Im Kino schaut man Filme, oder hat wer schon mal etwas anderes gehört? Im Zeiler Capitol-Theater fliegen einem beim Ohrenkino mitunter die Löffel weg, wenn der Projektor ausbleibt und Instrumente hervorgekramt werden.
Die Leinwand des Capitol-Theaters in Zeil blieb am Freitag schwarz. Stattdessen spielte sich alles auf der Bühne davor ab. Beim "Ohrenkino" kamen Musikliebhaber der siebziger und achtziger Jahre genauso auf ihre Kosten wie Fans von aktueller Rock- und Popmusik. Jederzeit konnten die Besucher kommen und gehen. Die Eingangstüre stand den gesamten Abend offen. In den Stoffsessel zurückgelehnt konnte das Publikum ein Live-Programm der etwas anderen Art genießen.
"Der Grundgedanke des Ohrenkinos ist, Nachwuchsmusikern ein Podium zu geben", erklärt Bruno Schneyer vom Capitol-Theater Zeil. Zwei Mal pro Jahr findet die Veranstaltung statt, bei der vier Bands für jeweils eine Stunde ihr Bestes geben. Die einzigartige Atmosphäre im gedimmten Kinosaal ist für viele Besucher etwas ganz Besonderes. "Musikveranstaltungen beschränken sich heute meist auf Mammutveranstaltungen. Das Kino hingegen bietet ein ganz anderes Flair", so Bruno Schneyer.
Cover und eigene Songs Den Anfang machte die Band "Stainless Sound". Bereits seit 2007 machen die drei jungen Männer Thomas Pirzer, Johannes Riegel und Simon Basler, die sich seit ihrer Schulzeit kennen, gemeinsam Musik. Mit ihrem Akustik-Cover-Rock bewiesen sie, wie gut Gitarre und E-Piano mit dem Cajón, einer lateinamerikanischen Kistentrommel, harmonieren. Ihr Coversong-Repertoire reichte von "Hotel California" über "Beautiful day" bis hin zu Milows "Ayo Technology". Auch einen eigenen Song namens "Reflection of your mind" gab es zu hören.
Es wird rockiger Danach wurde es deutlich rockiger. Die Bühne wurde freigegeben für die "Trash Pop Pilots", die sich selbst als "älteste Newcomerband der Welt" bezeichnet. Die Nürnberger Gruppe um Frontsänger Ronny van Dyke besteht seit 2006. Ronny van Dyke selbst macht allerdings schon seit 42 Jahren Musik. Zum ersten Mal dabei, zeigt er sich von der Atmosphäre im Zeiler Kino positiv überrascht: "Schönes Kino, tolle Initiative". Mit extravaganten Outfits und einer skurrilen Bühnenshow wurde rasch sichtbar, dass die Band großen Wert auf Inszenierung legt. Zum Song "Radio" verriet van Dyke: "Es ist der Traum eines jeden Künstlers, sich einmal selbst im Radio zu hören." Der Wunsch sollte ihm sogar einmal erfüllt werden, als die Band vor Jahren mit ihrem Song "Please please love" in einer Radiosendung als "Newcomer der Woche" vorgestellt wurde.
Im Anschluss standen die E-Gitarren auf der Kinobühne im Zentrum des Geschehens. Die fünfköpfige Band "Coleslaw", in der auch die Vorsitzenden der Musikinitiative Haßberge, Florien Bieselt Andreas Ott, mitwirken, rockte mit Cover-Songs wie "Born to be wild" oder "highway to hell" den Kinosaal.
Die letzte Stunde war dem Solisten Robert Braun vorbehalten. "Der Sound im Kino ist gut und die Leute sitzen gechillt", so der 26-Jährige. Als Solo-Akteur mit Gitarre sang er mit einem Hauch Melancholie in der Stimme.