Im Wald bei Gleisenau lieferten sich Pfarrer Volkmar Gregori und der Vizepräsident des Bayerischen Bauernverbandes Günther Felßner einen angeregten Disput.
Um Martin Luther und sein Verhältnis zu den Bauern, aber auch um die Situation der Landwirte heute, ging es beim 29. Waldgottesdienst der evangelischen Kirchengemeinde Gleisenau, der diesmal ganz im Zeichen des Jubiläums "500 Jahre Reformation" stand.
In der Dialogpredigt von Pfarrer Volkmar Gregori und dem Vizepräsidenten des Bayerischen Bauernverbandes Günther Felßner wurden durchaus Gegensätze sichtbar: Auf der einen Seite erschien den Bauern "Martin Luther wie der Prophet einer neuen gerechteren Zeit" und auf der anderen Seite "missbrauchten sie die christliche Freiheit für ihre Zwecke und schadeten dem Evangelium".
Kurioser Auftakt: Mit einem alten Bulldog und unter den Klängen von "Resi, i hol di mit meim Traktor ab" fuhr Manfred Will die Dorftratschen Marie und Babett in den "natürlichen Kirchenraum", den mächtige Laubbäume umgeben.
Etwa 400 Besucher
Gisela Hümmer, Vertrauensfrau des Kirchenvorstandes, sprach von einer "herrlichen "Location und freute sich über nahezu 400 Besucher. 2017 sei ja ein besonderes Jahr, weil man das Jubiläum "500 Jahre Reformation" feiere. Das tue man auch mit recht unterschiedlichen Gottesdiensten und Veranstaltungen.
Pfarrer Volkmar Gregori betonte, dass der Anschlag der 95 Thesen am 31. Oktober 1517 in Wittenberg die Welt verändert habe. Zu diesem Anlass gebe es in der Kirchengemeinde 43 Gottesdienste und Veranstaltungen. Das Predigtthema "Luther und die Bauern" sei aktuell - damals wie heute. Dazu sei es eine tolle Sache, dass sich mit dem Landwirt und Diplom-Agraringenieur Felßner ein Praktiker dem Dialog stelle, der selbst in Günthersbühl bei Lauf an der Pegnitz einen Betrieb mit mehr als 100 Kühen und 200 Hektar Land betreibe.
Pfarrer Gregori erinnerte daran, was in der Welt zu Luthers Zeiten geschah, als Johannes Gutenberg den Buchdruck erfand oder Amerika entdeckt wurde. Auch ein Vorbote der Aufklärung, der Humanismus, trat seinen Siegeszeug durch Europa an und die Kritik an der Kirche sowie der Ruf nach Reformen sei immer lauter geworden. Ablasskäufe seien an der Tagesordnung gewesen. "Wer zahlte, war in dem festen Glauben, damit für seine sündhafte Vergangenheit und Zukunft Buße tun zu können."
BBV-Vizepräsident Felßner schilderte die Armut der Bauern damals, die unter einfachsten Verhältnissen lebten und als Leibeigene Frondienste leisteten.
Auf Seiten der Bauern
Zunächst stand Luther auf Seiten der Bauern. "Kein Wunder, denn die Lehre von der Freiheit eines Christenmenschen hatte soziale Sprungkraft in sich", stellte Günther Felßner fest. Andererseits drohte das Land zu Beginn es Bauernkrieges, als tausende von Bauern den Aufstand übten, in Chaos zu versinken. In dieser Situation waren nach Luthers Meinung die Fürsten zur Anwendung von Gewalt berechtigt, ja sogar verpflichtet. Am Ende hätten mehr als 5000 Bauern, nach verschiedenen Quellen sogar bis zu 30 000 Bauern tot auf dem Schlachtfeld gelegen.
Die Situation heute
Die beiden Dialogprediger sprachen aber auch die heutige Situation der Bauern zu. Hierzu führte der BBV-Vizepräsident aus, dass es auch heute vielen Betrieben, Höfen und Menschen an die Substanz gehe, obwohl Deutschland der zweitgrößte Agrarproduzent der EU sei. Wären zu Luthers Zeiten noch drei Viertel der Deutschen in der Landwirtschaft gewesen, seien es heute noch zwei Prozent. Damals habe ein Landwirt zehn Menschen ernährt, heute produziere er für 145 Menschen. Dabei sei der Preisverfall das große Problem.
Pfarrer Gregori warf dabei einen Blick in die umliegenden Dörfer der Kirchengemeinde, wo Solidarität selbstverständlich gelebt werde. "Die Menschen machen in aller Regel nicht viel Worte über ihren Glauben. Aber sie sind mit der Kirche verbunden und wissen, dass der Besuch des Gottesdienstes dazu gehört. Sie vertrauen auf Gott und verlassen sich darauf, dass Gott das tägliche Brot gibt und alles, was es zum Leben braucht."
Vizepräsident Felßner sprach die Menschen als Verbraucher landwirtschaftlicher Produkte an. Sie müssten sich heute mehr denn je informieren, welche Folgen ihr Einkauf habe, wo sie einkaufen und was sie einkaufen. "Auch unser Einkauf kann ein Beitrag zur Bewahrung der Schöpfung sein. Genauso machen sich die Landwirte viele Gedanken darüber, wie sie Gottes Schöpfung erhalten können und wie sie ihre Landwirtschaft ausrichten sollen."
Ein Beitrag zur Wertschätzung solle sein, "dass wir offen und ehrlich miteinander umgehen im Wissen, dass wir uns gegenseitig brauchen und eine Erde zur Verfügung steht, die es nur einmal gibt."
Der Posaunenchor unter Leitung von Herbert Hofmann umrahmte den Festgottesdienst, bei dem auch eine Taufe stattfand.