Die Kreisstadt bekommt ein mindestens zehn Millionen Euro teures neues Amtsgericht vom Justizministerium hingestellt. Noch dazu von einem der angesehensten Architekturbüros der Welt.
Ein millionenschweres, von einem der weltweit renommiertesten Architekturbüros geplantes Gebäude mitten in der Provinz? Oder, wie es der aus Stuttgart angereiste Journalist Christian Marquart am Freitag in seiner Frage ausdrückte: "im Hinterland"?
Marquart wollte das nicht falsch verstanden wissen, Haßfurt in Ehren, aber dass es dazu kommt, dass das deutsch-spanische Architekturbüro Nieto Sobejano ein Projekt in Haßfurt verwirklicht, hält der Fachjournalist für Architektur für eine kleine Sensation. Haßfurts Bürgermeister Rudi Eck (parteilos) eher weniger. Der findet das ganze einfach nur "echt super".
Ein Glücksfall Bei der Vorstellung der Entwurfsplanung zum Neubau des Amtsgerichts Haßfurt in der Nähe des Ezo-Kreisels wurde am Freitag im Alten Rathaus erneut deutlich, was für ein Glücksfall das Bauvorhaben für die kleine
Stadt und den Landkreis ist. Das hatte auch Landrat Rudolf Handwerker (CSU) immer wieder betont. Denn Handwerker und Eck haben, wie sie sagen, nicht locker gelassen und immer wieder beim Justizministerium nachgebohrt, damit das mit dem Neubau klappt. Und zufällig wurden dann Kapazitäten frei, weil sich ein anderes Projekt verschoben hatte - die Chance für Haßfurt, denn die Stadt hatte gerade das optimale Grundstück parat. "Es hat einfach alles gepasst", sagt Handwerker.
Nun baut Nieto Sobejano, von der Online-Publikation BauNetz in der Rangliste 2013 der internationalen Architekturbüros auf Platz eins geführt, ein mit zehn Millionen Euro veranschlagtes Justizgebäude (ohne die Grundstückskosten), das sich sehen lassen kann, wie Christian Marquart glaubt: "Da werden Architektur-Touristen kommen."
Der Stadt und dem Landkreis kann das nur recht sein.
Dass es bei den veranschlagten zehn Millionen Euro bleiben wird, glaubt der Landrat zwar nicht, das Projekt schätzt er insgesamt teurer ein. "Aber das kann uns ja egal sein", sagt Handwerker fast schelmisch. Denn: Der Bau wird komplett vom Justizministerium bezahlt. Noch vor der Sommerpause soll der Landtag in München um Genehmigung des Projekts gebeten werden, erklärte Innen- und Baustaatssekretär Gerhard Eck am Freitag in Haßfurt.
Und wie Justizminister Winfried Bausback (CSU) bei der Vorstellung der Entwurfsplanung in Haßfurt betonte, gibt es hier mehrere Gewinner, und zwar "die Haßfurter Justiz, die am Rand der Innenstadt ein nagelneues Amtsgericht erhält." Außerdem profitiere der Landkreis Haßberge, weil das derzeitige Gebäude Amtsgericht bald vom Landratsamt genutzt werden könne, das seit Jahren mit akuter Raumnot zu kämpfen hat.
Und nicht zuletzt sei das Projekt gut für die Stadt Haßfurt, "die einen neuen städtebaulichen Akzent am östlichen Eingang zur Altstadt erhält", sagte der Minister.
Hoheitliche Gewalt Wie Bausback weiter erklärte, muss ein Gerichtsgebäude die Dritte Gewalt angemessen repräsentieren. "Früher wurden dazu Justizpaläste erbaut - imposante Gebäude, die den Eindruck von Größe und Macht vermitteln." Das heutige Selbstverständnis der Justiz sei aber ein anderes. "Die Justiz übt hoheitliche Gewalt aus, im Dienste der Bürgerinnen und Bürger, offen und transparent", legte Bausback dar. Ein Gebäude muss Würde ausstrahlen, ohne einzuschüchtern." Es müsse beim Bürger schon vom Baulichen her Vertrauen erwecken.
Und zusätzlich solle es höchsten Sicherheitsstandards genügen.
Für den spanischen Architekten Enrique Sobejano habe diese Herausforderung den Reiz ausgemacht, wie er erklärte: Ein Justizgebäude auf 4500 Quadratmetern Fläche so zu entwerfen, dass es städtebaulich tolle Akzente setze. Deswegen habe er sich am europaweiten Vergabeverfahren beteiligt. "Wir bauen nicht Shopping-Center."
Acht weitere Architekten hatten sich beworben. Im Jahr 2016 soll mit dem Bau begonnen werden, 2017 wird der Neubau bezugsfertig sein, sagt Gerhard Eck - wenn alles nach Plan läuft.
Der Neubau des Amtsgerichts in Ostunterfranken tut der Stadt Hassfurt gut, aber nicht dem gesamten Landkreis, wie der Landrat wieder schwadroniert. Einziger Nutznießer dieser infrastrukturellen Maßnahme ist die Stadt Hassfurt, die das Amtsgericht als Standortfaktor und wichtigen Arbeitgeber an sich binden kann. Insofern wäre es nur recht und billig, die Stadt Hassfurt an den Kosten für den Neubau zu beteiligen, eine Million Euro wären wohl angemessen. Der ansonsten so findige Staat, sollte eine Möglichkeit ausloten können, seinen Staatssäckel zu entlasten.
Aus infrastruktureller Sicht hätte es mehr Sinn gemacht, das Amtsgericht komplett nach Ebern zu verlagern. Asysl hätte es gut und günstig in der alten Kaserne gegeben. Ein arbeitsmarktpolitischer Ausgleich für den Abzug der Bundeswehr ist erwartungsgemäß ausgeblieben, und in anderen zusammengestückelten Landkreisen ist es gute Sitte, dass sich die Kreisstädte Behörden und Einrichtungen mit den alten Kreisstädten teilen.
Handwerker ist und war ein Zentralist und kein Regionalist. Doch nur mit Dezentralisierung kann man auf regionale Identitäten und Befindlichkeiten reagieren und der Entvölkerung des ländlichen Raumes adäquat entgegenwirken. Doch muss zuvorderst ein Gespür dafür entwickelt sein.
Als vollkommen ungeeignete Strategie scheint es hingegen, die unbestritten notwendige Asylbewerberunterbringung dem flachen Land zuzuordnen, um vordergründig die Emigration der Landbevölkerung zu kompensieren.
Bei den Kommunalwahlen sollte der 60. Listenplatz dementsprechend als solcher vom Souverän quittiert werden. Insbesondere angesichts eines Medienberichtes (HT), in dem hiesige Bürgerinitiativen fälschlicherweise als "allzu oft kleine aggressive Gruppen“ benannt worden sind.
Die permanente Selbstbeweihräucherung des Landrats ist mittlerweile unerträglich. Jeden zweiten oder dritten Tag muss man in der Presse von den unglaublichen Vorhaben und Leistungen dieses Landrats lesen. Das gibt's in diesem Ausmaß wahrscheinlich in keinem anderen Landkreis. Eifrig wie immer - es ist Wahlkampf und da müssen die Glocken geläutet werden.
Sensation: deutsch-spanisches Architekturbüro baut in Hassfurt, dem Landrat sei Dank. Was wird denn am Ende dabei herauskommen: ein quadratischer Kasten aus Glas und Beton. Auch die unbekannten Stararchitekten kochen nur mit Wasser.
Hurra, auf in die Wahl! Bürger seid mutig und mündig! Ihr seid als Steuerzahler die Bauherren und Zahlmeister. Ein Lorbeerkranz wird heutzutage niemandem mehr verliehen.
Ein Glücksfall sei das Bauvorhaben für die kleine Stadt und den Landkreis. Noch ein größerer Glücksfall für die kleine Stadt, dass zuvor das Amtsgericht Ebern unbedingt geschlossen werden musste.
Jetzt lesen wir es mal offiziell: "Denn Handwerker und Eck haben, wie sie sagen, nicht locker gelassen und immer wieder beim Justizministerium nachgebohrt, damit das mit dem Neubau klappt."
Solche Glücksfallverursacher braucht die Stadt Haßfurt weiterhin im Kreisrat. Der Rest des Landkreises nicht.