Wegen 35 Euro vor Gericht

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Ein angeblicher Parkplatz-Rempler wurde am Donnerstag mit großem Aufgebot vor dem Amtsgericht in Haßfurt verhandelt. Am Schluss war alles wieder offen: Das Verfahren wurde eingestellt. Es ging nur um einen Bußgeldbescheid.

Man möchte die Hände über dem Kopf zusammenschlagen: Da muss sich ein Richter am Amtsgericht Haßfurt eineinhalb Stunden lang Zeit nehmen, um über einen Bußgeldbescheid in Höhe von 35 Euro zu verhandeln, den eine 19-Jährige angefochten hat.

Ein Knall, kein Schaden

Die junge Frau soll mit dem Wagen ihres Vaters einen anderen Pkw angefahren haben. Der Tatort: der Parkplatz des Zeiler Biergartens Göller. Die Tatzeit: der Abend des 10. September 2012. Die geladenen Zeugen: fünf an der Zahl. Zwei davon sind mit der vermeintlichen Unfallfahrerin verwandt, die zwei anderen kennen den Geschädigten. Der Fahrer des beschädigten Wagens sagt ebenfalls als Zeuge aus.
Er hat den Schaden der Polizei gemeldet und das Kennzeichen der vermeintlichen Unfallverursacherin angegeben, die Zeugen vom Parkplatz fahren sahen.

Am Ende des Bußgeldverfahrens steht jedoch fest, dass nichts feststeht. Zwei der Zeugen, die zur fraglichen Zeit den Biergarten besuchten, haben zwar einen Knall gehört und den Wagen der jungen Frau wegfahren sehen. Wirklich beobachtet hat den Zusammenstoß aber niemand. Erschwerend kommt hinzu, dass Polizeibeamte an dem Wagen der jungen Frau keine Spuren feststellen konnten, während das angefahrene Auto einen Sachschaden von gut 1400 Euro hat.

Rechtssystem

"In dubio pro reo" - also im Zweifel für den Angeklagten - urteilte Christian Lang, Richter am Amtsgericht Haßfurt, und stellte das Verfahren ein. Die Bearbeitung von Zivil- und Bußgeldverfahren ist tägliches Brot des Juristen. Dass es dabei oftmals um Bagatellen geht, sieht er positiv. "Es spricht für unser Rechtssystem, dass die Bürger auch bei Ordnungswidrigkeiten Gehör vor Gericht finden", sagt er. Vor allem Autofahrer, denen ein Fahrverbot und Punkte in Flensburg drohen, fechten nach seiner Darstellung ihren Bußgeldbescheid oft an. "Mit einer Rechtsschutzversicherung fällt man, was die Kosten angeht, relativ weich", erklärt der Richter.

Im konkreten Fall war wohl die Sorge vor einer Höherstufung der Haftpflichtversicherung die Motivation, den Bescheid anzufechten, vermutet der Richter. Dafür hatte der Vater der jungen Fahrerin keine Mühen gescheut und extra einen Lageplan des Göller-Parkplatzes sowie ein Luftbild anfertigen lassen.
Es nutzte wohl: Das Verfahren wurde eingestellt. Der Bußgeldbescheid ist null und nichtig. Ob der Halter des kaputten Wagens den Schaden zivilgerichtlich einklagen will, bleibt abzuwarten.