Durch den Anbau heimischer Früchte auf Streuobstwiesen pflegen Kleinbrenner die fränkische Kulturlandschaft. Gleichzeitig kurbeln sie die regionale Wirtschaft an - der edle Tropfen schmeckt.
"Hinter jedem Produkt steht ein Erzeuger", sagt Heinz Müller. Der ehemalige Kreisfachberater im Landkreis Haßberge gehört zu den Köpfen, die hinter der "Kulinea" stecken. Heinz Müller hat nicht nur viele Ideen, sondern noch mehr Herz in die Genussmesse gesteckt. Sie soll in einer Zeit, "in der wir von einem Lebensmittelskandal in den nächsten tappen", den Verbrauchern regionale Perspektiven aufzeigen.
Die Obstbrenner Hans Reitinger aus Prappach und Georg Andres aus Pettstadt gehören zu den Ausstellern, die an diesem Wochenende ihre Brände auf der "Kulinea" präsentieren.
Hans Reitinger ist trotz seiner 65 Jahre noch ein "junger" Brenner. Erst 1994 hat er das Brennrecht erworben. Dafür hat er seine Streuobstwiesen auf 1,5 Hektar aufgestockt und etwa 300 Obstbäume gepflanzt. Die Früchte für seine Brände, Liköre, Geiste und Spezialitäten kommen von dort oder zumindest aus der Region.
"Waldhimbeeren, Preiselbeeren und Ingwer muss ich natürlich zukaufen, die wachsen hier nicht", erklärt er.
Ehrgeiz statt Alkoholgenuss Obwohl der ehemalige Eisenbahner, wie er sagt, selbst keinen Schluck Alkohol trinkt, ist das Brennen seine Leidenschaft. Das feine Aroma kreiert er mit seiner noch feineren Nase. Seine Belohnung ist nicht der edle Tropfen selbst, sondern seine Qualität. Die wird regelmäßig von dem Fränkischen Klein- und Obstbrennerverband Würzburg prämiert. Alle Schnäpse in den Regalen von Reitingers gemütlicher Probierstube in Prappach sind prämiert.
Die Destillate werden alljährlich in der Landesversuchsanstalt des Fränkischen Klein- und Obstbrennerverbandes in Veitshöchheim getestet und probiert.
2012 haben Hans Reitinger und der Landwirt und Braumeister Georg Andres zusammen sieben Gold-, 13 Silber- und 3 Bronzemedaillen bekommen. "Mein Antrieb ist es, immer bessere Schnäpse zu brennen. Das ist mein Ehrgeiz", erzählt Hans Reitinger.
Der Prappacher benutzt zur Herstellung seiner Schnäpse ein einfaches Brenngerät. Georg Andres dagegen produziert seine Schnäpse mit einem Brenngerät mit Verstärkungsanlage.
Mehr Arbeit ergibt mehr Aromen Der Unterschied: Mit einem einfachen Brenngerät muss man den Branntwein zwei Mal brennen. Beim ersten Durchgang fließt Raubrand heraus. Erst beim zweiten Mal der Feinbrand. Reitinger bevorzugt diese Variante, "weil ich im Nachlauf (Anm.
der Redaktion: dem Feinbrand) die ätherischen Öle und Aromen mitnutzen kann".
Georg Andres kann mit seinem so genannten Kolonnengerät dafür höher prozentigen Alkohol in nur einem Durchlauf gewinnen.
Das A und O des Schnapsbrennens bleibt aber bei allen Maschinen gleich: der Vor- und Nachlauf müssen voneinander abgetrennt werden. Denn nur der Mittellauf, das Herzstück des Branntweins, wird nach der Verdünnung mit Quellwasser auf etwa 40 Prozent Alkohol zu einem fruchtigen Genuss ohne Zusätze. Um das zu schaffen, braucht der Brenner eine feine Nase, ein gutes Gespür und viel Erfahrung.
Und wie entsteht nun ein Obstbrand? Dafür braucht es sieben Arbeitsschritte. Schritt eins: die Ernte. Schritt zwei: das Einmaischen des Obstes. "Nur aus reifem und sauberem Obst wird ein guter Brand", sagt Hans Reitinger. Schritt drei: die Gärung mit Hefe. Schritt vier: die Maischelagerung.
Schritt fünf: die Destillation in ein oder zwei Durchgängen. "Nach der Vergärung muss gleich gebrannt werden", erklärt Reitinger. Schritt sechs: Die Reifung des Destillates in Holzfässern oder Kunststoffbehältern.
Viel Arbeit für wenig Schnaps Erst dann kommt Schritt sieben: Der Obstbrand wird durch die Zugabe von Quellwasser auf Trinkstärke herabgesetzt. Dann wird das Wässerchen abgefüllt, verpackt, etikettiert und gelagert.
Es ist viel Arbeit, die sich die Kleinbrenner in den Haßbergen Jahr für Jahr machen, um die heimischen Früchte zu verflüssigen. Bisher dürfen das nur diejenigen, die ein Brennrecht besitzen. Nach Reitingers Einschätzung sind etwa 260 Männer und Frauen im Kreis. Sieben davon sind Obstbrenner.
Doch mit dem Auslaufen des Branntweinmonopols 2017 kann jeder, der eine bestimmte Anzahl und Größe von Grund und Obstbäumen hat, ein Brennrecht erwerben und sein Obst verwerten.
Definition: Klein- und Obstbrennereien sind landwirtschaftliche Nebenbetriebe, die aus historischen Gründen ausschließlich in Süd- und Südwestdeutschland (vor allem in Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz, Saarland) angesiedelt sind.
Alkohol: Drei Viertel der von Klein- und Obstbrennereien erzeugten Alkoholmengen (jährlich etwa 60 000 Hektoliter reiner Alkohol) werden im Rahmen des Branntweinmonopols als Obstrohalkohol an die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein gegen ein Entgelt abgeliefert. Das übrige Viertel (jährlich zirka 20.000 Hektoliter) wird in Form von Spirituosen vermarktet.
(www.kleinbrenner-verband.de)
Wissenswertes zur Genussmesse "Kulinea": Am Samstag, 23. Februar, eröffnet der Knetzgauer Bürgermeister Stefan Paulus die erste regionale Genussmesse "Kulinea" in der Franz-Hofmann-Halle in Knetzgau. Dort stellen Direktvermarkter und Handwerker von 10 bis 18 Uhr ihrer Erzeugnisse aus: selbstgemachte Pralinen, Obst und Gemüse und Edelbrände. Der Eintritt kostet vier Euro. Die Messe ist auch am Sonntag, 24. Februar, geöffnet.
Wer produziert mein Essen? Die Idee hinter der "Kulinea" ist es, regionale Bauern, Direktvermarkter und Handwerker aus der Region mit den Verbrauchern aus ihrer Umgebung zusammenzubringen. Diese Messe bietet neben den Lebensmitteln auch die Möglichkeit, sich über den Anbau von Obst, Gemüse und Wein sowie über die Herstellung handwerklicher Objekte zu informieren.
Auf dem Programm stehen außerdem Weinproben und verschiedene Aktionen. Projektleiter Heinz Müller ist von dem Konzept der "Kulinea" überzeugt: "Frische und Qualität werden dem Verbraucher garantiert, der durch den Kauf regionaler Lebensmittelprodukte die heimischen Betriebe unterstützt und die regionale Produktion vorantreibt."
Auch Glas, Filz, Seife und Schmuck sind Gegenstand unterschiedlichster Aussteller. Neben den Ausstellungsstücken werden auch Workshops angeboten, die dem Verbraucher die Herstellung zeigen. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf saisonal angebauten Produkten. "Denn wer saisonale Produkte kauft, macht einen großen Schritt in Richtung Umwelt- und Klimaschutz", sagt Heinz Müller. Denn regionale Saisonprodukte müssten keine unnötigen Transportstrecken zurücklegen, seien geschmacklich intensiver und kurbelten die Wirtschaft an.
Partner der "Kulinea" sind unter anderem der Landkreis Haßberge, die Gemeinde Knetzgau, "Natürlich von hier" und die Region Mainfranken.
Aussteller auf der "Kulinea" Abt Degen Weintal; Reinhart Bauer; Bauernhof Gräf; Bienenzuchtverein Haßfurt; Brauerinnung Haßberge; Demeterhof Dünninger; Edelobstbrennerei Reitinger; Fleischerinnung Haßberge; Gästehaus Schaaf; Gutsgasthof Andres; Käserei Öffner; Kaffeerösterei Wehner; Andreas Klement; Konditorei Wagner; Kräuterstube; Lindenhof; Maas Cocktails; Maintal Konfitüren; Marga's Kren; Natürlich von hier;
Nußmühle Nitsch; Obstkelterei Ehrlinger; Schmitt'n Hof; Schnell's Kürbiskerne; Steigerwaldbäckerei Oppelt; Hubert Strauß; Weiki-Hof; Wurzelfreund; Alpakahof Lipka; Filz und Funkel; Gärtnerring Haßberge; Glasworkshop; Goldschmiede Buhlheller; Guide Media; Villa Schaumberg; Lamahof Lettner; Natur behütet; Regionalmanagement und Tourist-Information Landkreis Haßberge.