Volle Auftragsbücher trotz Corona: Warum bei Maincor in Knetzgau die Produktion gerade 24/7 läuft
Autor: Rebecca Vogt
Knetzgau, Donnerstag, 10. Dezember 2020
Während andere Betriebe mit den Folgen der Corona-Krise zu kämpfen haben, laufen beim Kunststoffrohr-Hersteller Maincor in Knetzgau die Maschinen aktuell rundum die Uhr - an sieben Tagen in der Woche. Sogar die Geschäftsführer packten schon in der Fertigung mit an.
Vor dem Eingang zum Werksgelände reihen sich die Lkw aneinander, während in der Produktionshalle die Maschinen rattern. Aus den Fertigungsanlagen laufen dort - wie eine lange, nie enden wollende Spaghetti - Kunststoffrohre verschiedenster Art. Die Auftragsbücher der Firma Maincor sind prall gefüllt. Am Produktionsstandort in Knetzgau stehen die Maschinen aktuell an keinem Tag der Woche still.
Das Auftragsvolumen des Unternehmens liege aktuell rund 50 Prozent über dem Vorjahresniveau, berichtet Geschäftsführer und Firmengründer Dieter Pfister. "Die Auftragslage hat uns teilweise selbst überrascht", erzählt der Maincor-Chef mit einem Schmunzeln. "Und", fügt er an, "in der jetzigen Zeit ist das sicherlich auch sehr ungewöhnlich."
Mehr als 20 neue Mitarbeiter eingestellt, Weitere gesucht
Die Firma hat in den vergangenen Wochen mehr als 20 neue Mitarbeiter eingestellt, wie Tobias Kuhn, Geschäftsführer der Industriesparte bei Maincor, berichtet. "In nahezu allen Bereichen haben wir aktuell eine Sieben-Tage-Woche", erklärt er. Nach wie vor werden Mitarbeiter gesucht, fügt Pfister an.
Kuhn und auch Pfisters Sohn Michael, Geschäftsführer der Sparte Gebäudetechnik, halfen vor einigen Wochen sogar schon einmal selbst am Wochenende in der Produktion aus. "Das war aber eher symbolisch", wiegelt Kuhn ab. "Wir wollten einfach unsere Bereitschaft signalisieren und zeigen, dass wir auch mitanpacken und helfen."
Viele Mitarbeiter aus der Verwaltung hätten sich ein Beispiel genommen und inzwischen auch freiwillig an den Wochenenden in der Produktion ausgeholfen. Der Einsatz bleibe nicht unbelohnt, erzählt Firmenchef Dieter Pfister. In den Schichten werde zum Beispiel immer Essen bestellt. Es gebe eine Pizza-, eine Burger- und eine Dönerschicht, sagt er mit einem Augenzwinkern. Außerdem solle auch eine Corona-Prämie an die Mitarbeiter gezahlt werden.
Die Zeit überbrücken bis neue Maschinen eintreffen
"Es ist fantastisch, wie unsere Mitarbeiter mitgezogen haben und das auch jetzt immer noch tun. Ich bin echt begeistert", sagt Pfister. "Auf Dauer kann das natürlich nicht der Normalzustand sein", schränkt Kuhn ein. "Wir wollen mittelfristig wieder zu einer Fünf-Tage-Woche zurückkehren. Es geht jetzt aktuell einfach darum, die Spitze abzufangen." Mit der Sieben-Tage-Produktion solle die Zeit überbrückt werden, bis zusätzliche neue Maschinen installiert werden können.
Erst vor zwei Jahren nahm Maincor auf seinem Knetzgauer Firmengelände ein neues Logistikzentrum in Betrieb. Um Platz für die neuen Maschinen zu schaffen, ist nun geplant, dieses in eine Produktionshalle umzufunktionieren.
Im kommenden Jahr wiederum soll dann für zehn Millionen Euro ein neues Logistikzentrum entstehen: 16 Meter hoch, 70 lang, 50 Meter breit, mit Stellplätzen für 10 000 Paletten. In der Übergangsphase müssten die Lagerbestände womöglich an einen Logistik-Dienstleister ausgelagert werden, so Pfister.
Vor sieben Jahren Insolvenz angemeldet
Die aktuelle Entwicklung des mittelständischen Unternehmens ist umso beeindruckender vor dem Hintergrund, dass Maincor erst vor sieben Jahren Insolvenz anmelden musste. In Eigenverwaltung zog sich die Firma damals quasi am eigenen Schopf wieder nach oben, verkaufte zwei Kernbereiche (den Maschinen- und den Tiefbau) und fokussierte sich auf die Sparten Industrie und Gebäudetechnik.
"Wir haben viele Kunden, die sich auf unterschiedliche Branchen, Bereiche und Standorte verteilen", beschreibt Firmenchef Pfister das heutige Erfolgsrezept. "Läuft ein Bereich mal schlecht, können andere das ausgleichen." Man habe nur einen einzigen Kunden, der mehr als fünf Prozent des Umsatzes ausmache, alle anderen lägen unter der Fünf-Prozent-Marke. Die Exportquote beträgt laut Pfister aktuell rund 47 Prozent. Die Kunden sitzen in 61 Ländern.
Maincor selbst setzt auf eine Produktion in Deutschland. "Rohrsysteme - Made in Germany" prangt als Slogan und Qualitätsversprechen unter anderem auf den Werbebroschüren des Unternehmens. "Wir bleiben in Deutschland", unterstreicht Pfister. Das verhindere vielleicht den einen oder anderen Auftrag, aber langfristige Kundenbeziehungen seien wichtiger. "Treue zahlt sich aus", erklärt der Firmenchef.
Während der Corona-Krise im Frühjahr brachen Lieferketten weg
Aber natürlich machten sich die Auswirkungen der Corona-Krise auch bei Maincor bemerkbar. "China ging Mitte Dezember auf Null runter. Von Januar bis August war der chinesische Markt tot", erinnert sich Pfister. Ein Umstand, der sich für das unterfränkische Unternehmen jedoch nicht nur als Nachteil erweisen sollte. Denn durch die plötzlich unterbrochenen Lieferketten auf dem asiatischen Markt konnte Maincor Firmen als Kunden für sich gewinnen, wie Pfister berichtet.
Industriesparten-Geschäftsführer Kuhn erklärt, dass der Automobilbereich im Frühjahr ebenfalls schlagartig auf Null gegangen sei. "Im April und im Mai ging gar nichts. Dann hat die Nachfrage sich auf einem sehr, sehr verhaltenen Niveau eingependelt. Aber seit Ende September, Anfang Oktober geht der Bedarf durch die Decke", berichtet er.
"Was wirklich toll läuft, ist der Baubereich", ergänzt Pfister. Mögliche Einbrüche durch Corona würden sich in der Baubranche allenfalls erst antizyklisch bemerkbar machen, erklärt er. "Es stellt ja jetzt niemand den Bau ein, wenn er damit schon begonnen hat." Seine Kunden bedient Maincor hier auch über einen Webshop. Zu den Komponenten, die die Firma in diesem Bereich fertigt, zählt etwa ein antibakterielles System für den Lüftungsbau. Gerade in Corona-Zeiten sicher gefragt.