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Maria Egglseder aus Stettfeld ist eine wahre Vereinsheldin - doch Corona schadet der Gemeinschaft enorm


Autor: Teresa Hirschberg

Stettfeld, Mittwoch, 18. November 2020

Sie ist das Paradebeispiel einer "Vereinsheldin": Maria Egglseder engagiert sich seit Jahren in und über Stettfeld hinaus. Doch Corona habe bereits deutliche Spuren im Vereinsleben hinterlassen.
Maria Egglseder ist seit Jahrzehnten in und um ihre Heimatgemeinde Stettfeld in etlichen Vereinen aktiv. Foto: Teresa Hirschberg


Das Telefon steht bei ihr nie still. Denn wenn die Stettfelder mal nicht weiterwissen, ist Maria Egglseders Rat gefragt. Die 62-Jährige ist der Inbegriff des passionierten Vereinsmenschen. In ihrer Hochphase kam sie auf stolze 16 Mitgliedschaften. Doch sie ist sich sicher: Die Corona-Pandemie wird das Vereinsleben dauerhaft verändern.

Da muss Maria Egglseder erst einmal tief Luft holen. Denn die Liste der Vereine, in denen sie Mitglied ist, ist lang. Dabei sei sie mittlerweile vermehrt nur noch passive Unterstützerin. Egal ob Obst- und Gartenbau, Förderverein, SC Stettfeld, Musikverein, Kirchenverwaltung, Pfarrgemeinderat, VdK oder Kindergarten: Die 62-Jährige engagiert sich viel und gerne. Ihr Fokus liegt aktuell auf dem Stettfelder Gesangsverein, dessen Vorsitzende sie ist. Innerhalb des Vereins führt sie zudem Regie beim Hauptstück der Stettfelder Freilichtbühne und betreut zwei Kindergruppen.

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"Und bei der Feuerwehr bin ich auch dabei - das habe ich ganz vergessen", fügt Egglseder an und muss selbst lachen. Zehn Jahre lang war sie zudem Mitglied der Theatergruppe in Unterhaid. Daneben engagierte sie sich in der landkreisweiten Sängergruppe sowie im Würzburger Dekanats- und Diözesanrat.

Doch die 62-Jährige kann auch loslassen: "Ich tue das, was ich mache, wirklich gerne. Aber wenn Jüngere da sind, die sich einbringen, kann ich es auch abgeben." Als Vorstandsmitglied habe sie immer darauf geachtet, Projekte nicht im Alleingang durchzuziehen, sondern sich Unterstützung zu holen.

Ihren Nachfolgern nun streng auf die Finger schauen, möchte sie zwar nicht. Aber sich weiterhin mit ihrer Erfahrung einbringen, beispielsweise wenn wichtige Fristen eingehalten werden müssen. "Ich möchte mich nicht einmischen, nur Impulse geben, dass dieses oder jenes zu erledigen wäre." Manchmal frage sie sich dennoch, ob es in Zukunft genügend Mitglieder gebe, die die Vereine weiterführen. "Aber dann denke ich immer an ein Zitat meines Vaters: ,Es geht weiter, nur anders.‘ Und das muss man eben akzeptieren."

Ein wahres Gesangsphänomen

Was das Vereinsleben angeht, scheint die Welt in Stettfeld noch in Ordnung zu sein. Denn im Gegensatz zu vielen anderen Gemeinden leiden die hiesigen Vereine nicht unter Nachwuchsmangel, sagt Egglseder. "Der Gesangsverein hat sich beispielsweise total positiv verändert", freut sich die Vorsitzende. Neben dem Erwachsenenchor bestehen ein Jugend-, Kinder- sowie der Spatzenchor.

"Und der ist ein richtiges Phänomen", verrät sie. Damit der junge Chor zum Erfolg werden konnte, war das richtige Timing entscheidend. "Manchmal muss einfach alles passen: Hätten wir das ein halbes Jahr eher angeboten, hätte es vielleicht niemanden interessiert", lautet Egglseders Fazit. "Wir haben den Chor ausgeschrieben und er hat prompt eingeschlagen. Das war wunderschön."

Aber die Stettfelderin weiß auch, wie wichtig die Jugendpflege ist, um junge Mitglieder zu halten. Kleine Weihnachtsgeschenke, eine Eiersuche zu Ostern, ein Theaterworkshop oder ein gemeinsamer Ausflug zwischendurch seien daher wichtige Elemente. "Bei den Jugendlichen ist es ein bisschen schwieriger, aber bei den Kindern steht im Vordergrund, dass sie einfach etwas zusammen machen." Die Teilnahme an Wettbewerben und Konzerten schaffe zudem ein gemeinsames Ziel, auf das sie hinarbeiten können.

Es gab Zeiten, da verbrachte Egglseder von September bis Januar keinen einzigen Abend zuhause, sondern war jeden Tag bei einem anderen Verein eingespannt. "Da war ich prinzipiell ab sieben, halb acht weg", erinnert sich die 62-Jährige. In exakten Stunden könne sie zwar nicht angeben, wie viel Zeit sie regelmäßig in das Vereinsleben investiere, aber: "Für die Ehrenamtskarte habe ich es mal zusammengezählt. Da bin ich gut über den Schnitt gekommen, der gefordert war." Texte für Theaterstücke recherchieren, Statistiken auswerten, Zuschussanträge für Dirigenten stellen oder zu Jubiläen und Geburtstagen gratulieren - das sind nur einige der Aufgaben, die zusätzlich zu den Vereinstreffen anfallen.

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"Aber im Moment gibt es durch Corona einen totalen Rückschritt", bedauert die Stettfelderin. Das größte Problem aller Vereine seien die ausfallenden Proben. "Das Gesellschaftliche fehlt gewaltig", gibt Egglseder zu bedenken. "Früher wusste man, wer Probleme hat und wo man helfen kann. Jetzt sieht man sich kaum noch." Und noch etwas bereite ihr Sorgen. Durch den Ausfall der Gottesdienste würden viele Menschen merken: Es geht auch ohne. "Ich denke, die Kirchen werden noch leerer als sie jetzt schon sind."

Auf den harten Kern ist Verlass

Und dennoch: Den Stettfelder Vereinen komme zumindest zugute, dass sie für das Gemeindehaus, in dem sonst die Proben stattfinden, keine Miete zahlen müssen. Finanzielle Probleme gebe es daher nicht. Auch um die Mitgliederzahlen des Gesangvereins mache sie sich keine Sorgen: "Der harte Kern kommt wieder", ist sich Egglseder sicher. Das läge auch daran, dass die Mitglieder nur einen vergleichsweise niedrigen Beitrag zahlen müssen. "Für mich war der Lockdown auch gut: Keine Sitzungen, keine Verpflichtungen", gibt sie zu. "Obwohl ich es gerne mache - es tat auch mal gut, runterzukommen."

Sich in keinem einzigen Verein zu engagieren, sei für sie keine Option. Sie könne diese Entscheidung bei anderen zwar akzeptieren, aber: "Ich glaube, dass solche Leute gar nicht wissen, was sie verpassen. So muss man auch damit rechnen, dass einen niemand kennt, wenn man mal Hilfe braucht."

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Doch woher kommt ihre ungeheure Energie für all das Engagement? "Ich organisiere unwahrscheinlich gerne, bin ein aufgeschlossener Mensch und habe keine Berührungsängste", zählt Egglseder auf. "Es ist diese Gemeinschaft im Dorf, ich brauche das einfach. Das ist für mich Leben."

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