Rießbecks Ballons verschwinden wieder aus Eberns Christuskirche

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So ist die Christuskirche in Ebern nur noch wenige Tage zu sehen. Das Kunstwerk wird wieder abgebaut. Foto: Ronald Rinklef
So ist die Christuskirche in Ebern nur noch wenige Tage zu sehen. Das Kunstwerk wird wieder abgebaut. Foto: Ronald Rinklef
 
 
So ist die Christuskirche in Ebern nur noch wenige Tage zu erleben. Das Ballon-Kunstwerk von Gerhard Rießbeck wird wieder aus dem Innenraum der Kirche verschwinden. Foto: Johanna Eckert
So ist die Christuskirche in Ebern nur noch wenige Tage zu erleben. Das Ballon-Kunstwerk von Gerhard Rießbeck wird wieder aus dem Innenraum der Kirche verschwinden.  Foto: Johanna Eckert
 
Zwei von Rießbecks Luftballons
Zwei von Rießbecks Luftballons
 
 

Das Kunstwerk, das für die Aktion "12(W)Orte" für die Eberner Christuskirche entstanden war, wird wieder abgebaut. Die Entscheidung, die bei einer Abstimmung der Kirchengemeinde gefallen war, hinterlässt im Nachhinein Enttäuschung auf mancherlei Seite.

Ebern - Nun ist es aus und vorbei: Am Freitag, 13. November, wird die umstrittene Darstellung von Jesu Kreuzigung und Tod des Bad Windsheimer Künstlers Gerhard Rießbeck aus der evangelischen Christuskirche entfernt. Damit wird die von der Regionalbischöfin Dorothea Greiner ins Leben gerufenen Kunstaktion "12(W)Orte" auch in Ebern zu einem Ende gebracht.

"Auf diese Weise hatten wir hier in Ebern die einmalige Gelegenheit ein Kunstwerk zu sehen und zu erleben, das genau für unseren Kirchenraum geschaffen wurde", beschreibt Katrin Ruppert, Mitglied im Kirchenvorstand der evangelischen Kirchengemeinde, das vergangene letzte Jahr.

Von Anfang an gab es viel Rummel und Gebrummel um die Luftballons, die Dornenkrone und den blauen Himmel, womit Gerhard Rießbeck die Bibelstelle Lukas 23 bildlich darstellen wollte. "Die Diskussionen darüber waren kontrovers, zum Teil auch festgefahren, aber wir haben erlebt, was so ein Kunstwerk in unserer Kirche bewirken kann", verdeutlicht Katrin Ruppert.

Beim Gemeindefest im September wurde zu einer demokratischen Abstimmung eingeladen. Eine knappe Mehrheit hatte gegen den Ankauf des Kunstwerkes gestimmt, wobei nur knapp zehn Prozent der Gemeindemitglieder zur Wahlurne gingen.


Enttäuschung überwiegt

Obwohl die Konditionen der Kunstaktion für Künstler und Kirchengemeinde von vornherein klar waren, bleibt die Enttäuschung über die Entscheidung beiderseits nun nicht im Verborgenen. Gemeinsam stellen die Beteiligten fest: Die Kirchengemeinde hat damit eine Chance vertan. "Ich persönlich habe mich damit angefreundet. Es war durchaus eine Bereicherung und hat immer wieder neue Facetten und Aspekte hervorgebracht", gestand Pfarrer Bernd Grosser, kurz nachdem Ende September feststand, dass das Kunstwerk wieder wegkommt.

Er spricht von einer "theologischen Chance" und von der Möglichkeit, dass sich die Gemeinde mit diesem Kunstwerk durchaus hätte exponieren können. "Das hat ja schon deutschlandweit für Aufsehen gesorgt", weiß Grosser aus all den Kontakten und Gesprächen, die sich durch das Kunstwerk in den letzten Monaten ergeben haben.


Nach Ebern gepilgert

Etliche Besuchergruppen sind nur wegen Rießbecks Darstellung nach Ebern gepilgert, Kindergartengruppen haben sich im Kirchenraum umgesehen, neue Themen für die Gottesdienstgestaltung haben sich ergeben. "Verpasste Chance, würde ich sagen", so Grosser.

Rießbecks Bibel-Installation, die er für die Christuskirche in Ebern geschaffen hat, hat einen Wert von über 20.000 Euro. Durch die Akquisition von Zuschüssen und Unterstützern hätte sie der Eberner Kirchengemeinde nur noch 6250 Euro gekostet. Am Geld sei es nicht gescheitert, ist Pfarrer Grosser überzeugt. Es waren eher die verschiedenen Vorstellungen vom Kirchenraum und die Positionierungen gegenüber moderner Kunst.
Viele der Gemeindemitglieder empfinden gerade in der Schlichtheit der Christuskirche das Besondere. "Mir ist das zu bunt und zu kitschig", teilten einige der Kirchgänger die Meinung gegenüber den Luftballons. "Mich hat die Kühle der Kirche nie gestört. Und ein Farbklecks an der Decke wird diese Kühle auch nicht auflösen", sagte Christian Frieß bei der Gemeindeversammlung im Februar 2014.


Bedauern beim Künstler

Was meint der Künstler eigentlich selbst dazu? "Ich bin über die Entscheidung der Eberner Gemeinde natürlich sehr enttäuscht, weil ich nach wie vor der festen Überzeugung bin, dass meine Installation genau richtig ist für diesen Ort, weil sie die Menschen aus ihrer Lethargie und Gewohnheit aufrüttelt und zu neuen Gedanken und Auseinandersetzungen führt", sagte Gerhard Rießbeck auf Anfrage unserer Zeitung. Und das Gute an der ganzen Sache? "Ich freue mich aber auch darüber, dass ich sehr viel positiven Zuspruch erhalten habe, sowohl aus Ebern, als auch von Menschen, die extra wegen des Kunstwerks nach Ebern gereist sind."

Am Freitag wird ein örtlicher Malerbetrieb die Luftballons von den Wänden der Christuskirche nehmen und die Löcher wieder unsichtbar machen. Der Aufwand bleibt dabei im Rahmen, die Wände werden nicht neu gestrichen. Die Deckenscheibe mit Himmel und Dornenkrone wird Rießbeck selbst abhängen. "Das Werk wird jetzt gut verpackt in meinem Atelier eingelagert. Ich glaube, dass mir damit etwas Besonders gelungen ist und gebe die Hoffnung nicht auf, dass das auch Andere erkennen können", stellt Rießbeck dar.


Veralteter Kunstgeschmack?

Dann ist die traditionelle und schlichte Gestaltung der Christuskirche aus den 1950er- und 1960er-Jahren wieder hergestellt. "Ein Kunstgeschmack, der heute nicht mehr entspricht", findet Pfarrer Bernd Grosser. "Unsere Kirche wird ohne das Kunstwerk um einiges ärmer und ich glaube, es wird eine Lücke hinterlassen, die sich nicht von selbst füllen wird", glaubt Katrin Ruppert.

Was die katholische Kirchengemeinde St. Laurentius vor wenigen Jahren mit dem modernen aber zunächst höchst umstrittenen Seitenaltar von Michael Triegel gewagt hatte, ist für die evangelische Schwestergemeinde nun vom Tisch: "Die Chance auf Erneuerung - Reformation - hat die evangelische Gemeinde erst mal vertan", bringt es Gerhard Rießbeck schlussendlich auf den Punkt.