicht feststellen ließ, wie massiv die Straßenverkehrsgefährdung auf der Autobahn war, wurde das Verfahren gegen eine Geldauflage von 2000 Euro eingestellt. Die Staatsanwaltschaft und die Verteidigung stimmten zu.