Ein Fernsehfritze, der glaubt, er sei Musiker? Von wegen: Den Besuchern zeigte Reinhold Beckmann mit Band und dem Programm "Bei allem sowieso vielleicht" ganz neue Facetten von sich. Charmant, musikalisch talentiert und selbstironisch war sein Auftritt in der Haßfurter Stadthalle.
Zarte Gitarrenklänge aus den Boxen und gedämpftes Licht tauchten die Haßfurter Stadthalle in eine wohlige Atmosphäre, noch bevor Beckmann & Band überhaupt die Bühne betraten. "Hallo Haßfurt - Das wollte ich schon immer einmal sagen", begrüßte Beckmann seine Zuhörer, die gut zwei Stunden einem Mix aus Jazz, Rumba und Country lauschen durften.
Die Identitätssuche spielte im Repertoire der fünfköpfigen Band, bestehend aus Reinhold Beckmann, Andreas Dopp, Thomas Biller, Jan-Peter Klöpfel und Helge Zumdieck, eine herausragende Rolle. Aber auch alltägliche Erlebnisse wie zum Beispiel das Vorfinden einer Treppenlift-Werbung im Briefkasten, zu dessen Zielgruppe man sich selbst noch nicht rechnet, oder die Suche nach dem Geheimnis einer guten Beziehung, die er in einem Lied über die Hundefriseursalonbesitzerin "Penelopé" mit Witz verarbeitet, werden thematisiert.
Gekonnt werden teils philosophisch-anspruchsvolle Texte mit verschiedenen Genres gemixt.
Immer wieder brachte er das Publikum durch seine lockere und authentische Art zum Lachen. Beispielsweise mit einer Anekdote aus seinem Hotelzimmer. Welche Folgen es nämlich hat, wenn man auf einem Schokotäfelchen auf dem Hotelzimmerbett, dem sogenannten Betthupferl, einschläft, führte er in jazziger Manier aus.
Eine Situation, die jedem bekannt ist, sprach er mit dem Lied "Plauderton" an. Nämlich "angeplaudert" und "vom hemmungslosen, dahinplätschernden Plauderton ganz stumpfge-quatscht" zu werden.
Raum für Interpretationen Sentimental wurde es mit einem Song über einen Freund, der verstummte, weil er einfach nicht mehr reden wollte.
"Da sein", ein melancholisches Lied mit anspruchsvollem Text und viel Gefühl, gab den Zuhörern viel Raum für Interpretation.
Aber auch durchaus skurrile Texte wie in "Der Business-Plan", in dem "Kekse backen in Absurdistan" zum Teil der Selbstfindung werden, und Samba-Rhythmen wie im "Hypochonder-Song" gehören zum abwechslungsreichen Programm. Ein zünftiges Gitarrenduell von Beckmann und Gitarrist Andreas Dopp gab es bei dem Lied "Gangster", das mit viel Applaus bedacht wurde und nach dem spätestens auch die letzten Skeptiker nicht mehr am musikalischen Talent Reinhold Beckmanns zweifelten.
Immer wieder fanden sich in den Liedern Bezüge zu seiner norddeutschen Heimat.
Mit dem Lied "Charlotte" bekundete er beispielsweise seine ersten Liebesregungen gegenüber der Fleischereifachverkäuferin, die, als er noch ein Bub war, immer eine Scheibe Schinkenwurst für ihn hatte.
Besonders im Ohr blieb vielen Besuchern die eingängige Ballade "Bremen", die Erinnerun-gen an eine Jugendliebe in Bremen behandeln und die in einer Zugabe spontan von Beckmann zu "Noch einmal mit dir nachts durch Haßfurt" umgetextet wurde.
Die Reaktionen Wie reagierte das Publikum auf den Fernsehmann? "Eindeutig besser als erwartet", lautete Thomas Wagners Fazit des Abends. Der Eberner ist bei vielen kulturellen Veranstaltungen in Haßfurt anzutreffen. Beckmann kenne er eher aus anderen Zusammenhängen, so Wagner. Daher war er überrascht, dass die Texte durchaus Tiefgang haben.
Dennoch merkt man laut Wagner, "dass Beckmann aus dem Talkbereich stammt", da er auch im Konzert mit seiner wortgewandten Art glänzte.
Durch Plakate in der Stadt wurden Aleksandra Kukla und ihr Ehemann auf die Veranstaltung aufmerksam. Auch sie kannten Beckmann lediglich aus dem Fernsehen und waren dementsprechend neugierig auf die melodische Seite des Showmasters. Und sie wurden nicht enttäuscht: "Ich würde ihn gerne noch einmal hören", meinte Aleksandra Kukla. Bei einem Glas Rotwein ließen sie den musikalischen Abend in der Konzerthalle ausklingen.
Eher die rockigen Stücke gefielen Bernd Werner aus Königsberg. Die Konzertkarten waren ein Geburtstagsgeschenk seiner Frau. Beckmann habe gleich zu Beginn versucht zu zeigen, dass er es drauf habe, war sich Werner sicher.
"Man muss schon gut zuhören", sagte er weiter und bezog dies auf die teilweise anspruchsvollen Texte.
Auch Petra Lettang vom Kulturamt der Stadt zeigte sich mit der Veranstaltung äußerst zufrieden. "Charmant und nett. Das zeichnet Beckmann aus", so Lettang. Bewusst wähle der gebürtige Twistringer kleine Orte aus, denn er wolle Deutschland kennenlernen und nah an den Menschen sein, konnte man von ihr erfahren.
Seit ein paar Tagen ist auch die CD von Reinhold Beckmann & Band im Handel erhältlich. "Wem es nicht gefallen hat, kann auch eine für den Nachbarn kaufen", scherzte Beckmann und signierte nach dem Konzert fleißig.