Das Amtsgericht Haßfurt verhandelte eine wüste Auseinandersetzung - und kam nicht richtig weiter.
Sehr liebevoll kann es bei der We-Love-Party im Sommer 2015 an der Haßfurter Flutbrücke nicht zugegangen sein. Eine damals eingesetzte Polizeibeamtin erinnerte sich an "mindestens" zwei Schlägereien bei der Veranstaltung. Das hatte juristische Folgen: erst einmal einen Strafprozess am Freitag vor dem Amtsgericht in Haßfurt. Der Angeklagte (23) soll bei einer der Prügeleien einen anderen Festbesucher, der schon am Boden lag, mit dem Fuß getreten haben. Da die Staatsanwaltschaft eine von der Verteidigung angebotene Einstellung mit einer 3000-Euro-Auflage ablehnte, wird das Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung Ende März fortgesetzt.
Das Geschehen
Passiert war der Vorfall rund um eine Gruppenschlägerei am 28. Juni 2015. Diejenigen, die damals dabei waren, konnten sich im Zeugenstand kaum an Einzelheiten erinnern - vielleicht wegen der langen Zeit, die zwischenzeitlich vergangen ist, vielleicht auch, weil alle ziemlich viel gebechert hatten. Von daher war es nachvollziehbar, dass die Aussage des damals eingesetzten Security-Mitarbeiters am plausibelsten war.
Der Ordner schilderte, dass es schon im Festzeit zwischen den zwei Gruppen einen zunächst verbalen Streit und anschließend eine Rangelei gegeben habe. Dabei ging es wohl um eine Frau.
Um die Situation zu entschärfen, erteilten die Mitarbeiter der Sicherheitsfirma irgendwann dem späteren Beschuldigten und dessen Freund einen Platzverweis. Da die Ordnungskräfte nicht mitgekriegt hatten, dass sich die gegnerische Gruppe vor dem Eingang postierte, war die Maßnahme eher kontraproduktiv und führte zur Eskalation.
Denn als die Streithähne wieder aufeinander trafen, gerieten sie sich mit einer gegenseitigen Schubserei gleich wieder in die Wolle und dann ging es sozusagen Schlag auf Schlag. Dabei kassierte ausgerechnet ein 28-Jähriger, der schlichtend eingreifen wollte, eine erste Abreibung. Er wurde von einem 35-Jährigen mit der Faust auf die Stirn geschlagen.
Deutlich gesehen
Kurz darauf ging der 35-Jährige, der vorher "zugelangt" hatte, selber zu Boden. Ob das infolge des Gerangels oder durch einen gezielten Stoß passiert war, ließ sich nicht klären. Jedenfalls, sagte der Security-Mann, habe er dann ganz deutlich gesehen, wie der 23-jährige Angeklagte mit seinem Fuß auf den Kopf des am Boden Liegenden getreten habe, und zwar ganz gezielt, als ob er "einen Fußball" vor sich habe. Da der Ordner damit beschäftigt war, die Streithähne auseinander zu bringen, konnte er sich nicht sofort um den Getretenen kümmern. Doch als er kurz darauf nach unten blickte, lag der Mann nicht mehr da.
Die Vermutung des Sicherheitsmitarbeiters, dass der Tritt nicht weiter schlimm gewesen sei und das Opfer sich von dannen gemacht habe, bestätigte sich nicht. Denn vielleicht 20 oder 30 Minuten später fand man das Opfer bewusstlos auf dem nahe gelegenen Zufahrtsweg. Ein Rettungswagen brachte ihn ins Krankenhaus, wo man am nächsten Tag eine Prellung an der Schläfe sowie einen Riss der Augenhöhle und Schädeldecke feststellte. Die nachfolgende stationäre Behandlung erstreckte sich über sechs Tage.
Woher rührt die Verletzung?
Doch wie kam es zu der schweren Verletzung?, fragte Rechtsanwalt Jochen Kaller. War sie Folge des Tritts? Oder führte bereits der Sturz - dessen Verursacher sich nicht ermitteln ließ - zu einem heftigen Aufprall? Oder war das spätere Zusammenbrechen ursächlich für die Schädelverletzung? Da sich diese Frage nicht klar beantworten lasse, bot er nach kurzer Unterredung mit seinem Mandanten an, bei Einstellung des Verfahrens 3000 Euro an den Geschädigten zu entrichten.
Gegen eine Einstellung
Die Staatsanwaltschaft lehnte diesen Vorschlag ab. Etwas kompliziert war der Prozess auch deshalb, weil das Opfer selber in den vorausgegangenen Händeln zugeschlagen hatte und damit sozusagen in Personalunion auch Täter war. Aus diesem Grund hatte der 35-jährige Geschädigte einen Strafbefehl über eine hohe Geldstrafe erhalten, wogegen seine Anwältin allerdings Einspruch erhoben hat. Schließlich ordnete das Gericht einen Fortsetzungstermin für den 29. März um 9 Uhr an, zu dem weitere Zeugen vorgeladen werden.